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Panorama: Ein Kind? Aber erst mit 35!

Immer mehr Frauen werden spät Mutter

Von Adelheid Müller-Lissner

Als erfolgreiche Anwältin, die sich im Alter von über 40 erneut in das Abenteuer des Kinderkriegens stürzte, liegt Cherie Blair (47), die Frau des britischen Premierministers, voll im Trend: Immer mehr Frauen werden erst mit über 35 Mutter und heben den statistischen Durchschnitt für die erste Geburt mittlerweile schon auf fast 29 Jahre. Sie sind überwiegend jugendlich, sportlich und gesundheitsbewusst. „Frauen um 35 Jahre sind biologisch gesehen heute jünger als jemals zuvor“, sagt der erfahrene Geburtshelfer Albert Huch vom Unispital Zürich. Nie zuvor war die fruchtbare Lebensspanne der Frau so groß wie heute: In den vergangenen 100 Jahren ist das Durchschnittsalter für die erste Monatsblutung um vier Jahre gesunken, das der letzten um sieben Jahre gestiegen.

Trotzdem ist es nach wie vor ungewöhnlich, dass eine Frau mit über 45 noch ein Kind bekommt. Amerikanischen Studien zufolge werden nur 0,04 Prozent aller Babys von Müttern über 46 geboren. Und das nicht nur, weil ein Kind in diesem Alter nur noch selten geplant wird.

Biologisch stehen die Chancen für so späte Mutterfreuden schlecht: Schon ab dem 30. Lebensjahr nimmt die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, deutlich ab. Die Eierstöcke altern, die Anzahl der Eizellen geht zurück, ab 40 ist der Eisprung nur noch unregelmäßig.

Die Rate an Fehlgeburten nimmt mit dem Alter drastisch zu. Auch die Blairs mussten die Bevölkerung vor wenigen Tagen davon unterrichten, dass Cheries fünfte Schwangerschaft mit einer Fehlgeburt geendet hatte. Über Fehlgeburten genau Buch zu führen, ist allerdings unmöglich, denn häufig bleiben sie unbemerkt und werden allenfalls als „verspätete“ Blutung wahrgenommen.

Das Risiko für das Down-Syndrom (Trisomie 21) steigt mit dem Lebensalter ebenfalls an: Mit 40 ist es sechsmal so groß wie mit 25. Frauen ab 35 Jahren und Elternpaare, die zusammen über 75 sind – denn auch das Alter des Vaters spielt für das Risiko genetischer Veränderungen eine Rolle – werden deshalb von ihren Ärzten auf die Möglichkeiten der Pränataldiagnostik hingewiesen.

Prinzipiell steigen mit einer späten Schwangerschaft auch die Gefahren für die Gesundheit der Mutter. Manche bisher verborgene Krankheitsanlage tritt erst mit der Schwangerschaft zu Tage, wenn etwa der Blutzucker oder der Blutdruck nicht mehr stimmt. Insbesondere die Schwangerschaftsvergiftung (Gestose) kann für Mutter und Kind lebensgefährlich werden. Kinder älterer Mütter kommen außerdem häufiger zu früh oder per Kaiserschnitt zur Welt.

Wenn von „alten“ Schwangeren die Rede ist, muss berücksichtigt werden, ob eine Frau mit über 40 ihr erstes Kind oder eine erfahrene Mutter einen „Nachkömmling“ erwartet – wie Cherie Blair. Blair, deren ältester Sohn bereits 18 Jahre alt ist, brachte vor zwei Jahren, als sie bereits 45 war, den Nachzügler Leo zur Welt. Trotz des allgemeinen Trends zur späten Mutterschaft bleibt sie aber auf jeden Fall eine Ausnahme: Als Mutter von vier Kindern ebenso wie als Spätgebärende: Im ganzen Bundesgebiet gab es im Jahr 1999 – dem letzten, das bisher ausgewertet wurde – nach Auskunft des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden nur 664 Frauen, die in der Altersgruppe 45 plus Mutter wurden. 47 Jahre alt und älter waren von ihnen nur 159.

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