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Panorama: Dem Unglück in einem Wilhelmsburger Wohnhaus fielen bislang vier Menschen zum Opfer

Auslöser der Katastrophe war ausgerechnet die Installation eines Blitzableiters. Die Schuldfrage ist noch nicht geklärt.

Auslöser der Katastrophe war ausgerechnet die Installation eines Blitzableiters. Die Schuldfrage ist noch nicht geklärt.Ulrich Glauber

Auf die Frage nach der Verantwortung konzentriert sich das Interesse nach dem offensichtlich fahrlässig verursachten Explosionsunglück in Niederösterreich. Beim Zusammensturz eines dreistöckigen Wohnhauses in der Kleinstadt Wilhelmsburg mit 6500 Einwohnern, 50 Kilometer westlich von Wien, waren am Donnerstagabend vermutlich neun Menschen getötet und zwei schwer verletzt worden. Vier Menschen wurden tot geborgen, fünf noch vermisst.

Makabererweise nahm die Katastrophe nach der Installation eines neuen Blitzableiters ihren Lauf. Arbeiter einer privaten Baufirma hatten dabei mit einem Erdsporn eine Gasleitung angebohrt. Das niederösterreichische Energieversorgungsunternehmen EVN ließ das Haus daraufhin räumen. Als das Leck repariert schien, maßen EVN-Mitarbeiter die Gaskonzentration im Haus. Da dabei kein gefährlicher Wert festgestellt wurde, durften die Hausbewohner wieder in ihre Wohnungen zurückkehren. Eine knappe Stunde später ereignete sich die folgenschwere Explosion.

Den rund 300 Helfern von Feuerwehr, österreichischem Bundesheer, Suchhundestaffeln und Rotem Kreuz bot sich am Unglücksort ein chaotisches Bild. Nachdem die Außenmauern durch den Explosionsdruck weggesprengt worden waren, sackten die drei Stockwerk in den Keller. Zunächst mußten die Trümmer mit den Händen weggeräumt werden. Schweres Räumgeräte konnte nicht eingesetzt werden, um Verschüttete nicht weiter zu gefährden. Im fünf Meter hohen Schuttkegel, der vom Ziegelbau zurückblieb, gab es jedoch kaum Hoffnung auf Überlebende in Hohlräumen. Dennoch gelang es den Rettungsmannschaften, am Freitagmorgen 14 Stunden nach dem Unglück eine 15-Jährige zu bergen. Das Mädchen wurde in der nahen Landeshauptstadt St. Pölten operiert und ist außer Lebensgefahr.

Am Freitagmittag orteten die Rettungsteams dann schwache Geräusche unter den Deckplatten des Kellergeschosses. An dieser Stelle des eingestürzten Gebäudes wurden drei Verschüttete vermutet. Allerdings konnte bis zum Nachmittag nur ein weiterer Toter geborgen werden. Zu den Opfern gehört auch eine 29-jährige Mutter zweier Kinder aus dem Nachbarhaus, die beim Passieren der Unglücksstelle von herabstürzenden Ziegeln begraben wurde. Am Donnerstag abend war eine 80-jährige Frau geborgen worden. Sie konnte allerdings nur aus dem Schutt gezogen werden, nachdem ihr beide Beine amputiert worden waren.

"Zum gegenwärtigen Zeitpunkt müssen wir davon ausgehen, dass unsere Mitarbeiter keine Fehler gemacht und nach unseren strengen Vorschriften gehandelt haben", nahm EVN-Vorstandsmitglied Peter Layr am Freitag im österreichischen Fernsehen ORF die Beschäftigten des Energieunternehmens in Schutz. Layr verwies darauf, dass eine abschließende Analyse der Unfallursache erst nach Abschluß der Aufräumungsarbeiten möglich sei. Bewohner des zerstörten Hauses erhoben dagegen Vorwürfe gegen die EVN. "Es hat auch nach Aufhebung der Evakuierung nach Gas förmlich gestunken", sagte einer der Wohnungsbesitzer, der aus diesem Grund nicht in das Haus zurückgekehrt war.

Sämtliche 200 Mieter in benachbarten Siedlungsbauten mußten vorübergehend andernorts untergebracht werden. Ein unmittelbar angrenzendes Wohnhaus wurde so schwer beschädigt, dass es ebenfalls abgerissen werden muß. Auch die Windschutzscheiben geparkter Autos waren geborsten oder völlig eingedrückt. Der niederösterreichische Regierungschef Erwin Pröll sagte sofortige Hilfe zu.

Ulrich Glauber

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