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Panorama: Erstes Duell zwischen Verteidigung und Anklage

Eröffnungsplädoyers im Prozeß um das Bombenattentat in Oklahoma / Geschworene von Kameras und Zuschauern abgeschirmtVON ROBERT VON RIMSCHA DENVER.Zunächst verliest der Mann alle 168 Namen der Opfer des Bombenanschlages von Oklahoma City.

Eröffnungsplädoyers im Prozeß um das Bombenattentat in Oklahoma / Geschworene von Kameras und Zuschauern abgeschirmtVON ROBERT VON RIMSCHA DENVER.Zunächst verliest der Mann alle 168 Namen der Opfer des Bombenanschlages von Oklahoma City.Das hatte jeder von der Anklage erwartet, nicht aber von der Verteidigung.Stephen Jones, der Staranwalt des Angeklagten Timothy McVeigh, war wieder einmal für eine Überraschung gut.Der Mann, der verhindern will, daß McVeigh als Hauptverantwortlicher für den verheerendsten Terroranschag, den es auf amerikanischem Boden je gegeben hat, zum Tode verurteilt wird, wollte zeigen, daß auch die Verteidigung den Anschlag für schrecklich hält.Und er wollte seine Gewißheit demonstrieren, daß die Strafverfolgungsbehörden den Falschen geschnappt haben. Die Auswahl der Geschworenen für den Prozeß in Denver hat fast vier Wochen gedauert.Am Donnerstag ging es mit den Eröffnungsplädoyers von Staatsanwalt und Verteidigung richtig los.Zwölf Amerikaner, sieben Männer und fünf Frauen, werden über McVeighs Schuld oder Unschuld befinden.Vier der Männer waren wie McVeigh beim Militär.Sechs Alternativ-Juroren stehen bereit.Alle 18 sind grundsätzlich bereit, die Todesstrafe zu erwägen.Wie die Geschworenen auf die Eröffnungsanträge der Anwälte reagierten, blieb der Öffentlichkeit verborgen.Der Richter verbot nicht nur - wie in Sensationsprozessen üblich -, daß Kameras die Geschworenen zeigen.Er ordnete auch an, daß die Namen der Jury-Mitglieder geheimgehalten werden und daß eine Sichtblende sie dem Blick der Prozeßbeobachter entzieht.Nur der Angeklagte und die Anwälte beider Seiten haben direkten Blickkontakt mit den Geschworenen. McVeighs Anwalt führte fast sechs Stunden lang aus, warum alles, was die Staatsanwaltschaft in den nächsten Monaten an Beweisen präsentieren wird, unzuverlässig ist.Er wies auf den Untersuchungsbericht des Juistizministeriums hin, der dem untersuchenden FBI-Labor schwere Schlamperei vorwirft, und beschuldigte die Laborexperten der "forensischen Prostitution", da sie sich einseitig auf die Seite der Anklage gestellt hätten.Er wies auf den Zeugen hin, der einen "kleinen, untersätzten, dunkelhaarigen" Mann gesehen haben will.McVeigh ist schlank, groß und blond. Jones Auftritt war exzellent, doch er hatte auf einen Ankläger zu antworten, der ebenfalls kraftvoll und überzeugend wirkte.Joseph Hartzler, der im Rollstuhl sitzende Staatsanwalt, sprach nur knapp zwei Stunden lang.Er wollte die Erinnerung an den Anschlag am 19.April 1995 wachrufen.McVeigh habe geglaubt, eine zweite amerikanische Revolution lostreten zu können.Bundesangestellte wie die in dem zerstörten Verwaltungsgebäude habe er für Mitarbeiter eines teuflischen Systems gehalten; und ihr Blut habe er in den Straßen Oklahomas sehen wollen.Auf den Tag genau zwei Jahre nach dem Sturm der "Bundespolizei für Alkohol, Tabak und Schußwaffen" auf die Festung der Davidianer im texanischen Waco habe er Rache nehmen wollen.Die Indizien, so Hartzler, seien lückenlos. Am Freitag wurden die ersten der über 300 Zeugen vernommen, darunter eine Anwältin, die im Gebäude gegenüber ein Gespräch auf Band mitschnitt, als die Bombe hochging und 168 Menschen in den Tod riß.Das Tonband endet mit einem dumpfen Donnergrollen.

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