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Panorama: Ein Loser in Hochform

Adam Sandler spielt Figuren, die sich mit der zweitbesten Lösung zufrieden geben, weil sie oft feststellen mussten, dass mehr nicht drin ist für sie

Adam Sandler alias Barry Egan trägt einen leuchtend blauen, ziemlich hässlichen Anzug und steht einfach da: freundlich, schüchtern und unentschlossen, aber irgendwie nett. Das scheint auch Lena zu finden, die ihn so zum ersten Mal sieht und sich sofort verliebt. Doch Barry, den seine sieben energischen Schwestern schon sein ganzes Leben lang herumkommandiert haben, ist eine harte Nuss: liebenswert, aber schwierig. In „Punch-Drunk Love" geht es, wie in jeder anständigen romantischen Komödie, um die Schwierigkeiten, die das Paar bis zum „Und-wenn-sie-nicht-gestorben-sind,- dann -leben-sie-noch-heute“ überwinden muss. In diesem Fall ist aber nicht die von Emily Watson gespielte Lena die Kapriziöse, sondern eben Barry.

Paul Thomas Anderson hat diese Figur Adam Sandler auf den eher schmächtigen Leib geschrieben, so überzeugt war er von den darstellerischen Qualitäten des Komikers. Adam Sandler ist ein Mann der leisen Töne; sein Humor ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, knochentrocken; seine Witze zünden mit einer halben Sekunde Verzögerung. Die braucht man zum Nachdenken. Sandlers Filmfiguren sind zurückhaltende, auch zurückweichende Männer, die Auseinandersetzungen scheuen und sich mit der zweitbesten Lösung zufrieden geben, weil sie zu oft feststellen mussten, dass mehr nicht drin ist für sie. Ihre Triumphe sind bescheiden, werden aber deshalb umso mehr ausgekostet: Sandler kann mit einem kleinen Zucken seiner Mundwinkel, einem fast unwillkürlichen Heben der Schultern überschwängliche Freude ausdrücken – und gleichzeitig einen Anflug von schlechtem Gewissen, denn er darf sich ja nicht freuen. So gelingt es seinem Barry Egan in „Punch-Drunk Love", durch den Kauf von unzähligen Puddings in Plastikbechern zu über einer Million Bonus-Flugmeilen zu kommen, mehr, als er jemals abfliegen kann. Auf diese Art triumphieren die kleinen Sandler-Männer.

Adam Sandler wurde 1966 in Brooklyn geboren, als Sohn jüdischer Eltern, und wuchs im Neuengland-Staat New Hampshire auf. Sein komisches Talent stellt sich schon früh heraus, mit 17 besuchte er eine Show in einem Bostoner Comedy-Club und kletterte spontan auf die Bühne. Seitdem hat er sie praktisch nicht mehr verlassen. Nebenbei absolvierte er jedoch ordentlich sein Kunststudium an der New York University, ging dann aber nach Los Angeles, wo er, natürlich auf einer Comedy-Bühne, 1990 für „Saturday Night Live“ entdeckt und als Darsteller und Autor engagiert wurde. Seit 1993 tritt Sandler auch in Spielfilmen auf: „Die Coneheads“, „Airheads“ (1994), „Billy Madison“ (1995) und „Happy Gilmore“ (1996) erzielten in den USA Besucherrekorde. Hierzulande wurde er 1998 mit „The Wedding Singer“ einem größeren Publikum bekannt. In dieser Hommage an die achtziger Jahre spielt er den Möchtegern-Rockstar Robbie Hart, der mit seinen großen braunen Augen und seinem wuscheligen Lockenkopf an den sanften Barden Cat Stevens erinnert.

Im Leben wie in der Liebe muss er sich gegen einen fiesen Wall-Street-Yuppie behaupten – und gewinnt am Ende – durch Freundlichkeit, Zuverlässigkeit und Treue. Adam Sandler, der in dieser Rolle des sympathischen Losers zu Hochform auflief, schaffte es, trotz mangelnder Zukunftsentwürfe, trotz katastrophaler Lebensumstände und trotz milder äußerer Verwahrlosung, gegen den Yuppie wie eine Bastion der Solidität zu wirken, indem er eine damals nicht gefragte Loyalität ausstrahlte. Damit musste er einfach das Herz seiner Angebeteten erobern.

Dass es auch ein wenig raubeiniger geht, bewies Sandler in „The Waterboy" aus dem gleichen Jahr und vergangenes Jahr mit dem Remake der Screwball-Comedy „Mr. Deeds Goes to Town“. Darin war er der schrullige, weltfremde Millionär, dem nicht nur die Dienstboten verfallen sind. „Mr. Deeds" lebt von derbem Humor, Anal- und Fäkalwitze nicht ausgenommen, und von mitunter akrobatischen Slapstick-Einlagen. Da bewies Sandler, dass er auch körperlich agieren kann, wenn es sein muss. Wie in „Die Wutprobe“, in dem er angeblich lernen muss, seine ungezügelten Wutanfälle unter Kontrolle zu kriegen, obwohl er sich doch selbst für den friedlichsten Menschen der Welt hält. In „Die Wutprobe“ heißt Sandler Dave; zum ersten Mal hat er nicht einen dieser verniedlichenden Namen, die auf y enden; und darin steckt schon das Programm des Films: Nach einem ausgeklügelten Trainingsprogramm, in das alle außer ihm selbst eingeweiht sind, wird er dazu getrieben, endlich einmal aufzubegehren. Es ist ein falsches Spiel, dessen Drahtzieher Jack Nicholson als übergriffiger Therapeut ist. Nicholson ist sardonisch, gewalttätig, gemein und präsent – und Sandler behauptet sich gegen ihn, mit Ironie und eleganten, leicht verzögerten Pointen, in denen er immer wieder zeigt, wie man auch den gelassensten Menschen zur Weißglut treiben kann.

Adam Sandler betreibt eine Website, auf der man Witze zu allen möglichen Themen abrufen oder einfach kleine Begebenheiten erzählen kann, die er dann vielleicht als Grundlage für seine Sketche nimmt.

www.asandler.com

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