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Panorama: Der Kurier der Nasa

Nach „Beagle“ kommt jetzt ein amerikanischer Roboter am Mars an – und soll mit Bremsraketen weich landen

Immer noch Funkstille. „Beagle“ meldet sich nicht. Von Tag zu Tag erscheint es wahrscheinlicher, dass der Landeversuch der Europäer auf dem Mars gescheitert, die Sonde beim Anflug auf den Planeten zerschellt ist. Da nicht einmal während des Landemanövers eine Funkverbindung zu „Beagle“ vorgesehen war, lässt sich der Verlauf des vermeintlichen Sturzfluges allerdings nicht mehr rekonstruieren.

Zumindest das wird der Nasa nicht passieren, wenn am Sonntag in den frühen Morgenstunden mit „Spirit“ der erste von zwei amerikanischen Robotern den Mars erreicht. Die Nasa hat aus der letzten Bauchlandung gelernt. Als 1999 eins ihrer Raumfahrzeuge beim Anflug auf den Südpol des Mars verloren ging, herrschte wochenlang Informationsnotstand. Die Spekulationen der Forscher übertönten zunächst das Unglück – bis der Absturz nicht mehr zu leugnen war.

Diesmal möchte die Nasa das Landemanöver möglichst genau verfolgen. Sie wird die Kommunikation zu „Spirit“ so lange wie möglich aufrechterhalten. Wenn irgendetwas schief gehen sollte, will man wenigstens eine Fehleranalyse machen, um für die nächste Expedition gewappnet zu sein.

Denn während die europäische Weltraumorganisation Esa bislang keine weiteren Flüge zum Mars geplant hat, gehören die beiden Nasa-Roboter zu einem langfristigen geologischen Erkundungsprogramm. Es begann in den 70er Jahren mit der Landung der beiden „Viking“-Sonden auf dem Mars. Danach rollte erst wieder 1997 bei der „Pathfinder“-Mission ein kleines sechsrädriges Nasa-Fahrzeug über den roten Planeten, funkte Bilder zur Erde und schnüffelte mit seiner Spürnase an den Marsfelsen.

Eine 800-Millionen-Dollar-Mission

Die beiden jetzigen Roboter sind wesentlich größer, autonomer und besser ausgestattet als ihre Vorläufer. Sie können am Tag etwa 100 Meter zurücklegen und haben zahlreiche Kameras zu ihrer eigenen Orientierung, für Panorama-Aufnahmen und zur Unterscheidung verschiedener Gesteinstypen dabei. Sie sollen das Gestein mit Werkzeugen anschleifen und wasserhaltige Mineralien ans Licht bringen. Bei ihrer geologischen Entdeckungsreise wird es vor allem darum gehen, anhand des Gesteins herauszufinden, ob es auf dem Mars in der Vergangenheit einmal Flüsse und Meere gab oder nicht.

Wenigstens einen ihrer beiden Roboter hofft die Nasa heil ans Ziel zu bringen. Sie hat sich diese Mission rund 800 Millionen Dollar kosten lassen. „Aber auch wenn man alles bestens vorbereitet hat, weiß man nicht, welche Überraschungen der Mars am Tag der Ankunft bereithält“, sagt Nasa-Manager Firouz Naderi.

Der Mars hat auch für die Nasa keinen roten Teppich ausgebreitet, sondern nur Sand, Schutt und Fels. Wie schon 1997 bei der „Pathfinder“-Landung sollen auch diesmal vier Airbags den harten Aufprall abfedern. Trifft „Spirit“ allerdings auf einen richtig großen Felsbrocken, werden die Airbags zerplatzen wie Luftballons und der Roboter womöglich in tausend Teile gerissen. Denn trotz zahlreicher Sicherungssysteme und einem ausgetüftelten Bremsmanöver ist die Geschwindigkeit bei der Ankunft mit etwa 40 bis 60 Stundenkilometern noch immer hoch.

„Spirit“ fliegt nach seiner langen Reise von der Erde mit etwa 20000 Kilometern pro Stunde auf den Mars zu. Nachdem sich die Raumsonde von ihrem Hauptantriebssystem getrennt hat, dringt sie in 120 Kilometern Höhe in die Marsatmosphäre ein (siehe Grafik). Die Marsluft ist zwar dünn, setzt der Sonde aber einen starken Widerstand entgegen. „In den ersten vier Minuten nutzen wir genau diese Reibung der Atmosphäre, um die Sonde stark abzubremsen“, sagt Naderi. Ihr Hitzeschild heizt sich währenddessen bis auf 1500 Grad Celsius auf.Zwei Minuten vor der Landung, in 8600 Metern Höhe, öffnet sich ein Fallschirm. Der Hitzeschild wird nun abgeworfen, die Landekapsel segelt zu Boden. 35 Sekunden vor der Landung beginnt ein Radargerät die Höhe zu messen, eine Kamera macht in kurzer Folge drei Bilder der Landeregion.

Wie ein Sturz aus dem vierten Stock

Acht Sekunden vor dem Aufprall blasen sich die Airbags auf, nur zwei Sekunden später zünden die Rückstoßraketen, auf die die Nasa im Gegensatz zu den Europäern vertraut. Die Raketen bremsen die Landekapsel binnen drei Sekunden völlig ab. Sie schwebt kurzzeitig zehn Meter über dem Planeten. Dann werden die explosiven Bremsraketen abgeworfen werden, damit beim Aufprall nicht alles in die Luft fliegt, und der gut verpackte Roboter plumpst zu Boden.

Am Ende des sechsminütigen Landemanövers sei es so, als stürze „Spirit“ von „einem vierstöckigen Gebäude in freiem Fall zu Boden“, sagt Naderi. Aber nur, falls alle technischen Abläufe bis dahin so funktioniert haben wie geplant. Ein Kollege von Naderi spricht bereits von „sechs Horror-Minuten“.

Während des Landevorgangs soll „Spirit“ alle zehn Sekunden ein Funksignal aussenden. Eingreifen könnten die Nasa-Ingenieure dann zwar nicht mehr. Aber sie werden voraussichtlich schon am Sonntagmorgen wissen, ob das Geländefahrzeug gut auf dem Mars angekommen. In jedem Fall gibt es am 25. Januar einen zweiten Versuch.

Ob wir bis dahin auch etwas von „Beagle“ gehört haben werden? Vielleicht wacht er ja automatisch auf, wenn seine amerikanischen Roboterfreunde kommen.

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