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Panorama: Darf man in diesen Zeiten feiern?

Die deutsche Debatte zwischen Optimisten und Pessimisten

Berlin (os/dpa). Darf man heute Optimist sein? Darf man lachen, tanzen, feiern und gute Laune haben? Gar Karneval feiern? Darf man die Zukunft positiv sehen angesichts von Kriegsgefahr, Konjunkturkrise, Arbeitslosigkeit, Börsencrash und Staatsschulden?

Optimisten stellen die Frage anders: Darf man jammern?

Die Debatte zwischen Optimisten und Pessimisten in Deutschland begann zum Jahreswechsel mit einem Manifest „gegen den Ungeist der Panikmache“. Initiator war der sich seit vielen Jahren als Trendforscher bezeichnende Matthias Horx. 1500 teils prominente Unterzeichner haben sich inzwischen gefunden. „Eine Mischung aus Hysterie, Pessimismus, KrisenDemagogie und Katastrophismus ist über uns hereingebrochen“, heißt es in dem Manifest, und: „Wir plädieren wider die negative Blindheit, die alle Phänomene nur als Bedrohung, Verlust und Niedergang wahrnehmen kann.“ Ins gleiche Horn stößt Henryk M. Broder, Autor des Buches „ www.Deutsche-Leidkultur.de . Aufsehen erregten auch die beiden Autoren Dirk Maxeiner und Michael Miersch mit ihrem Buch „Die Zukunft und ihre Feinde“. „Nichts ist subversiver als der Optimismus“, schreiben sie. Unter Prominenten bekannte sich zuletzt FC-Bayern-Manager Uli Hoeneß zu guter Laune. „Wo ist in Deutschland eine Wirtschaftskrise?“, fragte er in einem Interview. Er sei „überhaupt nicht negativ gestimmt“. Angebliche Stimmungstiefs von Anlegern, Touristen oder Konsumenten, von Arbeitgebern, Arbeitnehmern oder Deutschen insgesamt sind zum Gesprächsstoff geworden.

Unlautere Absichten?

Der Berliner Autor Wiglaf Droste vermutet hinter „Optimismus-ist-Pflicht-Gerede“ unlautere Absichten. Die Menschen sollten lediglich gesellschaftliche Missstände hinnehmen und nicht gegen entfremdete Arbeit, Gängelung, Unfreiheit angehen: „Wer nicht zufrieden ist, soll die Klappe halten“, meint Droste dahinter zu erkennen.

Welche Art von Optimismus soll einkehren? Gewollte gute Laune hilft nach Meinung von Psychologen nicht weiter. „Persönliche Reife entwickelt man, wenn man gelernt hat, zwischen negativen und positiven Stimmungen zu wechseln“, sagt der Osnabrücker Psychologie-Professor Julius Kuhl. Die Deutschen hätten mit differenzierten Urteilen Schwierigkeiten – „nicht weil wir so schwer Optimismus lernen können, sondern weil wir nüchterne und optimistische Betrachtungsweisen schlecht integrieren können.“ Niedergeschlagenheit sei nicht unbedingt schlecht – so lange man auch wieder aus ihr herausfindet. Trotz aller düsteren Szenarien: Jedes Tal hat der Mensch irgendwann hinter sich, sagen Optimisten. Das gilt auch für das Jammertal.

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