zum Hauptinhalt

Panorama: Ein Held unten, ein Held oben

Im All kämpft Sergej Krikaljow, am Boden Wassilij Ziblijew um die Raumstation MirVON FLORIAN HASSEL MOSKAU.Sollte es Kommandant Wasilij Ziblijew, Flugingenieur Alexander Lasutkin und ihrem amerikanischen Kollege Michael Foale in den nächsten Tagen doch noch gelingen, die angeschlagene Raumstation Mir zu reparieren, werden sie erst einmal ein stilles Dankgebet an einen Mann am Boden schicken.

Im All kämpft Sergej Krikaljow, am Boden Wassilij Ziblijew um die Raumstation MirVON FLORIAN HASSEL MOSKAU.Sollte es Kommandant Wasilij Ziblijew, Flugingenieur Alexander Lasutkin und ihrem amerikanischen Kollege Michael Foale in den nächsten Tagen doch noch gelingen, die angeschlagene Raumstation Mir zu reparieren, werden sie erst einmal ein stilles Dankgebet an einen Mann am Boden schicken.Sergej Krikaljow, stellvertretender Flugleiter im russischen Kontrollzentrum, hat wenig Schlaf bekommen, seitdem die Mir am 25.Juni durch den Zusammenstoß mit einem Versorgungsraumschiff beschädigt wurde.Ob es darum geht, den Kollegen im Weltraum in kritischen Situationen wie während der letzten beiden Tage Mut zuzusprechen oder an der in einem riesigen Wasserbassin versenkten Kopie der Mir-Station die Reparatur zu proben - immer ist Sergej Krikaljow zur Stelle.Der 38 Jahre alte Ingenieur ist einer von Rußlands erfahrensten Astronauten und für seine Landsleute eine lebende Legende.Seit dem Unfall Ende Juni ist der krisenerfahrene Krikaljow der oberste Feuerwehrmann.Schon 1985 half er als Mitglied des Kontrollteams mit, die außer Kontrolle geratene Raumstation Saljut-7 wieder zum Leben zu erwecken.Im November 1988 flog er zum ersten Mal selbst zur Mir - und blieb ein halbes Jahr.Krikaljow kommt mit dem großen nervlichen Druck in Krisensituationen offenbar besser klar als der 43 Jahre alte Mir-Kommandant Wasilij Ziblijew.Der russische Kommandant hat in den Monaten vor der Kollision mit dem Progress-Versorgungsraumschiff zwar schon viele Krisen gemeistert: Am 23.Februar brach an Bord der Mir Feuer aus und konnte erst nach einigen Minuten gelöscht werden; zwei Wochen später fiel das Sauerstoffsystem, dann die Stromversorgung, später das Luftreinigungssystem aus.Doch am vergangenen Sonntag entdeckten die russischen Kontrolleure bei einer Routineuntersuchung Herzrhythmusstörungen bei Ziblijew und beschlossen - mit Zustimmung der amerikanische Raumfahrtagentur NASA -, statt ihres Landsmanns den amerikanischen Kollegen Michael Foale für die bevorstehende Reparatur des beschädigten Moduls zu trainieren.Während der jüngsten Krise allerdings, als ein Astronaut in der Nacht zum Donnerstag versehentlich ein Kabel zog und wichtige Teile der Stromversorgung lahmlegte, zeigte Ziblijew Durchhaltevermögen.Er arbeitete die ganze Nacht durch.Freitag morgen waren die schlimmsten Schäden behoben, und die Mir konnte die für die alltägliche Stromversorgung lebensnotwendigen Photozellen wieder zur Sonne ausrichten.Jetzt soll sich die Besatzung bis Montag erst einmal ausruhen.Ziblijew zweifelt trotz der Versicherungen seines erfahrenen Kollegen Krikaljow daran, daß eine Reparatur überhaupt möglich ist.Amerikanische Experten glauben, bei ihm das "Rebellions-Syndrom" zu erkennen: Astronauten weigern sich plötzlich, Anweisungen der Kontrollstation auszuführen - was sowohl an Bord amerikanischer wie russischer Raumschiffe schon vorgekommen ist."Ziblijews mentale Gesundheit war schon vor dem Zusammenstoß am 25.Juni Grund zur Besorgnis", sagte James Oberg, Spezialist für das russische Raumfahrtprogramm, der New York Times."Das im Februar hat Ziblijew erledigt", sagt Oberg, "davon hat er sich nie wieder erholt."

FLORIAN HASSEL

Zur Startseite