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Panorama: Entlaufene Nager: Über den Dächern von Palermo

Signora Maria hat sie "leibhaftig gesehen: sie waren groß wie Katzen", ihre Nachbarin Marta hat sogar "wütende Überfälle auf Schäferhunde" miterlebt, und ein paar Mädchen nahe dem Vicolo Della Spera behaupten, nur durch "halsbrecherische Flucht über den Balkon des ersten Stocks" seien sie dem sicheren Tod entkommen: ganze Schwadronen riesiger Mäuse und Ratten seien plötzlich über sie gekommen.Panik in Siziliens Hauptstadt: Vergangenes Wochenende hatte es Mäuse von den Dächern des Zentrums geregnet.

Signora Maria hat sie "leibhaftig gesehen: sie waren groß wie Katzen", ihre Nachbarin Marta hat sogar "wütende Überfälle auf Schäferhunde" miterlebt, und ein paar Mädchen nahe dem Vicolo Della Spera behaupten, nur durch "halsbrecherische Flucht über den Balkon des ersten Stocks" seien sie dem sicheren Tod entkommen: ganze Schwadronen riesiger Mäuse und Ratten seien plötzlich über sie gekommen.

Panik in Siziliens Hauptstadt: Vergangenes Wochenende hatte es Mäuse von den Dächern des Zentrums geregnet. Keine war größer als das Normalmäuschen, auch fehlt jeder Beleg für Ratten. Aber ein wenig merkwürdig müssen sich die Fußgänger und nahen Wohnungsinhaber schon gefühlt haben, als plötzlich auf den Traufen und Simsen der Häuser zahlreiche der Tierchen herumwieselten und manch eines davon herunterplumpste. Der Grund: Eine alte Frau hatte in ihrer Wohnung hunderte von Mäusen großgezogen und ernährt. Als sie wegen einer akuten Erkrankung ins Hospital musste und die den Tierchen unbekannten Krankenpfleger ins Appartement traten, flüchteten viele aus den Fenstern und kletterten behend auf die Dächer; die übrigen folgten, als die Essensreste weggeputzt und Abfalleimer der Frau geleert waren.

Die städtische Müllbeseitigung versprühte daraufhin Unmengen von Rattengift und Desinfektionsmitteln und erlegte bis zum nächsten Morgen eine stattliche Anzahl der Nager; Jungen schleppten ebenfalls Dutzende von erlegten Bestien an. Am nächsten Tag hatte man bereits dreimal so viele Kadaver gesammelt wie die arme Frau Mäuse in ihrer Wohnung gehalten hatte. "Die haben die Fallen bei sich zu Hause geleert und hierher gebracht", vermutet einer der Hausbewohner, der mit einer Schrotflinte unter dem Arm Vertrauen unter seinen Nachbarn wieder herstellen soll - mehrere alleinstehende Frauen hatten bereits ihre Siebensachen gepackt, um zu Verwandten zu ziehen.

Angesichts der großen Zahl toter Mäuse war auch die Stadtverwaltung beunruhigt: Mäuse- und Rattenalarm kann der nächstes Jahr aus dem Amt scheidende Oberbürgermeister Leoluca Orlando zum Ende seines Mandats nicht gebrauchen, und erst recht nicht im Stadtzentrum. Nur wenige Schritte vom "Mäuseregen-Gäßchen", wie die Palermitaner den Ort mittlerweile nennen, soll Ende des Jahres der Uno-Weltgipfel zur Kriminalität stattfinden; da werden Regierungschefs aus mehreren Dutzend Mitgliedsländern und Hunderte Mitglieder von Delegationen aus aller Welt erwartet. Mit dem Motto "Ein Kammerjäger in jedes Haus" will die Stadt nun den niedlichen Nagern Herr werden. Das allerdings ist gar nicht so leicht. Denn viele Palermitaner lassen, trotz beachtlicher Sanierung vorher herunter gekommener Viertel in der Ägide Orlando, noch immer nicht von der altehrwürdigen Tradition, Müll einfach vor die Tür oder in den Hinterhof zu kippen und Abfalltüten in der Regel auch nicht in die aufgestellten Container zu werfen, sondern überwiegend - aus dem Auto - daneben. Im Zusammenspiel mit dem feucht-heißen Wetter dieser Wochen für Mäuse und Ratten ein schier unerschöpfliches Biotop, das auch bei vier Müll-Leerungen pro Tag schnell neu aufgefüllt ist. Daher erwarten nur wenige Bürger, dass nach Abrücken der Kammerjäger alles besser wird in Sachen Mäuse.

Unglücklich ist die alte Frau, deren Mäuse nun so tragisch regelrecht ausgerottet wurden: "Sie haben doch niemandem etwas zuleide getan", weint sie im Krankenhaus und will nicht in ihre Wohnung zurück. Doch im Hospital wollen sie die Arme auch nicht behalten - aus Angst, sie könnte heimlich ihre Nagetierzucht wieder beginnen.

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