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Update

Explosion am Flugzeug: Rolls Royce überprüft Triebwerke

Weil ein Triebwerk in Brand geriet, musste ein Riesen-Aibus des Typs 380 in Singapur notlanden. Welche Konsequenzen hat der bisher schwerste Zwischenfall des Flugzeugs?

Der Triebwerkhersteller Rolls Royce hat nach dem Unfall eines Qantas-Airbus A380 die Überprüfung aller Motoren des gleichen Typs angekündigt. „Die Gruppe fühlt sich verantwortlich zu empfehlen, dass einige grundlegende Kontrollen durchgeführt werden“, hieß es in einer Mitteilung von Rolls Royce. Die Serie der bisher eingesetzten Triebwerke mit dem Namen Trent 900, die bei dem Unglücks-Airbus der Fluglinie Qantas eingebaut waren, sei klein und relativ neu.

Rolls Royce versicherte, eng mit seinen Kunden zusammenzuarbeiten, während die Untersuchung des Triebwerkausfalls weitergehe. „Diese ist jedoch noch in einem sehr frühen Stadium und es wäre unangebracht, zum jetzigen Zeitpunkt schon Rückschlüsse zu ziehen“, hieß es in der Mitteilung vom späten Donnerstagabend.

Zu der Ursache für den Schaden an dem von Rolls-Royce hergestellten Triebwerk sagte Qantas-Chef Alan Joyce am Freitag bei einer Pressekonferenz in Sydney, vermutlich handle es sich um einen Materialfehler oder einen Fehler in der Konzeption. "Wir glauben nicht, dass es etwas mit der Wartung zu tun hat." Die Maschine war zum Service-Check bei Lufthansa-Technik in Frankfurt Anfang Oktober in Deutschland, bestätigte der Lufthansa-Sprecher Frank Püttmann am Freitag in Singapur. Bei der Wartung seien aber nicht die Triebwerke geprüft worden. „Bei der Maschine ist ein C-Check durchgeführt worden, das lässt sich mit der Inspektion eines Autos vergleichen“, sagte Püttmann.

Rolls-Royce hatte die Fluggesellschaften, die den A380 einsetzen, aufgerufen, das speziell für den Superjumbo entwickelte Triebwerk Trent 900 zu überprüfen. Die Lufthansa strich daher am Donnerstagabend den Einsatz eines A380 für einen Flug von Frankfurt nach Johannesburg, wollte die Maschinen aber nicht generell aus dem Verkehr ziehen. Laut Joyce will Qantas spätestens am Sonntag wieder seine A380-Flugzeuge einsetzen. „Wir denken, dass in den kommenden 24 bis 48 Stunden die Überprüfungen aller A380 abgeschlossen sein werden“, sagte er. „Wenn wir nichts Negatives finden, werden die Flugzeuge wieder eingesetzt.“ Singapore Airlines kündigte am Freitag an, nach einer Überprüfung ihrer Flotte aus elf A380 seien die Flüge mit dem Superjumbo wieder aufgenommen worden.

Die Maschine mit der Flugnummer QF 32 war auf dem Weg von London nach Sydney mit Zwischenstopp in Singapur. Kurz nach dem Start trat der „schwere Triebwerksschaden“ wie Qantas den Vorfall umschrieb, auf. Airbus sprach von einem „bedeutenden“ Vorgang. Der Konzern fuhr am Donnerstag trotz der Aufregung um den A 380 einen Riesenauftrag ein: China bestellte mehr als 100 Flugzeuge für etwa 10 Milliarden Euro.

Das Flugzeug war mit 459 Menschen an Bord praktisch voll besetzt. Darunter der Deutsche Ulf Waschbusch. „Der Start verlief ganz normal“, sagte der 33-Jährige aus dem Saarland. „Nach fünf Minuten hörten wir dann plötzlich einen Knall, von links. Ich sah dort dann Teile aus dem Flügel brechen.“ Man bekomme Panik und frage sich: „Was passiert als nächstes?“ Die Maschine sei aber ruhig weitergeflogen. „Es hat nichts geruckelt, so waren wir alle ziemlich schnell beruhigt.“ Die Piloten hätten die Passagiere auf dem Laufenden gehalten. Die Landung sei unspektakulär verlaufen.

Wie kam es zu dem Unglück?

Das wird noch untersucht, fest steht nur, dass es im hinteren Bereich des Triebwerks (Trent 900) zu einer Explosion kam, bei der metergroße Stücke aus der Verkleidung gerissen wurden. Teile davon durchschlugen die Tragfläche. Dabei blieb der darin befindliche Kerosintank unbeschädigt. An der Explosionsstelle befindet sich der Turbinenbereich, für den am 4. August durch die europäische Luftsicherheitsbehörde EASA zusätzliche Kontrollen angeordnet worden waren, weil Inspektionen verstärkte Abnutzung an einem Verbindungsteil gezeigt hatten.

Airbus unterstützt nach Angaben eines Sprechers ebenso wie Triebwerkshersteller Rolls-Royce die Ermittlungen der örtlichen Behörden. Teile des Triebwerks werden nach Angaben von Qantas-Manager Alan Joyce zur Untersuchung voraussichtlich nach Deutschland geschickt. Im thüringischen Arnstadt haben Rolls-Royce und Lufthansa einen gemeinsamen Wartungsbetrieb. Auch Dahlewitz bei Berlin kommt infrage. Dort hat der Triebwerkshersteller im Mai sein globales Testzentrum eröffnet. Die Maschine war laut Airbus im September 2008 ausgeliefert worden und absolvierte seitdem 831 Flüge, insgesamt 8165 Flugstunden.

Kann die Asche des Vulkans Merapi etwas mit dem Zwischenfall zu tun haben?

Dieser Gedanke ist nahe liegend, schließlich ist der Vulkan Merapi auf der indonesischen Insel Java derzeit aktiv und schleudert Asche in die Luft. Experten halten es jedoch für ausgeschlossen, dass der A 380 in dessen Aschewolke geriet und deren Partikel zum Triebwerksschaden führten. Das Trent explodierte wenige Minuten nach dem Start über der südlich von Singapur liegenden Insel Batam. Die befindet sich rund 800 Kilometer nordwestlich von Java. Die Aschewolke des Merapi erstreckte sich jedoch über dem zentralen Teil von Java sowie etwas südlich davon. Das indonesische Verkehrsministerium hat ebenfalls Spekulationen über einen Zusammenhang zwischen Triebwerksschaden und Vulkaneruption zurückgewiesen. Allerdings rät das Ministerium, den Luftraum um den Vulkan zu umfliegen.

Wie reagieren Behörden und Airlines?

„Wir nehmen den Vorfall sehr ernst“, sagte EASA-Sprecher Jeremie Teahan. Man stehe in Kontakt mit Airbus und Rolls-Royce. Zuständig für die Untersuchung ist die australische Luftsicherheitsbehörde, da sich der Vorfall in einem australischen Flugzeug in der Luft ereignete.

Rolls-Royce ordnete eine Überprüfung aller Trent-900-Triebwerke an. Es handele sich um wenig aufwendige Kontrollen, die man bei den normalen Bodenzeiten der Maschinen erledigen könne, sagte Thomas Jachnow von der Lufthansa, die derzeit drei A 380 mit Trent-900-Triebwerken betreibt. Man sehe keinen Grund, die Maschinen so wie bei der Qantas vorerst aus dem Verkehr zu ziehen. Singapore Airlines hat dagegen wegen der Kontrollen am Donnerstag alle A 380-Flüge für Stunden ausgesetzt. Der größte A-380-Betreiber, die Fluggesellschaft Emirates, hatte für ihre A 380 das Konkurrenztriebwerk GP7200 von Engine Alliance gewählt, ebenso wie Air France. Mindestens ein Imageschaden kann für den Airbus-Mutterkonzern EADS entstehen. Der Aktienkurs des Unternehmens fiel an der Pariser Börse um knapp vier Prozent. Auch Rolls-Royce-Aktien gaben in London um fünf Prozent nach. Die Lufthansa stoppte bisher eine Maschine.

Gab es ähnliche Vorfälle mit dem A 380?

Tödliche Unglücke hat es noch nicht gegeben, aber Zwischenfälle: Im September 2009 musste ein A 380 von Singapore Airlines im Flug nach Paris zurückkehren, nachdem eines der vier Triebwerke ausgefallen war. Der Riesenflieger kann aber auch mit nur drei Triebwerken fliegen. Im April platzten bei einer Qantas-A-380-Maschine bei der Landung in Sydney zwei Reifen. Es gab keine Verletzten.

Was ist der A 380 für ein Flugzeug?

Es ist das weltgrößte Passagierflugzeug und lief mit seiner Einführung dem Jumbo 747 des US-Konkurrenten Boeing den Rang ab. Mehr als 500 Menschen finden darin Platz. Die Tragflächen sind so groß, dass darauf 70 Autos parken könnten. 2005 absolvierte der A 380 seinen Jungfernflug. Zwei Jahre später nahm der Riese den regulären Flugbetrieb auf.

Die Auslieferungen an die Fluggesellschaften hatten sich mehrfach verzögert. Bis Oktober 2010 gab es 234 Bestellungen; bisher wurden 37 Maschinen ausgeliefert. Weltweit sind fünf Fluggesellschaften Kunden des A 380: Lufthansa mit drei Maschinen, Emirates mit 13, Qantas mit sechs, Air France-KLM mit vier und Singapore Airlines mit elf.

Wie sicher ist Qantas?

In der Vergangenheit kam es wiederholt zu schweren Zwischenfällen. Am 30. August hatten kurz nach dem Start einer Boeing 747-400 in San Francisco Teile eines ebenfalls von Rolls-Royce gebauten RB211-Triebwerks aufgrund eines technischen Defektes die Verkleidung durchschlagen und die Tragfläche beschädigt. Der Jumbo-Jet musste nach San Francisco zurückkehren. Am 7. Oktober 2008 war ein Airbus A 330-300 auf dem Flug von Singapur nach Perth aufgrund eines Fehlers im Steuerungscomputer zweimal hintereinander in einen Sturzflug geraten. Elf Passagiere und ein Besatzungsmitglied wurden schwer, 107 Personen leicht verletzt. Am 22. Juli 2008 explodierte im Frachtraum einer Boeing 747-400 auf dem Flug von Hongkong nach Melbourne einer der Sauerstoffcontainer der Notversorgung und riss ein drei Quadratmeter großes Loch in den Rumpf. Es kam zu einem Druckabfall, die Maschine musste notlanden. Es gab keine Verletzten. In allen Fällen dauern die Untersuchungen an.

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