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Panorama: Die Vogelgrippe erreicht die türkische Hauptstadt

Drei neue Fälle gemeldet. Großer Ansturm auf die Krankenhäuser befürchtet. Dem Tourismus des Landes droht eine Katastrophe

Noch am Sonntagmorgen versuchte der türkische Gesundheitsminister die Bevölkerung mit dem Hinweis zu beruhigen, die Fälle einer Übertragung der tödlichen Krankheit von Tieren auf Menschen seien auf den äußersten Osten des Landes beschränkt. Kein Grund zur Panik also, so der Minister. Doch schon wenige Stunden später wurde er von der Realität widerlegt. In Krankenhäusern der Hauptstadt Ankara wurde bei zwei Kindern und einem Erwachsenen die Vogelgrippe diagnostiziert.

Die Patienten stammen aus der Kleinstadt Beypazari westlich von Ankara; dort waren in den vergangenen Tagen Wildenten gefunden worden, die an der Vogelgrippe gestorben waren. Am Sonntagnachmittag stellten Ärzte das Virus zusätzlich bei einem Kind aus der Gegend nördlich von Ankara fest. Damit stieg die Zahl der amtlich bestätigten menschlichen Vogelgrippe-Fälle in der Türkei auf acht.

Minister Akdag flog am Sonntag mit Experten der Weltgesundheitsorganisation WHO in die Osttürkei, um den Verdacht zu untersuchen, dass die Vogelgrippe nicht nur von Tier auf Mensch, sondern auch von Mensch zu Mensch übertragen wird. In Ostanatolien waren in der vergangenen Woche drei Geschwister an der Vogelgrippe gestorben, ein Bruder der Opfer erholte sich wieder. Ob auch dieser Junge an der Vogelgrippe erkrankt war, wird noch geprüft, gut drei Dutzend Patienten werden noch wegen Vogelgrippe-Verdachts behandelt. Im ganzen Osten der Türkei werden seit Tagen zehntausende Hühner, Enten und Truthähne gekeult, um eine Ausbreitung zu verhindern.

Vielleicht ist es schon zu spät. Der rasend schnelle Vormarsch der Krankheit von Osten nach Westen zeigt, dass die Türkei nicht mehr vor einem regional begrenzten Problem steht. Überall im Land werden plötzlich tote Vögel gefunden – und oft genug werden beim Umgang mit kranken oder toten Tieren alle Vorsichtsmaßnahmen missachtet. Bei den jüngsten Fällen in Beypazari etwa kamen ein Zweijähriger und sein fünfjähriger Bruder in Kontakt mit verendeten Wildenten und fingen sich das Virus. Ob das bedeutet, dass der Krankheitserreger einen Weg gefunden hat, leichter als bisher von Tieren auf Menschen überzuspringen, stand zunächst nicht fest.

Klar war dagegen am Sonntag, dass die in den vergangenen Tagen pausenlos wiederholten Beruhigungsformeln der Regierung fehl am Platz waren. In Istanbul bereiten sich inzwischen die Krankenhäuser ebenfalls auf einen Ansturm von Vogelgrippe-Patienten vor. Für die türkische Tourismusindustrie könnte die Vogelgrippe eine Katastrophe bedeuten.

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