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Panorama: Eingebürgert!: Hütten-Willi

Sie scheißen. Sie scheißen alles voll: Plätze, Äpfel, Haare.

Sie scheißen. Sie scheißen alles voll: Plätze, Äpfel, Haare. Hässlich, klagen die Neu-Berliner, sei diese Stadt. Kein Wunder: Gräuliche Häufchen, wohin das Auge blickt. 10, 20, 30, 40 Zentimeter - immer höher türmen sich die Würmchen aus Kot unter Bahnhofsanlagen. Balkone lieben die "Ratten der Lüfte" auch. Und Heiligenfiguren: Die steinernen Falten ihrer Gewänder sind besonders gemütlich als Versteck. Bei aller Liebe für die Kreatur - als Boten des Friedens haben die Tiere längst abgedankt. In Venedig mögen Tauben romantisch sein. In Berlin sind sie einfach widerlich. Und teuer dazu: Die Schäden gehen in die Hunderttausende.

Nicht, dass die Berliner "die Ratten der Lüfte" nicht bekämpfen würden, nein, so sind die Berliner nicht. Sie haben versucht, sich die Tiere mit Netzen und Stacheln und Zäunen vom Leibe zu halten. Schön ist das nicht. Auf dem Balkon kommt man sich vor wie im Gefängnis, Nylonnetze werden schmutzig und schwarz, Edelstahl ist schöner - und schön teuer. Auch konzertierte Kampfansagen hat es gegeben. Die "Aktion Taubenplage" in Tegel zum Beispiel. Sogar die Anti-Baby-Pille hat man der Berliner Taube verpasst. Gierig, wie sie ist, hat das Muttertier auch die gern gefressen. Aber auch das Vatertier. So geht die Pille ins Geld. Und an der nächsten Ecke sitzt ohnehin schon wieder so eine Taubenfreundin und schmeißt mit Getreide kiloweise herum. Sogar mit Turmfalken hat man es probiert. Aber die wollen ja auch gehätschelt und gefüttert werden.

Die Stadt Marl, im Ruhrgebiet, hat sich daher für die pflegeleichte Kunststoffvariante entschieden. Dort hängt seit neuestem eine Uhu-Attrappe am Rathausturm. Willi heißt das Tier. Hütten-Willi: So benannt nach dem Leiter des Ordnungsamtes, Willi Korte, der den Taubenschreck entdeckte. Willis Ahne hat nämlich schon auf einem Hotel in der Pfalz seine Tauglichkeit bewiesen. Hoch oben auf dem Rathausdach hat die Attrappe tatsächlich die "wild lebenden Haustauben" von Marl verscheucht. Groß genug ist der Willi ja, anderthalb Meter. Teuer genug auch: 115 Mark. Aber dafür frisst er nichts. Den Plastik-Uhu brauchen wir. Ob er nun Willi heißt oder Atze.

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