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Panorama: Die Erde glüht noch

Am Tag nach der Pipeline-Explosion in Belgien sind die Ursachen weiter unklar

Die belgische Regierung hat am Samstag die Flaggen im ganzen Land auf Halbmast setzen lassen. Premierminister Guy Verhofstadt kündigte an, der Tag der Beerdigung der Opfer der Gaskatastrophe vom Freitag südwestlich von Brüssel werde zum nationalen Trauertag ausgerufen. Bis dahin dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen, denn es sind noch lange nicht alle Todesopfer identifiziert. Ihre Zahl hat sich inzwischen auf 18 erhöht, darunter sind mindestens 5 Feuerwehrleute, die versucht hatten, das Gasleck zu dichten. 40 der 124 Schwerverletzten schweben nach Angaben des Gesundheitsministeriums noch in Lebensgefahr. Drei Personen werden noch vermißt. Durch die hohe Zahl der Opfer musste Belgien die Kapazität seiner auf Verbrennungen spezialisierten Kliniken voll ausnutzen. Viele Belgier meldeten sich am Freitag und Samstag bei den Blutspendepunkten des Roten Kreuzes, um so ihre Solidarität mit den Opfern zu bekunden. Am Samstag besuchte König Albert Angehörige der Opfer und Verwundete in einer Klinik.

Rätselraten herrscht noch über die genaueren Umstände der Katastrophe. Inzwischen scheint sicher zu sein, dass das fatale Leck in der Erdgasleitung, die von der belgischen Küste nach Frankreich führt, durch Bauarbeiten bei einem Diamantenbetrieb im Gewerbegebiet von Ghislenghien entstand. Nachdem Arbeiter den Gasgeruch bemerkt hatten, wurde der entsprechende Abschnitt der Gasleitung abgeschaltet. Trotzdem sei das noch in der Leitung verbliebene Gas explodiert – warum, bleibt unklar. Denn keiner derjenigen, die bei der Explosion dabei waren, lebt noch. Die Betreiberfirma Fluxys betonte, beim Betrieb der Gasleitung seien alle Vorschriften eingehalten worden, Ursache der Katastrophe müsse Fremdeinwirkung sein. Anwohner hatten spekuliert, die Gasleitung sei nicht tief genug gelegt worden und deshalb für Unfälle bei Erdarbeiten sehr anfällig gewesen. Feuerwehrvertreter verlangten inzwischen eine Neubewertung des Brandrisikos bei Industrieanlagen.

Ein Ermittler, der am Samstag den Explosionsherd besichtigte, berichtete über einen Krater von 8 bis 10 Metern Breite und 3 bis 4 Metern Tiefe. Teile der Leitung wurden 250 Meter weit geschleudert. Noch am Samstag habe man das Gefühl gehabt, in der Umgebung des Lecks auf glühender Erde zu gehen.

Unweit des Brandherdes bekämpften die Feuerwehren der umliegenden Gemeinden noch am Samstagnachmittag den Brand einer Kartonfabrik, der durch die Gasexplosion ausgelöst worden war.

Jacques Cloquette, Staatsanwalt von Tournai, erklärte auf einer Pressekonferenz, offizielle Ergebnisse der Ermittlungen könne er noch nicht bekanntgeben, weil das Ausmaß der Katastrophe die Ermittlungen stark erschwere.

Klaus Bachmann[Ath]

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