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Wo Erde und Himmel eins werden. Im Dürregebiet wird der Staub hoch in die Atmosphäre gewirbelt.

© Reuters

Dürre-Katastrophe in Somalia: Klima des Hungers

Für Wetterforscher war die Dürre-Katastrophe in Ostafrika schon länger absehbar. Dennoch wurde erst spät etwas unternommen.

Langsam rollt die Hilfe an. Nachdem die islamistische Miliz Al Shabbab einigen Hilfsorganisationen die Rückkehr in das Dürre-geplagte Somalia erlaubt hat, werden nun Flüchtlingslager und Ernährungszentren rund um die Hauptstadt Mogadischu aufgebaut. Auch das Deutsche Rote Kreuz ist daran beteiligt. „Dank der Zusammenarbeit mit unserer Schwesterorganisation, dem Somalischen Roten Halbmond, kann das Rote Kreuz auch dort Nothilfe leisten“, sagte Christoph Müller. Er leitet das Büro der Organisation in der kenianischen Hauptstadt Nairobi.

Die Europäische Union will ihre Hilfszahlungen für die Ernährung der rund elf Millionen Hungernden in der gesamten Region erhöhen. Mit der Zahlungsbereitschaft der deutschen Bundesregierung ist Thilo Hoppe, entwicklungspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, allerdings nicht zufrieden: „Während Großbritannien rund 60 Millionen Euro zur Bewältigung der aktuellen Hungerkatastrophe in Somalia und den benachbarten Regionen zur Verfügung gestellt hat, blamiert sich Deutschland mit sechs Millionen Euro.“ Dafür haben Entwicklungsminister Dirk Niebel, Außenminister Guido Westerwelle (beide FDP) und sämtliche Nothilfeorganisationen zu Spenden aufgerufen.

Währenddessen ist es für die Afrikanische Entwicklungsbank gar keine Frage mehr, was der Grund für die verheerendste Dürre seit etwa 60 Jahren ist. „Afrika ist der Kontinent, der durch den Klimawandel am verwundbarsten ist“, heißt es in einer Stellungnahme der Bank. Zwei Regenzeiten sind in der Region von Äthiopien, Eritrea, Djibouti, Somalia, Nordkenia und Norduganda nun komplett ausgefallen. Allerdings überlagern sich die Klimaphänomene. Die Dürre passt in den Trend der erwarteten Auswirkungen des Klimawandels auf Ostafrika. Zumindest legen das aktuelle Forschungen nahe. In den Projektionen des Weltklimarats dagegen wird mit mehr Niederschlägen bezogen auf das ganze Jahr gerechnet. Ob sie allerdings dem Muster der vor zwei Jahrzehnten noch relativ zuverlässigen Regenzeiten folgen, ist allerdings aus diesen Projektionen nicht herauszulesen. Aktuell machen sich aber wohl auch die Auswirkungen eines starken La Nina bemerkbar. Das Klimaphänomen folgt regelmäßig auf einen El Nino. Diese Klimaanomalie geht vomPazifik aus, hat aber nahezu weltweit Auswirkungen. Während der starke El Nino der Vorjahre starke Niederschläge in Ostafrika gebracht hat, bringt La Nina nun Dürre. Dagegen hat das Klimaphänomen schon zu Beginn des Jahres zu schweren Überflutungen in Südafrika und Australien geführt. In einem La Nina kühlt die Oberfläche im zentralen und östlichen Pazifik ab. Der Regen zieht über Australien, Indonesien und die Philippinen, während in Ostafrika kaum noch Regen fällt. Die Abstände dieser Extremwetter in Ostafrika werden jedenfalls kürzer. Die jüngste verheerende Dürre in der Region liegt erst fünf Jahre zurück. Auch in China wechseln sich Dürren mit Springfluten vor allem im Norden des Landes immer öfter ab.

Die Krise lässt sich allerdings nicht nur auf Klimaphänomene zurückführen. Der Klimawandel oder die Auswirkungen von El Nino oder La Nina überlagern die Entwicklungen, die in dieser unruhigen Region ohnehin im Gang sind. In Somalia gibt es seit mehr als 20 Jahren keine staatliche Verfasstheit mehr. Am gesamten Horn von Afrika gab oder gibt es politische Krisen, die nicht nur in Somalia immer wieder bewaffnet ausgetragen werden. Durch das noch immer starke Wachstum der Bevölkerung kommt es in der gesamten Region ständig zu neuen Ressourcenkonflikten, oft zwischen Bauern und Nomaden, die sich um die Nutzung von Wasser oder Weidegründe streiten. Im Norden Ugandas und Kenias kommt es regelmäßig zu bewaffneten Konflikten, weil Vieh gestohlen wird oder die Felder von durchziehenden Herden abgeweidet werden. Dazu kommt, dass in der gesamten Region die Landrechte oft ungeklärt oder umstritten sind. All das trägt dazu bei, dass die Ernährungssicherheit generell unsicher ist. Wenn dann eine Ernte ausfällt oder wie in diesem Fall gleich zwei, führt das sofort zu einer Hungerkatastrophe. Eine Überraschung war die Krise nicht. Denn das Hungerfrühwarnsystem der Weltagrarorganisation FAO hatte früh ausgeschlagen.

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