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Out – in. Ben Affleck bei der Oscar-Gala ...

© REUTERS

Der Trend ist längst vorbei: Der Bart muss ab

Gesichtsbehaarung ist out. Aber warum laufen in Hollywood und Kreuzberg noch immer alle damit herum? Das ist ein bisschen kompliziert. Alles hängt mit allem irgendwie zusammen.

Von Andreas Oswald

Vollbärte, wohin man blickt. Auf der Oscar-Gala schien kein Mann, der etwas auf sich hält, ohne dichte Gesichtsbehaarung erscheinen zu wollen. Und das, obwohl der Trend doch schon längst zu Ende ist. Kann es sein, dass ausgerechnet in Hollywood alle plötzlich out sein wollen? Dasselbe könnte man die Männer in Kreuzberg fragen, von denen noch immer eine große Zahl stolz den Bart trägt.

Es gibt dafür eine Erklärung, aber die Sache ist womöglich etwas kompliziert.

Zunächst stellt sich die Frage, seit wann genau sich der Trend wieder gewendet hat. Bernhard Roetzel hat sich seinen Vollbart schon 2011 abgenommen. Aber das ist noch kein Kriterium. Der Autor mehrerer Stilbücher, die vorschreiben, wie sich der Mann zu kleiden hat, ist von Berufs wegen Trendsetter. Und ein Trendsetter muss möglichst früh aussteigen, wenn der Trend Fahrt aufnimmt. Roetzel hat eine Theorie, wann etwas out ist: „Spätestens, wenn alle einen Bart haben.“ Ein Trend ist also out genau dann, wenn er seinen Höhepunkt erreicht hat. Es gibt für ihn allerdings noch ein zweites Kriterium. Wenn die Models in Werbeanzeigen für den Massengeschmack den Trend aufgenommen haben, ist für Trendsetter der allerletzte Ausstiegszeitpunkt gekommen. Viele haben dann jedoch ein Problem. Wer auf einen Trend aufsprang und nach kurzer Zeit wieder aussteigt, könnte selbst von einem peinlichen Gefühl beschlichen werden. Selbst wohlwollende Kollegenkommentare können stechend sein. Also will man recht behalten und steht zu dem Trend, obwohl er längst vorbei ist.

Dass der Vollbart out ist, zeigen die Männermodeschauen in Paris, Mailand und New York, wo die Models wieder zart und glattrasiert daherkommen.

Bleibt das Thema Kreuzberg. Warum behalten dort selbst diejenigen Männer ihren Bart, die offensichtlich Trendsetter sein wollen und den Eindruck machen, als wüssten sie genau, dass inzwischen Hinz und Kunz aufgesprungen sind? Vielleicht aus Trotz. Vor etwa einem Jahr begann das Hipster-Bashing. Die jungen Männer mit Bart und Nerd-Brille wurden zum Gegenstand des Spotts. Das scheint den Betroffenen aber nichts ausgemacht zu haben, pflegten sie ihren Stil ohnehin von Beginn an mit einem Augenzwinkern. Dass die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ erst jetzt auf die Idee gekommen ist, über Hipster zu lästern, und das auch noch besonders besserwisserisch, setzt dann wohl den Endpunkt unters Hipster-Bashing. Auch Kritik ist irgendwann so out wie ihre Opfer.

Aber warum tragen die Männer in Hollywood noch immer Bärte wie in Kreuzberg? Viele Hollywoodstars haben sich in Kreuzberg und anderen Szenebezirken eine Wohnung gekauft, gerade Kreuzberg ist bevölkert von Amerikanern, die es hier total schick finden. Nur einer kann dort demnächst auffallen. Ben Affleck hat sich ganz spät in der Oscar-Nacht den Bart abrasiert.

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