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Panorama: Einmal Prinzessin Lea sein Lichtschwerter überall

Am 19. Mai startet der letzte „Star Wars“- Film – aber die Fans lassen ein Ende nicht zu. Sie drehen jetzt eigene Fortsetzungen

Sogar der echte Darth Vader wird nach Berlin kommen und mitspielen. „David Prowse hat für den Sommer zugesagt“, bestätigt Stephanie Ziehnert. Er werde aber nicht als Bösewicht zu sehen sein, sondern seinem Alter Ego in einer Szene als Senator gegenübertreten. Für Fans wird das der Höhepunkt sein. Die 21-jährige Stephanie Ziehnert klingt stolz, wenn sie von ihrem Laien-Projekt erzählt. „Operation Incom“ ist ein auf 85 Minuten angelegter „Star Wars“-Fanfilm. Gerade laufen die letzten Vorbereitungen für den ersten Drehtermin am Pfingstwochenende in Berlin. Über 100 Leute werden im „c-base“ in der Rungestraße in BerlinMitte zusammenkommen. Sie werden alle ihre ganze Freizeit, ihre volle Power geben und eines ist gewiss: „Die Macht wird mit ihnen sein“. Wenn alles vorbei ist, verstreuen sie sich wieder über ganz Deutschland, gehen ihren Berufen nach, kümmern sich um ihre Familien – bis zum nächsten Dreh.

Am 19. Mai startet weltweit der letzte originale „Star Wars“-Film „Episode III – Die Rache der Sith“. Dass es der letzte seiner Art sein wird, damit können sich die Fans nicht abfinden. Deshalb drehen sie jetzt überall eigene Fortsetzungen. Welcher weibliche Fan hat sich nicht einmal danach gesehnt, Prinzessin Lea zu spielen, welcher Friedrichshainer Straßenkämpfer sieht sich nicht als unerschrockener Luke Skywalker.

Dieses kreative Potenzial schlägt jetzt voll zu. Eine riesige Trash-Filmwelle rollt auf die Welt zu. Vielleicht müsste eines Tages ein Titel heißen: „Episode 7438 – die Rache der Fans vom rebellischen Planeten Erde“. Allein in Deutschland gibt es vier große Fanfilmprojekte. Ihnen stehen Hunderte Kurzfilme gegenüber. Reich wird man mit Fanfilmen nicht. Sobald ein Cent verdient wird, melden sich die Rechtsabteilungen der Produktionsfirmen. Fanfilme sind eigentlich illegal, weil sie in Lizenzrechte eingreifen. „Operation Incom“ in Berlin hat Glück: „Star Wars“-Erfinder George Lucas toleriert die Ambitionen seiner Fans. Seine Produktionsfirma Lucasfilm hat sogar einen eigenen Fanfilm Award ins Leben gerufen, bei dem jedes Jahr die weltweit besten Amateur-Produktionen geehrt werden.

Im April wurde dort die drei Jahre dauernde Arbeit des Künstlers Shane Felux geehrt. Sein 47-Minuten-Film „Revelations – The Rebellion begins“ ist ein Werk, das inhaltlich und technisch neue Maßstäbe in der Fanfilmkultur setzt. Wie die meisten anderen Filme kann man ihn kostenlos aus dem Internet runterladen.

Irgendwann, so hat sich die „Operation Incom“-Crew vorgenommen, wird auch ihr Film nach Amerika kommen und bei den Awards gezeigt werden. Doch dazu muss das Projekt erstmal anlaufen. 35 Drehtage sind geplant. Seit einem Jahr sitzt Stephanie Ziehnert über Drehbuchseiten, Zeitplänen, Drehgenehmigungen, verhandelt mit Sponsoren, Darstellern und Crewmitgliedern. Die junge Mutter ist damit vollzeitbeschäftigt. Auch ihr Mann, Oliver Günther, ist mit von der Partie, zuständig für Kulissenbau, Design und Spezialeffekte. Vor allem aber für die Requisiten. Vor fünf Jahren gründete er den 200 Mitglieder starken „Star Wars“Kostümclub „German Garrison“. Viele der Kleider und Requisiten, die im Film zu sehen sein werden, stammen aus diesem Fundus. Die Story ist so angelegt, dass die liebevoll gesammelten Stücke zum Einsatz kommen. Zur Blütezeit des Imperiums, also zwischen der vierten und sechsten Episode, gelangen die Rebellen an X-Wing-Jäger. Nur wie? Ein Ingenieur und sein Testpilot stehlen die Konstruktionspläne der Maschinen. Denn der Rüstungsgigant „Incom Corporation“, für den sie arbeiten, wird vom bösen Imperium manipuliert. Das können sie nicht mitmachen. Eine gefahrvolle Reise zu den Rebellen beginnt. Wie viele andere Projekte will „Operation Incom“ eine Lücke schließen, die die Lucas-Saga gelassen hat. Es sind einzelne Szenen oder Halbsätze, die die Fans auf ihre Ideen bringen. Doch es gibt auch Filme, die sich von der klassischen Geschichte entfernen. So spielt „Minions of Xendor“ 25000 Jahre vor Beginn der Saga und zeigt, wie der Orden der Jedi-Ritter zum ersten Mal zerbricht – so lautet zumindest die Idee. Der Produzent, Regisseur und Drehbuchautor des Projekts, Joachim Reinhold, schätzt daran die gestalterische Freiheit. Am 18. Mai veranstaltet der 38-Jährige im Cinemaxx Bremen ein Casting für seinen Film. 120 Rollen sind zu besetzen. Der Finanzwirt, der beim Zoll arbeitet, hofft darauf, dass er ein Studio und den Großteil der Technik gestellt bekommt. Den Besitzer eines Tonstudios hatte Reinhold schon im Boot. Der ist aber wieder ausgestiegen. Auch die Drehorte sind noch nicht gebucht. Angedacht sind Helgoland, das Donautal bei Sigmaringen, Bremen und der Forst Gorgast an der Oder.

Solche Probleme hat „Tydirium“ schon hinter sich. Bei Deutschlands bekanntestem Fanfilm-Projekt sind die letzten Nachdrehs für Juni angesetzt. Jetzt sitzen Phillipp Sauermann, Werner Walossek und ihr Team vor dem Computer, um eine 45-Minuten-Geschichte zu schneiden. Seit fünf Jahren arbeiten gut 100 Leute an dem Film. Ein Ende ist nicht in Sicht. Vor einem Jahr sorgten sie mit einem fast zweiminütigem Teaser für einige Aufregung in der Szene. Eine so hohe technische Qualität hatte man in deutschen Fanfilmkreisen bisher nicht gesehen. Nur die englischen Texte kamen nicht gut an. Zu stark ist der deutsche Akzent zu hören.

Trotz der guten Verbindungen zu unterstützungswilligen Fans und den Zuwendungen eines privaten Sponsors von monatlich 300 Euro drückt das „Operation Incom“-Team Geldsorgen. Bisher hat das Projekt 5000 Euro verbraucht. Insgesamt werden es zwischen 60000 und 80000 Euro werden, schätzt Stephanie Ziehnert. Dass es mehr braucht als nur Ideen und Begeisterung, hat Ziehnert schon früher erfahren. Vor fünf Jahren stieß die damalige Schauspielschülerin im Internet auf das Filmvorhaben „The Lost Episode“. Sie wollte eine Rolle übernehmen. Doch daraus wurde nichts. Das Projekt ging ein. Zu hoch waren die Ansprüche und zu gering das Engagement. Nur noch die Homepage ist aktiv – und kündet von dem großen Traum vom großen eigenen Film.

DER FILMSTART

Am 19. Mai startet der neue und letzte „Star Wars“-Film „Episode III – Die Rache der Sith“ offiziell auf der ganzen Welt. Bei den Filmfestspielen

in Cannes wird er schon nächsten Sonntag gezeigt.

In Berlin findet am

17. Mai eine Vorführung für 1700 geladene Gäste im Theater am Potsdamer Platz statt, zu der auch der Regisseur und Drehbuchautor George Lucas sowie der Darsteller Hayden Christensen kommen.

DIE BERLIN LINE

In der Nacht vom 18. auf den 19. Mai gibt es in Berlin Sondervorstellungen . Doch schon ab dem 15. Mai werden Hunderte kostümierte Fans vor dem Kino am Potsdamer Platz zur „Berlin Line“ kommen, eine Warteschlange, in der sie Tag und Nacht ausharren, Spiele veranstalten und mit Lichtschwertern kämpfen.

DIE FÜNF WICHTIGSTEN FAN-FILME

1. Revelations – The Rebellion begins

2. Knightquest (drei Teile)

3. Troops

4. Dark Redemption (fünf Teile)

5. Bounty Trail

Fanfilme kostenlos runterladen: www.theforce.net/fanfilms/

Birte Hedden

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