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Panorama: Ein Unterschied von 17 Jahren

Hat sie Angst? Ist sie wütend?

Hat sie Angst? Ist sie wütend? Weiß sie, wie schön sie ist? Vor 17 Jahren ging das Foto eines afghanischen Mädchens um die Welt. Die Frau mit den hellgrünen Augen stand auf der Titelseite des US-Magazins "National Geographic". Der mehrfach preisgekrönte Fotograf Steve McCurry hatte fünf Minuten lang Aufnahmen in einem Flüchtlingslager gemacht. Weil kein Übersetzer dabei war, konnte er nicht nach dem Namen des Mädchens fragen. Die Wirkung des Bildes war enorm. Bis heute treffen Briefe bei McCurry ein, in denen die Absender sich nach dem Schicksal des Mädchens erkundigen. Antworten kannte der Fotograf bislang nicht.

Jetzt hat er sie gefunden. Die Frau heißt Scharbat Gula, gehört zum Volk der Paschtunen, wohnt in einer entlegenen Region im Osten Afghanistans, ist ungefähr dreißig Jahre alt, verheiratet mit einem Bäcker und hat drei Töchter. Ein Kind hat sie verloren, ihre Eltern starben im Krieg gegen die Sowjetunion, ihr Leben war geprägt von Armut und Entbehrung. Durch aufwändige wissenschaftliche Methoden, darunter die Iriserkennung und das FBI-Verfahren zur digitalen Gesichtsidentifizierung, wurde eindeutig nachgewiesen, dass Gula das einst unbekannte Flüchtlingsmädchen ist. Dieselben hellgrünen Augen blicken heute aus einem stark gealterten Gesicht.

Die Suche nach Gula war nicht leicht. Einheimische schickten McCurry immer wieder auf falsche Fährten. Als der Fotograf die Frau schließlich traf, erinnerte sie sich an ihn. Schließlich hatte er das erste Foto von ihr gemacht. Dass ihr Porträt weltberühmt geworden war, wusste sie nicht. Um die traditionell islamisch lebende Frau erneut ablichten zu dürfen, brauchte McCurry die Genehmigung des Ehemanns. Der gestattete es schließlich einer weiblichen Reporterin, Gulas Gesicht unverschleiert zu fotografieren.

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