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Gustl Mollath vor dem bayerischen Landtag.

© dpa

Der Fall Gustl Mollath: Lieber im Gefängnis als in der Psychiatrie

Gustl Mollath sieht sich als Justizopfer. Nun bekam er im bayerischen Landtag ein Forum – und nutzte es zu einem dramatischen Appell.

Das gab es noch nie im bayerischen Landtag: Als Gustl Mollath den Konferenzsaal betritt, stehen seine Freunde und Unterstützer auf und klatschen Beifall. Eine euphorische Begrüßung für den 56-Jährigen aus Nürnberg, der aus zweifelhaften Gründen seit mehr als sieben Jahren in geschlossenen Anstalten eingesperrt ist und zum berühmtesten Psychiatrie-Fall Deutschlands wurde – weil er möglicherweise gar nicht verrückt, sondern Opfer eines großen Versagens von Justiz und Steuerfahndung ist.

Nun soll er selbst vor dem Untersuchgungsausschuss aussagen, der mögliche Fehler der Politik und der Justizministerin Beate Merk (CSU) aufarbeiten soll. Als Wohnort gibt er an: „Zur Zeit gegen meinen Willen untergebracht im Bezirkskrankenhaus Bayreuth.“ Dieser Tag ist ein Ausflug von der geschlossenen Anstalt zum Landtag und wieder zurück. Mollath ist bestens vorbereitet auf den Termin.

Kontrolliert und höchst konzentriert erzählt er dem Ausschuss nun über mehr als zweieinhalb Stunden hinweg, wie es aus seiner Sicht mit den Schwarzgeldverschiebungen seiner Ex-Frau als Kundenberaterin der Hypo-Vereinsbank , seinen Anzeigen, den psychiatrischen Gutachten mit dem attestierten „paranoiden Wahn“ und dem Prozess im Jahr 2006 wegen angeblicher Körperverletzung verhält. „Mir war von Anfang an mulmig“, sagt er, als seine Frau schon Ende der 90er-Jahre mehr und mehr Kundenvermögen in die Schweiz schaffte, damit es nicht versteuert werden muss. Er habe dies „zum Schutz meiner Frau“ unterbinden wollen. Er habe die Banken in Nürnberg und in Zürich angeschrieben und gebeten, „mit diesen Geschäften aufzuhören“. Ohne Erfolg.

Gustl Mollath: Abgestempelt zum Irren

Als sie sich von ihm getrennt hatte und mit einem früheren Bank-Manager zusammen war, habe er gemerkt, dass sie ihm wirklich etwas anhängen wolle. Zwölf Polizisten filzten auf ihren Tipp hin sein Haus, die Frau hatte gesagt, er habe gefährliche Schusswaffen – gefunden wurde nichts. Dann habe sie ihre „teuflischste Karte“ gezogen: Er sollte auf seinen Geisteszustand überprüft werden. Mit Schwarzgeld-Anzeigen, so seine Aussage, setzte er sich zur Wehr, wollte die Dinge richtigstellen. Immer wieder wollen die Ausschussmitglieder wissen, ob er Rückmeldungen erhalten habe, Nachfragen, etwa von der Staatsanwaltschaft. „Nein, gar nichts.“ Ein Mann, den keiner ernst nahm – abgestempelt zum Irren.

Mollath braucht keine Pause, er fragt den Vorsitzenden höflich, ob er wegen einer Erkältung ein Bonbon lutschen darf. Er wolle nicht, so meint er, „bis ans Lebensende als gemeingefährlicher Wahnsinniger gehalten werden“. Da sei ihm ein Lebenslang lieber „im normalen Gefängnis“.

Erstmals hat seine Ex-Frau sich jetzt öffentlich geäußert. Dem „Nordbayerischen Kurier“ sagte sie, ihr Mann habe sie immer wieder geschlagen. Von Schwarzgeld habe er erst gesprochen, als sie ihn schon verlassen hatte. Er sei mit seinem Betrieb zur Restaurierung von Oldtimern völlig überschuldet gewesen, obwohl sie ihm 300 000 Euro dafür gegeben habe.

Das alles kann wiederum Edward Braun, ein Zahnarzt und einstiger Freund des Paares Mollath, so nicht stehen lassen. „Das sind Schutzbehauptungen“, sagte er dem Tagesspiegel. „Gustl war nie ein aggressiver Mensch.“ Bei dem Paar hätte nichts auf Tätlichkeiten hingewiesen. Am Ende sagt Mollath dem Ausschuss: „Ich bin dankbar, dass Sie sich so bemühen, um Klarheit zu erreichen.“ Der Auftritt des angeblich Wahnkranken hat durchaus beeindruckt. Bemerkenswert, aufgeräumt, freundlich – so Reaktionen der Mitglieder des Gremiums.

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