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Panorama: Der schönste Mann – frisch gewaschen

Vor 500 Jahren enthüllte Michelangelo seinen David. Für die Florentiner ein Grund zum Feiern

Nass oder trocken? Was war das für ein Gezerre unter den Denkmalschützern und Kunstprofessoren der Welt, als Florenz vor ein paar Jahren die Generalreinigung seines Helden ankündigte. Zu seinem 500. Geburtstag sollte David wieder leuchten wie einst im Mai (1504, als er fertig war), und die Welt sollte ihn so sehen dürfen, wie Michelangelo ihn geschaffen hatte.

Die Schleier sind gefallen, die Gerüste abgebaut. Und heute steigt in Florenz die Party. Denn genau vor einem halben Jahrtausend, am 8. September 1504, wurde Michelangelos David auf der Piazza della Signoria enthüllt – unter dem Jubel der Zeitgenossen, auf vergoldetem Podest und „geehrt“, wie es damals hieß, mit einem „Lorbeerkranz“ aus Kupferblättern.

Angesichts des Ergebnisses der Restaurierung ist die Polemik so gut wie verstummt. Kunstprofessor James Beck aus New York, der sich zuerst zum Lautsprecher einer globalen „Anti-Verschandelungs-Kampagne“ gemacht hatte, grummelt jetzt – enttäuscht? zufrieden? – bloß noch, die Renovierung sei „ohnehin nur eine Show“ gewesen.

Denn David sieht aus wie immer; für die Hüter der Kunst ist das der größte Gewinn. Nur wer ihm nahe kommt, bemerkt, was destilliertes Wasser, Chinapapier, Wattebäusche, Meerschaum, feuchte Wickel und acht Monate liebevollstes Abtupfen ausrichten konnten: Die staubbedingten Altersflecken sind weg, verschwunden die Schmutzstreifen auf dem Rücken, sanft entfernt die Wachsreste vom ersten Konservierungsversuch 1816, der Carrara-Marmor zeigt wieder Äderchen und Leben, ohne in irgendeiner Weise steril zu wirken. Als Cinzia Parnigoni, die Restauratorin, ihr Werk der Öffentlichkeit vorstellte, brach sie in Tränen aus: Der schönste Mann ihres Lebens, er war „genau so geworden, wie ich ihn mir immer vorgestellt hatte“.

1873, als den Florentinern die erste Ahnung von der Wirkung sauren Regens aufstieg, hatten sie den David unter Dach und Fach gebracht. Bei der Restaurierung nun hat sich gezeigt, dass in der Tat der Lockenkopf schon angefressen war: Zwei, drei Millimeter fehlen. Unten herum geht’s ihm auch nicht so gut. Der Mann, 4,34 Meter groß und 5,6 Tonnen schwer, hat Probleme mit seinen zarten Knöcheln. Auf der Piazza hatte er dreihundertsiebzig Jahre lang leicht nach vorne geneigt gestanden, ab und zu hatten ihn leichte Erdstöße erschüttert. Nun haben Experten die Gelegenheit genutzt, mit Computertomografie ins Innere des Statue zu schauen. Aber auch wenn sie vorerst Entwarnung geben: David wird von jetzt an achtmal pro Jahr untersucht.

Und abgestaubt wird er auch. Denn auch wenn es in die Galleria dell’Accademia nicht hineinregnet, so bleibt der Held doch von Umwelteinflüssen nicht verschont. Der Staub von jährlich 1,2 Millionen Besuchern, umgerechnet 2,4 Millionen Schuhen, kann, aufgewirbelt, Spuren auf dem edlen Marmor hinterlassen.

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