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Omar Andati aus der westkenianischen Kleinstadt Nambale baut im Hinterhof des Hauses seiner Großmutter ein Flugzeug – aus Schrott, Holz und Plastikplanen.

© Dagmar Dehmer

Eigenbau eines jungen Afrikaners: Das Flugzeug im Hinterhof

In einer westkenianischen Kleinstadt baut ein junger Computerfachmann seine eigene Propellermaschine. In wenigen Wochen will er sein Modell aus Schrott, Holz und Plastikplanen in die Luft bringen.

Der Berliner Otto Lilienthal hat es getan. Er hat ein Flugzeug in die Luft gebracht. Die amerikanischen Gebrüder Wright haben Lilienthals Fluggerät weiterentwickelt und mit einem Motor ausgestattet. Die drei Männer waren die Flugpioniere des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Omar Andati aus der westkenianischen Kleinstadt Nambale will es ihnen nun nachtun. Der 22 Jahre alte Computerfachmann baut im Hinterhof des Hauses seiner Großmutter ein Flugzeug – aus Schrott, Holz und Plastikplanen.

In einem Monat hofft Omar Andati mit seinem Flugapparat in die Luft zu gehen. Die Einzelteile seiner Flugmaschine sind schon fertig. Das Herz seines Flugzeugs steht unter einem Wellblechdach neben dem Haus. Es ist ein Holzrahmen, um den herum er aus Aluminium eine Flugzeugspitze gehämmert hat. Es hat Ähnlichkeit mit einem Flugzeug, sieht aber nicht sonderlich stabil aus. Omar Andati widerspricht und rüttelt zum Beweis am Holzrahmen. „Das ist ganz fest“, versichert er. „Das fällt nicht auseinander.“

Die Flügel aus Wellblech und Aluminium liegen auf dem durchweichten Boden

Die Flügel, die alles einmal tragen sollen, liegen davor auf dem von der Regenzeit durchweichten Boden. Es sind Flügel aus Wellblech und Aluminium. Wochenlang hat er das Metall bearbeitet, um es in Form zu bringen. Andati hat die Flügel mit einer starken Plastikfolie abgeklebt, damit keine Luft in die Flügel strömt, sondern nur darunter. Was noch fehlt, sind die Räder, damit er keine Bruchlandung hinlegen muss. Und die Motoren. Mit zwei Motoren, die er aus Kettensägen ausbauen will, soll das Flugzeug angetrieben werden. Omar Andati will der Testpilot sein. Er ist zuversichtlich, dass er seinen ersten Flug so unbeschadet überstehen wird wie sein Flugzeug. „Ich werde der Erste sein, der diese Maschine fliegen wird“, sagt er. Er hofft, die lokalen Polizeibehörden davon überzeugen zu können, die Straße für seinen Start und für seine Landung kurzzeitig zu sperren. Gelingt das nicht, will er von einem Acker abheben.

Seit seiner Kindheit ist Omar Andati Forscher. Er ist in Nambale nahe der Grenze zu Uganda aufgewachsen. Seine Großmutter hat ihn durch Schule und Universität gebracht. Schon immer habe er Experimente gemacht, um seine Physikkenntnisse zu verbessern, erzählt er auf einer Bank unter einem Mangobaum. Sein Flugzeugprojekt verfolgt er seit zwei Jahren. Seine Großmutter „freut sich darüber“, sagt er. „Schließlich bin ich der einzige Erfinder in der Familie.“ Die Nachbarn sind ziemlich neugierig, haben sich aber inzwischen an den Anblick des Flugzeugs im Hinterhof gewöhnt.

Omar Andati steht im Hinterhof des Hauses seiner Großmutter vor den Einzelteilen für sein selbstgebautes Flugzeug.
Omar Andati steht im Hinterhof des Hauses seiner Großmutter vor den Einzelteilen für sein selbstgebautes Flugzeug.

© Dagmar Dehmer

Nach seinem Informatikstudium an der Kakamega-Universität im Westen Kenias hat Andati ein Jahr als Lehrer an einer Sekundarschule gearbeitet, weil er keinen seiner Qualifikation entsprechenden Job finden konnte. Wie hunderttausende junger Männer in Afrika gehört Andati zu der Generation der nicht- oder unterbeschäftigten Jugend seines Landes. In Kenia kommt dazu, dass junge Leute oft nach ethnischen Kriterien eingestellt werden. Ohne die richtige Stammeszugehörigkeit und ohne Beziehungen finden die wenigsten eine dauerhafte Anstellung. So erging es auch Omar Andati.

Obwohl Andati sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten muss, hat er nicht aufgegeben. „Ich will das Kleinflugzeug der fünften oder sechsten Generation designen“, erzählt er. Angefangen hat das Projekt in einem karierten DIN-A4-Schulheft. Darin hat er seine Idee für ein Flugzeug gezeichnet und Berechnungen darüber angestellt, wie wahrscheinlich es ist, dass sich seine Maschine in der Luft halten kann. Die Form des Flugkörpers und die Flügel, davon ist Omar Andati überzeugt, seien „anders als alle Flugzeuge, die es schon gibt“. Seine allererste Variante hatte zwei Heckflügel. Davon ist er wieder abgekommen. Aber die ganz geraden Flügel oberhalb der Pilotenkabine, die nach allen Seiten offen ist, sind „meine Erfindung“. Wenn er es schafft, das Gerät zum Fliegen zu bringen, hofft Omar Andati, dass sich eine Flugzeugbaufirma für sein Design interessieren könnte. Und irgendwann könnte sein Modell als Privatjet in Serie gebaut werden. Davon träumt der junge Mann derzeit noch. Sein aktuelles Modell im Hinterhof ist allerdings in Ermangelung von Turbinen für den Antrieb zunächst einmal eine Propellermaschine. „Es ist nicht leicht, Jet-Motoren aufzutreiben“, sagt er. Derzeit kann es sich Omar Andati nicht leisten, sie einfach zu kaufen. Dafür bräuchte er einen Sponsor.

Der junge Mann arbeitet auch an einem "Mikro-Supercomputer"

Der zurückhaltende junge Mann tut sich sichtlich schwer damit, seine Ideen vorzutragen. Lieber arbeitet er im Kämmerlein an neuen Ideen, als sie einer großen oder auch nur kleinen Öffentlichkeit vorzustellen. Kenianische Schulen und Universitäten legen bisher wenig Wert darauf, ihren Absolventen das Rüstzeug zur Vermarktung ihrer Ideen mit auf den Weg zu geben. Das hindert Omar Andati allerdings nicht daran, „über viele Dinge nachzudenken und viele neue Ideen zu verfolgen“, wie er berichtet.

Eine seiner Ideen ist ein „Mikro-Supercomputer“ und eine zugehörige „Online-Assessment-Software“. Mit dieser „besonders sicheren Software“ wären seiner Auffassung nach „Online-Datenanalysen ohne Hacker-Risiko“ möglich. „Das würde Computer-Netzwerke sicherer machen“, sagt Omar Andati. Auch für dieses Projekt braucht er professionelle Partner, die er bisher noch nicht gefunden hat.

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