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Panorama: Erste Klasse, jetzt ganztägig

Seit gestern sind die Grundschulen für die Betreuung der Kinder am Nachmittag verantwortlich. Noch ist nicht klar, für wie viele

Um 6.05 Uhr waren gestern Morgen die Ferien an der Britzer Bruno-Taut-Grundschule vorbei: Die beiden ersten Hortkinder standen vor der Tür. Nach und nach kamen immer mehr Kinder, spielten im Freien, turnten an den neuen Kletterwänden. Später wurde ihnen in der hochmodernen Mensa ein Mittagessen serviert.

Was aussieht wie aus einem finnischen Werbefilm, ist jetzt in vielen Berliner Schulen Realität: Seit dem 1. August sind die Grundschulen Ganztagsschulen und damit verantwortlich für die Horte und Kitas. Der Bund und das Land haben für die Umstellung der Grundschulen auf Ganztagsbetrieb bis 2008 162 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, unter anderem für Umbaumaßnahmen.

Noch wird an vielen Orten gehämmert und gestrichen, manche Baustelle wird noch bis ins nächste Jahr bestehen bleiben, aber langsam kommt das zum Vorschein, was sich Politiker und Eltern seit Pisa wünschen: dass Schule mehr ist als ein Klassenzimmer mit Schulhof, nämlich Aufenthaltsort über den Unterricht hinaus.

Nicht nur die 64 Ganztagsschulen mit Pflichtprogramm von acht bis 16 Uhr profitieren von den Bundesmitteln, sondern auch die rund 300 Schulen, die lediglich einen freiwilligen Hortbetrieb anbieten. Für sie war der 1. August ein „historischer Einschnitt“, wie es Bildungssenator Klaus Böger (SPD) gestern ausdrückte. Ein Einschnitt vor allem in den West-Bezirken, im Ostteil der Stadt war es auch bisher schon üblich, dass die Horte zu den Schulen gehörten.

Die Umstellung war in den letzten Monaten mit viel Skepsis und Sorge begleitet worden. Noch ist nicht klar, ob sie an allen Schulen gemeistert wird, denn gestern war nur die Generalprobe. Ernst wird es, wenn kommenden Montag der Unterricht beginnt. Viele Eltern werden erst dann einen Antrag auf einen Hortplatz stellen. Wie groß die Nachfrage sein wird, steht noch nicht fest.

Bisher gibt es nur Schätzungen, sagte Böger gestern in der Taut-Schule. Er rechnet mit rund 54 000 Kindern, die einen Hortplatz wollen. Damit sie alle betreut werden können, wurden rund 2000 Erzieherinnen von den Kita- an die Schulhorte versetzt.

Wenn sich mehr Schüler als erwartet für den Hort bewerben, kann es in einigen Schulen Probleme geben: Gerhard Schmid, bildungspolitischer Sprecher der CDU, fürchtet, dass die Aufenthaltsräume zu eng werden. Er teilt mit etlichen Schulleitern die Sorge, dass vor allem zwischen 13 und 16 Uhr nicht genügend Erzieher da sein werden und die Gruppen von 22 auf über 30 Kinder anwachsen. Unklar ist auch, ob die Zusammenarbeit zwischen Schulen und privaten Hortträgern klappen wird. Immerhin 87 Schulen haben sich für eine solche Kooperation entschieden. Nur wenige Kinder werden nicht im unmittelbaren Umfeld der Schule betreut, sondern müssen weitere Wege von über 300 Metern zurücklegen.

Um einen Überblick über die Probleme im Zusammenhang mit der Hortverlagerung zu bekommen, hat der Grundschulverband die Schulen aufgefordert, bis kommenden Freitag einen Fragebogen zu beantworten.

Infos zum Fragebogen bei inge.hirschmann@gmx.de, peterheyer@snafu.de.

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