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Panorama: Delta des Todes

Massensterben, Verwesung, Chaos – das Ausmaß der Katastrophe in Birma ist unüberschaubar. Die Militärregierung tut nichts

Das riesige Delta des Irrawaddy ist überschwemmt, überall im Wasser schwimmen Leichen, nahezu alle Behausungen sind zerstört. Die wenigen Läden, die noch Reis anbieten, werden von Hungrigen geplündert, über dem Katastrophengebiet liegt Verwesungsgeruch, Helfern wird die Einreise verweigert. Birma treibt in eine Katastrophe ungeheuren Ausmaßes. Die Zahl der Todesopfer kann nicht ermessen werden, „Wir gehen davon aus, dass mindestens 100 000 umgekommen sind“, sagte der Direktor des Büros der Exilregierung im thailändischen Mae Sot, Aung So, der dpa. Auch Shari Villarosa, Leiterin der US-Botschaft in Rangung, nennt diese Zahl. Eine Million Menschen ist obdachlos, Reisfelder sind verwüstet, Sturm und Wasser haben der Bevölkerung die Lebensgrundlage genommen.

Die Militärregierung scheint unfähig zu sein, Hilfe zu organisieren. Dafür ist sie umso sturer in ihrer Abwehr jeglicher Hilfe aus westlichen Ländern, die sie als feindlich betrachtet. Die Opfer werden sich selbst überlassen. Das Einzige, was zu funktionieren scheint, ist die staatliche Propaganda, die im Fernsehen Minister und Generäle zeigt, die Opfern zureden.

Am Mittwoch sind erstmals Informationen aus dem Deltagebiet an die Außenwelt gedrungen. In der Stadt Labutta am Delta des Irrawaddy, wo der Zyklon mit voller Wucht auf das Land getroffen war, trafen nach Berichten eines AFP-Reporters Zehntausende Flüchtlinge aus dem umliegenden Deltagebiet ein. Die Stadt stand völlig unter Wasser, aufgequollene Leichname trieben in den Fluten. „Die Menschen haben völlig ausdruckslose Gesichter, sie haben so etwas noch nie erlebt“, berichtete ein Zeuge. Die Überlebenden binden sich mit Zitronenmelisse parfümierte Kleidungsstücke vor Mund und Nase, um den Verwesungsgestank ertragen zu können. „Wir können nachts nicht schlafen, weil wir Schreie hören“, berichtet ein Bewohner der verwüsteten Stadt gegenüber AFP. „Vielleicht sind das die Geister der Toten.“

Die umliegenden Dörfer wurden von den Wassermassen völlig vernichtet. Labutta selbst, das der Hauptort einer Region mit 90 000 Einwohnern ist, ist ebenfalls weitgehend zerstört. Bis zu sechs Meter hohe Wellen hätten den Ort weggespült, berichten die Einwohner. Die Menschen kämpfen ums Überleben. Auch gegeneinander. Augenzeugen berichteten von Schlägereien um die letzten Reisvorräte. Weite Gebiete sind nur mit dem Boot zu erreichen. Laut Augenzeugen versuchten verzweifelte Überlebende, sich mit provisorischen Booten aus den überfluteten Gegenden in Sicherheit zu bringen. Decken müssten dabei als Segel herhalten. „Am dringendsten werden Wasser und Essen benötigt“, sagte Andrew Kirkwood von der Hilfsorganisation Save the Children in Rangun. „Viele Leute werden krank. Alles steht unter Salzwasser, und es gibt nichts zu trinken.“ Auf den Märkten in Rangun versechsfachte sich der Preis für Reis, Speiseöl und Trinkwasser.

Die US- und die französische Marine haben mehrere Schiffe mit Ausrüstung und Lebensmitteln vor die Küste geschickt. Doch die Regierung verweigert jegliche Zusammenarbeit.

Im Gegensatz zum Deltagebiet gelang es dem UN-Kinderhilfswerk Unicef in zugänglicheren Gebieten, erste Essensrationen zu verteilen. Unicef hat etwa 100 Mitarbeiter im Land, die Hilfe organisieren. Auch einige andere UN-Mitarbeiter in Rangun haben begonnen, Lebensmittelpakete zu verteilen. Allerdings ist die Lage in Ragun bei weitem nicht so prekär wie im Delta. Deutsche Hilfswerke sind auf dem Weg nach Birma. Bisher haben die Behörden aber keines von ihnen ins Land gelassen. Die USA, Deutschland und Frankreich appellierten eindringlich an die Regierung, ausländische Helfer und Hilfsgüter ins Land zu lassen. Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul sprach von der „schlimmsten Katastrophe seit dem Tsunami“. (mit AFP/AP/dpa)

Hilfsorganisationen in Deutschland rufen zu Spenden auf: Diakonie-Katastrophenhilfe: Kennwort „Zyklon Birma“, Konto 502-707, Postbank Stuttgart, BLZ 600 100 70 (www.diakonie-katastrophenhilfe.de).

Caritas international: Kennwort „Birma/Myanmar“, Konto 202, BLZ 660 205 00, Bank für Sozialwirtschaft Karlsruhe, (http://spende.caritas-international.de).

Deutsches Rotes Kreuz: Kennwort „Zyklon“, Bank für Sozialwirtschaft, Konto 41 41 41, BLZ 370 205 00 (www.drk.de).

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