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Panorama: Die Zeichen stehen auf Sturm

Das Land wird von einem gewaltigen Orkantief überzogen – wenn die Meteorologen recht behalten

Von Andreas Oswald

Alle sind gewarnt. Jörg Kachelmann hämmert es der Nation seit zwei Tagen im Fernsehen ein und der von Amts wegen zuständige Deutsche Wetterdienst verkündete es gestern offiziell. Das Orkantief „Kyrill“ hat direkten Kurs auf Deutschland genommen. Es werde am Donnerstag mit voller Wucht auf die Nordseeküste treffen und anschließend Richtung Südosten das Land überqueren, sagte Meteorologin Dorothea Paetzold vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach am Mittwoch.

Wer es vermeiden kann, sollte also heute tunlichst darauf verzichten, nachmittags und abends auf die Straße zu gehen. Zu groß ist die Gefahr, dass starke Zweige oder andere Gegenstände durch die Luft fliegen. Bei Windstärke zwölf können herumfliegende Holzstücke oder Teile von Dachziegeln tödlich sein.

Hans-Joachim Knußmann von Meteo- Xpress erwartet zudem heftigen Regen. 20 bis 30 Liter pro Quadratmeter könnten bis Freitagmorgen niedergehen. Nach der Vorhersage von Meteomedia sind am Donnerstag im Nordwesten kräftige und sogar gewittrige Schauer zu erwarten. Die Temperaturen erreichen 7 bis 12, im Alpenvorland bis 14 und am Oberrhein vereinzelt sogar bis 15 Grad. In der Nacht zum Freitag lässt der Sturm allmählich etwas nach, der Wind bleibt aber kräftig, und es gehen noch häufig Regenschauer nieder. Vor allem im Süden regnet es auch noch anhaltend. Der Freitag beginnt noch verbreitet bewölkt mit letzten Schauern, die aber langsam nachlassen. Von Westen her zeigt sich nachmittags allmählich häufiger die Sonne, trüb und feucht bleibt es am ehesten am Alpenrand. Der Wind weht anfangs noch kräftig, lässt aber bis zum Abend nach. Die Höchstwerte liegen zwischen 8 und 13 Grad, im Südwesten werden wieder bis zu 15 Grad erreicht. Am Samstag wird es noch ein wenig milder, am Oberrhein werden bis zu 17 Grad erreicht.

Was die Meteorologen erstaunt, ist die Tatsache, dass der Sturm heute das ganze Land erfassen wird. Bei heftigen Stürmen in der Vergangenheit war in der Regel immer nur ein größerer Teil betroffen. Es soll ein „Ausnahmesturm“ werden, wenn die Meteorologen recht behalten. Seine Ursache liegt im warmen Winter begründet. Ständig kommt von Südwesten her milde Luft, die ein Tief nach dem anderen mit sich bringt. Inzwischen hat sich zwischen Süd und Nord ein gigantischer Druck- und Temperaturunterschied aufgebaut. In Grönland ist es besonders kalt, weiter im Süden über dem Atlantik ist es außergewöhnlich warm. Das Ergebnis sind so große Druckunterschiede, dass das jetzige Tief „Kyrill“ ungeheure Windgeschwindigkeiten hervorbringt. Der Wind ist letztlich nichts anderes als ein Druckausgleich. Je größer das Gefälle ist, umso größer ist die Geschwindigkeit des Windes.

Diese Grundkonstellation bleibt Deutschland bis auf weiteres erhalten. Der Winter bleibt mild. Im Grunde ist der Winter komplett ausgeblieben. Die Wetterlage, die derzeit vorherrscht, ist im Grunde nichts anderes als eine klassische Herbstwetterlage. Im Herbst stürmt es, das sind die Menschen gewohnt. Wenn die Winter künftig ausbleiben, werden sie sich daran gewöhnen, dass der Herbst ein halbes Jahr andauert.

Es scheint so, als käme auch in anderen Teilen der Welt das Klima durcheinander. Wegen der anhaltenden Kältewelle in den USA hat Gouverneur Arnold Schwarzenegger im sonst sonnenverwöhnten Bundesstaat Kalifornien den Notstand ausgerufen. Durch das Sturm-, Eis- und Schnee-Chaos kamen bis zum Mittwoch landesweit mehr als 50 Menschen ums Leben. Eisregen und Stürme verursachten Stromausfälle und zahlreiche tödliche Verkehrsunfälle. Schwarzenegger bat die Regierung in Washington dringend um Hilfe für die Bauern, die wegen des Frosts mit Missernten rechnen. In Kalifornien, wo ein Viertel der Zitrusfrüchte für den Binnenmarkt produziert wird, bangen vor allem die Obstbauern um ihre Ernte. In den Plantagengebieten bildeten sich Eiszapfen an den fast reifen Orangen. (mit dpa und AFP)

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