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Panorama: Die Fans sind entäuscht - Knorkator darf nicht nach Schweden

"Wie häßlich waren die Weiber", brüllt der Moderator ins Mikrofon. "Pfui, buh, häßlich", brüllt es zurück.

"Wie häßlich waren die Weiber", brüllt der Moderator ins Mikrofon. "Pfui, buh, häßlich", brüllt es zurück. Er meint die Gogo-Girls der Bands, die nach Stockholm wollen. Knorkator ist die einzige Combo, die bei der Vorausscheidung zum Grand Prix ohne Begleit-Tänzerinnen auftritt. Die drei Köpenicker mit der Startnummer sieben genügen sich selbst in ihren bunten Teletubbie-Fellanzügen. Mit dem programmatischen Titel "Ick werd zun Schwein", einem klassischen Protestsong, wollen Knorkator an Siegel und Raab vorbei trashen.

Zurück zum Moderator. Der schafft es ohne große Mühe, hunderte heftig trinkende, hartgesottene Knorkator-Anhänger, die sich zu einer Art Soli-Party in der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg zusammengefunden hatten, zum Grunzen zu bringen. "Es ist ganz einfach", erklärt er und deutet auf die riesige Übertragungsleinwand, die über der Bühne im Kesselhaus hängt, "Knorkator sind gut und alle anderen schlecht."

ARD-Strahlemann Axel Bulthaupt flimmert unterdessen bedrohlich grinsend über die Leinwand. Bulthaupt wird ausgebuht, E-Rotic und Lottoking Karl sowieso. Dabei sind die vielversprechenden Interpreten gar nicht zu hören: Sie bewegen nur ihre Münder zu der Knorkator-Musik, die im Kesselhaus ohne Pause aufgelegt wird. Corinna May ("I believe in God") liegt "Ick werd zun Schwein" perfekt auf den Lippen. Wüste Beschimpfungen gehen an den sensiblen Schlagersänger Marcel. Kaum wird das Publikum etwas ruhiger, blendet der Moderator kurz den Originalton aus Bremen ein. Das hilft. Prompt setzt das tierische Gebrülle wieder ein. Vor der Leinwand wird getanzt und getorkelt. Und unter den orangenen Wärmelampen im Kesselhaus fühlt man sich sowieso wie ein zu früh geborenes Ferkel im Schweinestall.

Dann der große Moment, als die vielen leuchtenden Handy-Displays im Dunkeln aufflammen. Auch der härteste Headbanger hält kurz still, um für Knorkator zu stimmen. Guter, alter Ted. Du heißt neuerdings T-Vote, und es gab noch nie so viele Anrufe wie bei dieser Vorausscheidung. Knorkator kommen nicht unter die ersten drei. Irgendwie hatte man ja schon damit gerechnet, im Prenzlauer Berg. Axel Bulthaupt sagt: "Der Grand Prix ist eine ständige Geschichte des Sieges und der Niederlage." Dann kommt "Dancing Queen" von Abba und tatsächlich formieren sich die ersten Pärchen auf der Tanzfläche. The Winner Stefan takes it all. "Dann können wir ja jetzt gehen", sagt ein Mädchen zu ihrem Freund. "Ich halte dich nicht hier fest", antwortet der. Das Mädchen macht keine Anstalten, aufzubrechen. Es gibt schließlich noch ein Live-Telefonat mit Knorkator in Bremen. Die Leitung ist aber ziemlich schlecht, und Knorkator klingt ziemlich verstört. Die Fans fremdeln. Der Funke will nicht so recht übespringen. Die Köpenicker Band ist weit weg. Nach Hause telefonieren. "Hallo, hallo", verschafft sich der Moderator Gehör, "gerade eben wird bekannt, dass Knorkator den vierten Platz gemacht hat." Da stellt sich doch die Frage, woher er das weiß.

Esther Kogelboom

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