zum Hauptinhalt

Panorama: Das nimmt den Atem

Die Helfer gegen die Ölpest haben Gesundheitsprobleme

Die immer noch wachsende Verseuchung der spanischen und französischen Atlantikküste durch die Ölpest bedroht auch die Gesundheit der Helfer in den Katastrophenregionen. Allein in Galicien mussten bisher mehr als 730 Menschen medizinisch behandelt werden. Sie klagten nach Kontakt mit dem giftigen Schweröl über Atembeschwerden, Hautreizungen, Kopfschmerzen und Übelkeit. Die Mediziner tauften diese Massen-Erkrankungen auf den Namen „Öl-Syndrom“.

Spaniens Gesundheitsministerium gab inzwischen eine Langzeituntersuchung in Auftrag, die den Gesundheitszustand der tausenden Helfer, die seit zwei Monaten gegen die Ölflut kämpfen, dokumentieren soll. Die Zahl der tatsächlich durch das „Öl-Syndrom“ Betroffenen geht nach Expertenschätzungen in die Tausende. Die nun bekannt gegebene Zahl von 734 Patienten bezieht sich nur auf die Angaben der staatlichen Gesundheitsdienste in Galicien. Behandlungen bei in Spanien sehr weit verbreiteten privaten Gesundheitszentren, in Militärlazaretts und mobilen Rot-Kreuz-Stützpunkten wurden gar nicht mitgezählt.

Inoffiziellen Angaben zufolge müssen jede Woche mehrere hundert Helfer medizinisch behandelt werden. Der giftige Ölschlamm breitet sich inzwischen allein an der spanischen Atlantikküste auf mehr als 2000 Kilometern in den Regionen Galicien, Asturien, Kantabrien und Baskenland aus.

Experten warnen vor Krebsgefahr

Toxikologen wie der galicische Wissenschaftler Manuel Lopez Ribadulla warnen seit Beginn der Ölkatastrophe Mitte November davor, dass ein längerer Kontakt mit der stinkenden Giftbrühe Krebs verursachen könne. Gehör fanden Lopez und seine Kollegen bei Spaniens Behörden zunächst nicht. Die freiwilligen Helfer wurden lange Zeit ohne ausreichende Atemmasken und Schutzkleidung an die Strände geschickt.

Teilweise wurde das Schweröl, das einen hohen Anteil toxischer Kohlenwasserstoffe enthält, mit bloßen Händen beseitigt. Einer jener vielen Freiwilligen, die an einem Strand der galicischen „Todesküste“ schufteten, erinnert sich: „Es gab praktisch keine Einweisung über mögliche Risiken.“ Nur als sich eine Politikerdelegation ankündigte, hieß es vom Einsatzleiter: „Zieht Euch die Handschuhe und die Masken an, damit ihr gut ausseht.“

Auch der Rat der Ärzte, dass die Helfer möglichst nicht länger als vier Stunden am Tag mit dem Giftöl in Kontakt kommen sollten, wird immer noch weitgehend ignoriert. Die meisten Erkrankten werden nach ambulanter Behandlung wieder entlassen und nach Hause geschickt – mit der Empfehlung, sich besser nicht mehr dem Giftschlamm auszusetzen.

Ralph Schulze[La Coruna]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false