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Gefahr in Grün. Der Verdacht, dass spanische Gurken Quelle der Erkrankungen sind, wird noch von einem weiteren Labor geprüft.

© picture alliance / dpa

EHEC-Ausbruch: Gurken im Verdacht

Wissenschaftler kommen der Ursache des tödlichen EHEC-Ausbruches immer näher. Doch die Empfehlung, neben Gurken auch auf Salat und Tomaten zu verzichten, bleibt. Inzwischen breitet sich die Krankheit in andere Länder aus.

Forschern des Hamburger Hygiene-Instituts ist es nun gelungen, den EHEC-Erreger auf insgesamt vier Salatgurken nachzuweisen. Drei der Proben kamen vom Großmarkt Hamburg. Es handelt sich um Biogurken aus Spanien. „Die Gurken kommen von zwei Produzenten: Pepino Bio Frunet mit Sitz in Malaga und Hort O Fruticola mit Sitz in Almeria“, sagte Sinje Köpke vom Institut für Hygiene und Umwelt in Hamburg dem Tagesspiegel. Bei der vierten Gurke handelt es sich um eine Probe aus einem Restaurant. Es war deshalb zunächst nicht zu klären, von welchem Produzenten sie stammt.

Nach der Mitteilung begannen Gemüseläden und Supermärkte spanische Gurken aus den Regalen zu nehmen. „Unsere Empfehlung, auf den Verzehr von Gurken, Tomaten und Salat zu verzichten, bleibt aber bestehen“, sagte ein Sprecher der Bundesanstalt für Risikobewertung (BfR). Denn: Es ist einfach noch zu früh, um sich irgendeiner Sache ganz sicher zu sein. Die Forscher am BfR wollen nun zunächst die Proben aus Hamburg im eigenen Referenzlabor für EHEC untersuchen, um das Ergebnis abzusichern. Bis dahin bleibt die Empfehlung, auch auf Tomaten und Salat zu verzichten, in jedem Fall bestehen. Und selbst wenn die BfR-Experten das Ergebnis bestätigen: Es besteht zumindest eine kleine Möglichkeit, dass die Gurken aus Spanien nicht das einzige Lebensmittel sind, das mit dem EHEC-Erreger verunreinigt ist.

Den Erreger selbst haben Forscher aus Münster heute noch genauer charakterisieren können. In ihrer Klassifizierung heißt er HUSEC 41. Der Übeltäter gehört zu den seltenen Varianten und ist resistent gegen viele Antibiotika. Das Hygiene-Institut in Münster verfügt nach eigenen Angaben über eine Sammlung von allen 42 EHEC-Typen, die seit 1996 in Deutschland bei Patienten mit HUS aufgetreten sind. HUSEC 41 ist einer davon. Der gefundene Typ ist also bekannt, trat bislang aber kaum in Erscheinung. Mit diesem EHEC-Typ kam es dem Institut zufolge weltweit noch nie zu einem dokumentierten Ausbruch. „Deshalb hat uns völlig überrascht, dass der Stamm innerhalb kürzester Zeit schwerste Erkrankungen hervorrufen konnte“, sagte Helge Karch, Leiter des Münsteraner Labors, am Donnerstag.

HUSEC 41 ist nicht nur selten, er ist auch gegen viele Antibiotika wie Penizilline resistent. Allerdings ist der Einsatz von Antibiotika bei EHEC-Infektionen grundsätzlich problematisch. Dabei kann es nämlich vorkommen, dass durch das Abtöten der Erreger verstärkt EHEC-Giftstoffe freigesetzt werden. Wichtig ist es für EHEC-Erkrankte wie bei allen Durchfallerkrankungen zunächst, Flüssigkeitsverluste auszugleichen.

Bei HUS-Patienten wird außerdem das Blutplasma der Patienten ausgetauscht, um das Blut vom Gift des EHEC-Erregers zu reinigen. Das ist eine aufwendige Prozedur, die zwei bis drei Stunden dauert und in der Regel bei jedem Patienten mehrmals wiederholt werden muss. Trotz der ungewöhnlich hohen Zahl an Fällen droht bisher aber kein Versorgungsengpass. „Bisher ist es nirgendwo zu ernsten Engpässen gekommen“, sagte Jan Galle, Direktor der Klinik für Nephrologie und Dialyseverfahren am Klinikum Lüdenscheid.

Unterdessen steigt die Zahl der EHEC-Erkrankungen weiter an. 214 Fälle des besonders gefährlichen hämolytischen-urämischen Syndroms (HUS) meldete das RKI am Donnerstagmorgen. Das war noch einmal ein deutlicher Anstieg gegenüber den 140 HUS-Fällen, die das RKI 24 Stunden zuvor gemeldet hatte. Und weiterhin kommen Patienten mit schweren EHEC-Erkrankungen in die Krankenhäuser. „Wir behandeln im Moment acht HUS-Patienten“, sagte etwa Georg Peters, Leiter der Mikrobiologie am Universitätsklinikum Münster. „Drei davon sind heute neu gekommen.“ Normalerweise gibt es in Deutschland etwa 65 HUS-Fälle im Jahr. „Es sah zwischendurch so aus, als würden die Zahlen zurückgehen, aber besonders in Hamburg kommen immer noch viele Patienten mit blutigem Durchfall ins Krankenhaus“, sagt Klaus Stark vom RKI. Noch ist unklar, wie viele der neuen Fälle durch verunreinigte Lebensmittel entstehen und wie viele von Mensch zu Mensch übertragen werden.

Inzwischen breitet sich die Krankheit durch Deutschlandreisende auch in anderen Ländern aus. Die Reisenden bringen die Krankheit in ihre Heimatländer zurück. Mehrere Mitglieder einer schwedischen Reisegruppe waren nach ihrer Rückkehr aus Norddeutschland erkrankt. Auch in den Niederlanden und in Großbritannien gibt es jetzt EHEC-Fälle. Alle Betroffenen seien vor kurzem in Deutschland gewesen, sagte EU-Gesundheitskommissar John Dalli. Auch das Seruminstitut in Dänemark meldet einige Fälle: Bei vier Patienten sei der EHEC-Erreger bereits nachgewiesen worden, hieß es. Bei einigen weiteren Patienten besteht nach Angaben aus Dänemark der Verdacht einer EHEC-Infektion. (mit dpa/dapd)

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