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Panorama: Der Hochzeitsring in den Trümmern von Ground Zero

Hinterbliebene bekommen den Schmuck der Opfer zurück – Angst vor traumatischen Erinnerungen

Beth McErlean hat nur einen Wunsch: Jenen goldenen Ehering wiederzubekommen, den ihr Mann John am 11. September 2001 trug, als er im World Trade Center starb. „In den Ring waren seine und meine Initialien und unser Hochzeitsdatum eingraviert“, sagt die Frau aus Larchmont im Bundesstaat New York, die die gemeinsamen vier Kinder nun allein großzieht.

Weil es vielen Hinterbliebenen so geht wie Beth McErlean, die jüngst in der „New York Times“ zu Wort kam, und weil von den mehr als 1300 gefundenen Schmuckstücken von Ground Zero noch immer mehr als die Hälfte nicht zugeordnet werden kann, hat die New Yorker Polizei ein besonderes Projekt gestartet: Seit Mittwoch gibt es eine eigene Website (www.nyc.gov/nypd), auf der Angehörige bis zum 31. Mai nächsten Jahres ihre Gesuche nach persönlichen Schmuckstücken formulieren können. Sie müssen die Ketten, Anhänger, Ohrringe oder Uhren allerdings detailliert beschreiben – um Betrug vorzubeugen, sind die Objekte im Internet nicht abgebildet. Stattdessen gibt es Tabellen, auf denen Merkmale wie Metallart, Farbe oder Kristallsorte mit Codes versehen sind, die die Hinterbliebenen für ihre Beschreibung benutzen sollen. Die Polizei vergleicht die Daten dann mit den tatsächlichen Merkmalen der Schmuckstücke. Ist der Abgleich erfolgreich, wird der Absender benachrichtigt und muss sich ausweisen, bevor er ein Objekt ausgehändigt bekommt. Das Interesse ist groß, allein in der ersten Stunde nach Freischaltung der Seite gingen 17 Gesuche ein.

Man wolle die Stücke auf eine respektvolle Weise zurückgeben, heißt es bei der Polizei. Die Übergabe sei immer eine sehr emotionale Angelegenheit, sagt der zuständige Inspektor Jack Trabitz. Man könne nicht ausschließen, dass die Hinterbliebenen, die das Trauma noch immer verarbeiteten, einen Rückschlag erlitten. „Es berührt jede Familie ähnlich, schließlich bringt so ein Schmuckstück alle Erinnerungen an die geliebte Person wieder.“ Kurz nach dem Unglück hätten viele Angehörige gezögert, nach dem Schmuck der Toten zu fragen. Drei Jahre nach dem Anschlag sei das Interesse daran größer denn je.

Kathrin Schich

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