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Panorama: Das Gesicht Chinas

Zhang Ziyi ist die berühmteste Schauspielerin ihres Landes – jetzt will sie Hollywood erobern

In China nennt man sie „ZZ“. Kaum ein Magazin, das dort nicht regelmäßig über Zhang Ziyi berichtet – die 25-jährige Pekingerin ist in ihrer Heimat ein Superstar. Neben der reifen, aber auch immer verschlossen wirkenden Gong Li („Rote Laternen“) und der glamourösen, selbstbewussten Maggie Cheung („In the Mood for Love“) ist Zhang Ziyi die bekannteste Schauspielerin des chinesischen Kinos: jung, sexy, lebendig, das passende Gesicht zur neuen Weltoffenheit Chinas, dem Aufbruch, den das Land zurzeit erlebt. Regisseure loben ihr „Kino-Charisma“ (Ang Lee), feiern sie als „Audrey Hepburn Asiens“ (Brett Ratner). Jetzt befindet sie sich auf dem Sprung nach Hollywood, wo sie in einem von Spielberg produzierten Film mitwirkt. Gleich zwei Filme mit der Chinesin kommen jetzt ins deutsche Kino, einer davon hat gute Chancen auf mehrere Oscars.

„Haben Sie bloß keinen falschen Eindruck. Ich bin kein Action-Star.“ Wenn man Zhang Ziyi trifft, sollte man sich gut vorbereiten. Sie antwortet schnell und kurz und korrigiert den Fragesteller gerne. „In China finden wir jemanden erst dann wirklich schön, wenn wir ihn lange kennen und wissen, wie es unter der Haut aussieht.“ So lässt sie im persönlichen Gespräch alle Komplimente an sich abperlen. Doch nach einer kurzen, fast etwas kühlen Antwort kommt wieder dieses Lächeln, das zu den charmantesten im zeitgenössischen Kino gehört, und man verzeiht ihr alles. „Ich will ja nur nicht, dass ihr mich festlegt“, erklärt sie versöhnlich: „Gerade Chinesen steckt man im Westen gleich in Schubladen.“ Sie ist früh erwachsen geworden, und ebenso früh hat sie gelernt, sich zu wehren, wo es nötig ist. Und wenn sie fürchtet, auf ein Klischee reduziert zu werden, weiß sie, wovon sie spricht – schließlich hat sie das selbst am Beginn ihrer bemerkenswerten Karriere erfahren.

Mit 19 hatte sie ihren ersten Auftritt: Es war gleich eine Hauptrolle und gleich unter dem berühmten Zhang Yimou, der mit „Rotes Kornfeld“ zum Regiestar geworden war. Dessen „The Road Home“, für den er Zhang Ziyi aus 40000 Bewerberinnen ausgesucht hatte, war sein erster Film ohne Gong Li, seine Muse, mit der er über lange Jahre auch liiert war. Prompt war Zhang Ziyi als „kleine Gong Li“ abgestempelt, und nicht wenige wollten wissen, dass der Regisseur und seine blutjunge Darstellerin auch privat verbandelt seien – was beide hartnäckig bestreiten, zumal das Gerücht ja immer auch den hässlichen Beigeschmack enthält, Zhang Ziyi verdanke ihre Karriere nicht ihrem schauspielerischen Können.

Ganz verstummt ist das Gerede bis heute nicht – schließlich haben beide jetzt den dritten Film zusammen gedreht: „House of Flying Daggers“, der am Donnerstag in Deutschland anläuft und dem beste Chancen auf den diesjährigen Auslands-Oscar eingeräumt werden, ist nicht nur ein furioses, leidenschaftliches Fest der Sinne, es ist auch eine romantische Hommage an die Hauptdarstellerin: Einmal tanzt Zhang Ziyi, gekleidet in ein goldenes Seidenkleid, durchwirkt mit türkisen Farbtönen, und bedient nur mit ihrem Schal viele Dutzend Trommeln, Martial-Arts-Choreografie verschmilzt mit dem stilisierten Spiel der Peking-Oper.

Wirklich bekannt wurde Zhang Ziyi mit Ang Lees vierfach oscarprämiertem „Tiger & Dragon“, dem bahnbrechenden Auslöser des neuen Asien-Booms im Kino. Zhang zeigte ausgefeilteste Kampfkunst, verprügelte dort mit Karateschlägen 30 Männer auf einmal. Am berühmtesten ist aber jenes hochpoetische Duell auf den Wipfeln eines Bambuswaldes. Sie war der „geduckte Tiger“, aber heute meint sie, „Ich habe mich eher wie eine Maus gefühlt.“ Schließlich hatte sie keinerlei Martial-Arts-Erfahrung und spielte an der Seite einiger Megastars des Genres. „Jeden Abend war mein Körper voller blauer Flecken, und ich saß heulend im Zimmer.“

Seit „Tiger & Dragon“ hat Zhang einen Film nach dem anderen gedreht, zuletzt mit Hongkongs Regiestar Wong Kar-wai, dem Regisseur des legendären Liebesfilms „In the Mood for Love“. In dessen neuem hypnotischen Liebesfilm „2046“, der nächste Woche in die deutschen Kinos kommt, spielt sie ein junges Mädchen, das erst spielerische Verführerin ist, dann unglücklich Liebende. Dort spielt sie alle Trümpfe ihrer Jugend aus, zeigt rebellischen Trotz wie kindliche Unschuld.

Rüdiger Suchsland

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