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Der Massenmörder Anders Breivik wirkte am dritten Prozesstag am Mittwoch erschöpft und etwas resigniert.

© dpa

Dritter Prozesstag: Breivik lehnt detaillierte Auskünfte ab

Der Massenmörder Anders Breivik hat am dritten Prozesstag detaillierte Aussagen zu seiner angeblichen antimuslimischen Organisation „Tempelritter“ verweigert. Der 33-Jährige fürchtet sich vor allem davor, in der Psychiatrie zu landen.

Der norwegische Massenmörder Anders Behring Breivik hat sich vor dem Gericht in Oslo allen Fragen zu Hintermännern oder Helfern seiner Bluttat verweigert. Die Staatsanwaltschaft versuchte am Mittwoch, Näheres über seine Kontakte zu anderen Rechtsextremisten und das angebliche Netzwerk der „Tempelritter“ zu erfahren. Doch nach seinem selbstbewussten Prozessauftritt am Vortag geriet Breivik am dritten Prozesstag zusehends in die Defensive. „Ich möchte keine Informationen geben, die zu weiteren Festnahmen führen könnten“, sagte er.

Sichtlich gereizt wies er Fragen der Anklage zu seiner angeblichen antimuslimischen Organisation „Tempelritter“ zurück. Gleichzeitig wurde deutlich, wie groß seine Sorge ist, dass seine Überzeugungen als Hirngespinste abgetan - und seine Taten damit als Verbrechen eines Geisteskranken eingestuft werden. “Ich hoffe, Sie werden sich auf die Sache und nicht auf die Person konzentrieren“, sagte er.

Staatsanwältin Inga Bejer Engh machte deutlich, dass sie nicht an die Existenz der „Tempelritter“ glaubt. Auf alle Nachfragen etwa nach einer Gründungsveranstaltung wich Breivik aus. „Das möchte ich nicht kommentieren.“ Er sei Komandant einer Tempelritter-Zelle gewesen. „Das bedeutet, dass ich ein Fußsoldat war, der mit anderen verbunden war. Aber mehr will ich darüber nicht sagen“, betonte er.

Breivik brüstete sich am zweiten Prozesstag vor Gericht mit seinen Taten:

Breivik beschwerte sich über die Art, wie die Staatsanwaltschaft Fragen über seine angebliche Gruppe der Tempelritter stellte. „Auf was wollen Sie eigentlich hinaus?“, fragte er Staatsanwältin Inga Bejer Engh, als sie weitere Details über die „Tempelritter“, ihre Treffen und ihre Mitglieder erfahren wollte, und antwortete dann selbst: „Sie wollen Zweifel an der Existenz des 'Tempelritter'-Netzwerks säen.“ Und weiter: „Sie versuchen zu zeigen, dass ich lüge und mir Dinge ausgedacht habe. Wir können genauso gut gleich zum Schluss kommen, dann brauchen Sie mich nicht lächerlich zu machen“, warf er der Staatsanwaltschaft vor. Sein 1500 Seiten starkes Manifest betrachtet der Massenmörder als „Terrorschule“. Man müsse nicht sonderlich begabt sein, um Anschläge wie im Osloer Regierungsviertel und auf der Insel Utøya zu begehen.

Die Frage um die Existenz der „Tempelritter“ - einer laut Breivik militanten nationalistischen Gruppe, die sich gegen die muslimische Kolonisierung Europas stellt - ist eine der wichtigsten in dem Fall. Breiviks Aussagen gelten als wichtige Indizien zur Beurteilung seiner Zurechnungsfähigkeit. Er muss sich für den Tod von 77 Menschen verantworten, ist wegen Terrorismus und vorsätzlichen Mordes angeklagt. Falls ihn das Gericht für geisteskrank erklärt, würde er in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen.

Nach Breiviks eigener Einschätzung wäre die logische Konsequenz aus seiner Tat entweder die Todesstrafe oder ein Freispruch. Die in Norwegen geltende Höchststrafe von 21 Jahren bezeichnete er am Mittwoch als „armselig“. Ein erstes psychiatrisches Gutachten hatte Breivik eine Psychose und Wahnvorstellungen attestiert, in einem zweiten wurde er für geistig gesund und schuldfähig erklärt.

Folgt das Gericht dem zweiten Gutachten, droht Breivik die Höchststrafe von 21 Jahren Haft in einem Gefängnis oder auch in einer anderen Einrichtung und zwar bis zu dem Zeitpunkt, an dem er nicht mehr als Gefahr für die Gesellschaft angesehen wird. Im Falle der Unzurechnungsfähigkeit würde er so lange in eine Anstalt kommen, bis er als geheilt angesehen wird.

Breivik darf noch bis zum Montag sein Weltbild erklären. Am Mittwoch konzentrierten sich die Staatsanwälte auf die Zeit von 2001 bis 2006, in der Breivik seinen Hass auf alles Multikulturelle und seine Ideologie entwickelte Der Attentäter steht seit Montag unter anderem wegen „Terrorakten“ vor Gericht. Am Dienstag hatte sich der Norweger mit seinen Taten gebrüstet und vor Gericht erklärt, er würde die Anschläge in Oslo und auf der Insel Utöya mit 77 Toten wieder begehen. Er sieht sich in einem Kampf gegen die seiner Ansicht nach fortschreitende Islamisierung Norwegens.(ibu/dapd/dpa/Reuters/AFP)

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