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Charlotte Roche gehört zu den Unterzeichnern des Manifests "Wir sind die Urheber".

© picture alliance / dpa

Eskalation im Urheberstreit: Anonymous greift Künstler an

Der Hass zwischen Künstlern und Nutzern verschärft sich. Hacker haben persönliche Daten von Autoren veröffentlicht, die zuvor das Manifest "Wir sind die Urheber" unterzeichnet hatten.

Von Anna Sauerbrey

Der Streit um das Urheberrecht hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. Im Namen des Hackerkollektivs Anonymous wurden am Montag im Internet persönliche Daten von rund 50 Schriftstellern und Künstlern veröffentlicht, darunter Charlotte Roche, Daniel Kehlmann, Julia Franck, Sven Regener und Moritz Rinke. Sie gehören zu den Unterzeichnern des Manifests „Wir sind die Urheber“, das am vergangenen Donnerstag in der „Zeit“ erschienen ist. Darin hatten die Künstler für eine Stärkung des Urheberrechts plädiert. Sie schrieben: „Die alltägliche Präsenz und der Nutzen des Internets in unserem Leben können keinen Diebstahl rechtfertigen und sind keine Entschuldigung für Gier oder Geiz.“

Ins Netz gestellt wurden die Daten auf der Seite „Pastebin“, die das Veröffentlichen von Dokumenten ohne Registrierung ermöglicht. Das Dokument enthält Anschriften, Festnetztelefonnummern und teilweise auch Geburtsdatum und -ort der betroffenen Künstler. Die Daten, die zumindest in Teilen authentisch sind, stammen vermutlich von Meldeämtern und aus Telefonbüchern, sie sind also nicht „gehackt“ worden. Eine inhaltliche Erklärung, warum die Daten veröffentlicht wurden, enthält das Dokument nicht. Am Ende aber drohen der oder die Autoren: „Das war Teil 1. Wenn ihr nicht mit diesem Scheiß aufhört, werden wir weiter doxen.“ Als „doxen“ wird im Netz das Mobbing durch die Veröffentlichung persönlicher Daten bezeichnet. Wie so oft, wenn etwas im Namen von „Anonymous“ geschieht, ist auch in diesem Fall kaum zu klären, ob es sich um eine konzertierte Aktion oder um das Werk eines Einzelnen handelt. In jedem Fall gibt die Veröffentlichung der zuletzt vielstimmig und lebendig geführten Debatte um das Urheberrecht eine neue Richtung. Zahlreiche Künstler haben in den vergangenen Wochen öffentlich das Wort ergriffen, um ihre Rechte zu verteidigen und gegen die pauschale Verurteilung von Verlagen, Musiklabels und Rechteverwertungsgesellschaften im Netz zu protestieren. Den Anfang hatte der Schriftsteller und Musiker Sven Regener gemacht, eine Gruppe von „Tatort“-Autoren und über 6000 Schriftsteller und Künstler meldeten sich zu Wort.

Künstler und Netzaktivisten verurteilten die Anonymous-Aktion. Der Schriftsteller und Tagesspiegel-Kolumnist Moritz Rinke erfuhr von der Veröffentlichung seines Wohnortes und seiner Telefonnummer von Journalisten. Mit einer solchen Attacke habe er nicht gerechnet, sagte Rinke, das sei „ziemlich irrsinnig“. Für die heftige Reaktion im Netz auf das Manifest zeigte Rinke Verwunderung: „Die Debatte hat eine absurde Aufgeladenheit erreicht, der es eigentlich gar nicht bedürfte“, sagte er. Mit dem Manifest hätten die Künstler lediglich erklären wollen, warum die Arbeitsteilung zwischen Verlagen und Schriftstellern sinnvoll sei. Auch der Chaos-Computer-Club distanzierte sich. Dessen Sprecher Frank Rieger twitterte: „Seufz. Das AnonymousLabel wurde auch schon mal für sinnvollere und zielführende Aktionen benutzt. Künstler bedrohen ist wirklich dumm.“

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