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Eine Hand wäscht die andere, sagt ein Sprichwort. Diese beiden zeigen die Flaggen der Türkei und Katars.

© Getty Images/iStockphoto

Einmal hingeschaut: Türkische Kat(h)arsis

Wieviel Geld werden die Katarer noch in der Türkei investieren? Unser Autor Ahmet Refii Dener macht sich so seine Gedanken. Eine Kolumne.

Manche Wohlhabende kaufen sich eine Insel. Auf die Idee, sich ein ganzes Land – nämlich die Türkei – zu kaufen, sind dagegen die Katarer gekommen. Vielleicht wegen der Chinesen, die sich gerade Großbritannien einheimsen. Um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen, brauchten die Katarer einen Kontaktmann vor Ort, der in der Türkei viel bewegen kann. Den fanden sie schnell. Nennen wir ihn Mr. E.

An die große Glocke hängt man das Ganze nicht. Still und leise investieren die Katarer: die türkische Finanzbank, der Pay-TV-Sender Digiturk mit den Süper-Lig Fußballlizenzen, der Mischkonzern Boyner Holding, die ABank, Banvit-Geflügel, BMC Motoren, die Patisserie-Kette Mado und andere – sie alle sind schon katarisch.

Investitionen in Milliardenhöhe

Vergangenes Jahr, auf der Immobilienmesse in Doha, sagte der stellvertretende Präsident der Industrie- und Handelskammer von Katar, dass innerhalb kurzer Zeit 18 Milliarden US-Dollar für Investitionen in die Türkei gezahlt worden seien. Der türkische Wirtschaftsminister teilte kürzlich mit, dass zwischen 2002 und 2017 insgesamt 1,8 Milliarden US-Dollar aus Katar in die Türkei geflossen seien und in diesem Jahr Investitionen von 20 Milliarden US-Dollar aus Katar in die Türkei fließen würden. Die Zahlen verwirren und widersprechen sich.

Ab einem Millionenkauf erhält man einen türkischen Pass

Katarische Geschäftsleute haben außerdem hunderte von Unternehmen in der Türkei gegründet. Der Minister bezifferte die Zahl mit 121 Firmen, die mehr als fünf Milliarden Türkische Lira eingezahltes Kapital haben. Wieder Milliarden, die in keiner Statistik auftauchen. Es sind Kapitalgesellschaften nach türkischem Recht. Was diese hier und da kaufen und investieren, wird nicht als katarische Investition erfasst. Hinzu kommt, dass man bei Immobilienkäufen ab einer Million US-Dollar einen türkischen Pass bekommt. Folglich kaufen die Katarer als Türken weiter ein. Grundstück um Grundstück, Immobilie um Immobilie kaufen sie die Türkei auf.

Vielleicht braucht Mr. E. irgendwann eine Zweitadresse

Die Katarer und auch Araber aus anderen Ländern, sind es gewohnt, andere für sich arbeiten zu lassen. Meine Überlegung ist, dass die Türkei, die so nahe an Europa liegt, für die Menschen aus dem Katar eine hervorragende Zweitresidenzadresse hergibt. Billige Arbeitskräfte gibt es zuhauf. Wer weiß, vielleicht braucht Mr. E. irgendwann mal selbst eine Zweitadresse in Katar?

Nicht nur die Scharia hat also schleichend in der Türkei Einzug gehalten, sondern auch die reichen Katarer.

Ahmet Refii Dener arbeitet als Türkei-Berater. 2017 ist ARDner, wie sich der Blogger (go2tr.de) nennt, nach Berlin gezogen.

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