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Zum Schutz der Natur: Immer wieder gab es in den vergangen Monaten Demonstrationen gegen die Ölsuche.

© Cristobal Garcia/dpa

Erfolgreicher Protest auf den Kanaren: Sonnenöl statt Erdöl - Spanischer Konzern zieht sich zurück

Monatelang suchte Repsol vor der Küste der Kanaren nach Bodenschätzen – begleitet von heftigen Protesten. Nun werden die Probebohrungen überraschend eingestellt. Aus Kostengründen, heißt es. Die Inselbewohner sprechen von einem "Sieg des Volkes".

Zwei Monate lag das mächtige Bohrschiff "Rowan Renaissance" genau über jenem Punkt im Atlantik, der von den Ingenieuren mit dem Wort "Sandía" (Wassermelone) auf der Seekarte markiert worden war. Das Bohrrohr schraubte sich rund 800 Meter tief durchs Wasser bis auf den Meeresboden. Von dort stieß der Bohrkopf weitere 2300 Meter ins Innere. Er sollte dabei helfen, lohnende Bodenschätze zu entdecken. Doch nun ist der Traum vom Öl- und Gasreichtum im Bohrloch "Wassermelone" geplatzt. Die umstrittene Suche nach Rohstofflagern rund 54 Kilometer östlich von Fuerteventura wurde überraschend beendet.

Spaniens Energieriese Repsol, der mit Billigung der spanischen Zentralregierung, aber gegen den Protest der Inselbevölkerung, wochenlang mit einer Probebohrung den Meeresboden durchlöcherte, brach die Operation jetzt ab. Weil sich, so Repsol in einer kurzen Mitteilung, die weitere Suche mit Kosten von einer Million Euro pro Tag nicht lohne. Aber wohl auch, weil der Widerstand auf den beliebten Ferieninseln immer größer und der Rohölpreis am Weltmarkt immer kleiner wurde.

Unterschriftenlisten und Gerichtsklagen

Inselpolitiker und Naturschützer, die sich gemeinsam gegen die Ölsuche gewehrt hatten, weil sie Schäden für die Umwelt und den Tourismus fürchteten, feiern nun „den Sieg des Volkes“. Monatelang waren die regionale Regierung der Kanaren, die Tourismusindustrie und Naturschutzverbände gegen die Bohrungen auf die Barrikaden gegangen. Hatten mit Demonstrationen, Unterschriftenlisten und Gerichtsklagen gegen die "Bedrohung durch das Öl" und für eine Zukunft mit sauberen Energien gekämpft

So wie Antonio Hormiga, Chef des Tourismus- und Gaststättenverbandes auf Fuerteventura. "Wir verkaufen Natur, Strand und Umwelt", gab er zu bedenken. Das Risiko der Öl-Operation sei groß: "Wenn etwas passiert, sind die Folgen nicht wieder gutzumachen." In einer scharfen Protestresolution an die EU-Kommission hieß es: "Eine Ölpest wie diejenige, die sich 2010 im Golf von Mexiko ereignete, wäre ein Desaster für die Zukunft des Archipels."

Fischerboote, Freizeitkapitäne und Umweltaktivisten hatten die Bohrflotte mit ihren Schiffen umringt. Protestplakate wie "Haut ab" und "Wir wollen keine Bohrungen und kein Öl" wehten im Wind. Der schwimmende Protestzug wurde jedoch von einer spanischen Marinefregatte auf Abstand gehalten. Es kam sogar zu einem kleinen "Seekrieg": Drei Greenpeace-Schlauchboote, die trotz Verbotes auf das Bohrschiff zusteuerten, wurden von der Marine attackiert und derart hart abgedrängt, dass zwei Aktivisten dabei verletzt wurden.

Imageschaden für den Konzern

Doch der Protest war erfolgreich: Der Energiekonzern Repsol, der mit Unterstützung der Zentralregierung in Madrid den Meeresboden durchwühlt hatte, zog sein Bohrschiff ab und schickte es umgehend zur angolanischen Küste, wo die Rohstoffsuche erfolgversprechender sei. Man habe vor den Kanaren zwar in der Tiefe Öl- und Gasvorkommen gefunden. Die Rohstoffblasen seien aber "mit Wasser gesättigt" und bestünden aus "nicht nutzbaren dünnen Schichten", teilte der Konzern mit. Auf weitere Bohrungen vor den Kanaren werde man daher ganz verzichten, hieß es beim Unternehmen Repsol, dessen Image durch die umstrittene Ölsuche heftig gelitten hatte.

"Das ist ein Triumph der gesamten Gesellschaft und der Kanarischen Inseln", jubelte Paulino Rivero, Ministerpräsident der Inselregierung, die von der regional verwurzelten "Kanarischen Koalition" gestellt wird. Fast 75 Prozent der Inselbevölkerung hatten sich in Umfragen gegen die Öl- und Gassuche ausgesprochen. In dem Gebiet leben auch Wale und Delfine.

Spaniens konservative Zentralregierung hatte die Bohrungen gegen den entschiedenen Widerstand der Inseln genehmigt, was ihr von Rivero den bösen Vorwurf einbrachte, die vor Westafrika liegende Kanaren-Region „wie eine Kolonie“ zu behandeln. Riveros Zorn wuchs noch, als ihm die Regierung in Madrid auch eine Volksabstimmung verbot, mit der er die Insulaner zum Öl befragen wollte. Die Zentralregierung habe "das Interesse eines privaten Unternehmens" über das Wohl "einer breiten Bürgermehrheit" gestellt, klagte Rivero. Und er mutmaßte, dass vielleicht Schmiergeld geflossen sein könnte.

Übrigens wurde auf der anderen Seite der kanarischen Atlantik-Seegrenze, in den Gewässern des afrikanischen Nachbarn Marokko, in den vergangenen Monaten ebenfalls nach "schwarzem Gold" gesucht. Doch auch dort kamen mehrere Rohstoffkonzerne nach ersten Probebohrungen zu dem Schluss, dass sich die Förderung wohl eher nicht lohne.

"Rettet die Inseln"

Auf den Kanaren mit den bekannten Inseln Teneriffa und Gran Canaria wird dies von den meisten Menschen als gute Nachricht angesehen. Die paradiesische Vulkan-Inselgruppe und ihre 2,1 Millionen Bewohner, welche mit Parolen wie "Lieber Sonnenöl als Erdöl" und "Rettet die Kanarischen Inseln" die Weltöffentlichkeit aufgerüttelt hatten, leben vor allem vom Tourismus. Jedes Jahr machen rund zwölf Millionen ausländische Urlauber auf den Inseln Station – und es werden stetig mehr: Die Besucherzahlen stiegen in 2014 um mehr als zehn Prozent.

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