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Auch der berühmte Große Basar aus dem 15. Jahrhundert in Istanbul, ein Touristenmagnet, ist nach wochenlanger Schließung wegen der Coronakrise nun wieder geöffnet.

© Emrah Gurel/AP/dpa

Extra-Extra-Wurst für die Touristen: Die Türkei versucht mit allen Mitteln, Urlauber ins Land zu bekommen

Für die Türkei gilt weiter Reisewarnung. Nun soll ein ausgeklügeltes System von Sonderregelungen Besucher anlocken. Doch die Infektionsrate steigt wieder.

Mit einer neuen Initiative will die Türkei bei der EU erreichen, dass die Corona-Reisewarnung für das Urlaubsland so schnell wie möglich aufgehoben wird.

Bei einer Krisenberatung von Tourismusminister Mehmet Ersoy mit Reiseveranstaltern wurde jetzt beschlossen, ausländische Touristen von den geltenden Ausgangssperren für alte Menschen und Kinder in der Türkei auszunehmen: Während Türken über 65 und unter 18 Jahren zu Hause bleiben müssen, dürfen ältere Urlauber und Kinder ohne Einschränkungen auf die Straße.

An diesem Montag will Ankara der EU die Pläne unterbreiten. Wenn Deutschland zustimme, würden andere EU-Länder folgen, hofft die türkische Regierung. Doch ausgerechnet zum Auftakt der Vertrauens-Kampagne schnellt die Zahl der Corona-Infektionen in der Türkei wieder in die Höhe.

Dass EU und Deutschland für Großbritannien, ein Land mit mehr als 40.000 Corona-Toten, die Reisewarnung aufheben, aber die Türkei mit ihrem relativ guten Stand von weniger als 5000 Todesopfern weiter als gefährlich einstufen, will die Regierung in Ankara nicht hinnehmen.

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Der deutsche Tüv und andere Institutionen sollen türkische Hotels, Flughäfen und Busunternehmen überprüfen und Corona-Zertifikate ausstellen, um Besucher zu überzeugen. „Wir treffen alle nötigen Vorkehrungen“, schrieb Außenminister Mevlüt Cavusoglu in einem Beitrag für die italienische Zeitung „Il Messaggero“. Die Türkei sei für Urlauber sicher.

Bei Symptomen kostenloser Corona-Test

Ein ausgeklügeltes System soll den Besuchern die Angst vor einer Ansteckung in den Ferien nehmen, wie nach der Telefonbesprechung von Minister Ersoy mit den Reiseunternehmern verlautete. Bei allen ankommenden Touristen wird nach der Landung Fieber gemessen. Bei einer Körpertemperatur von über 37,8 Grad erhält der Betroffene einen kostenlosen Corona-Test; das Ergebnis soll innerhalb einer Stunde vorliegen. Sollte eine Quarantäne nötig sein, wird diese die Touristen ebenfalls nichts kosten. In den Hotels herrscht Maskenpflicht für Angestellte, nicht aber für Besucher.

Auch wenn ein Urlauber während der Ferien plötzlich Symptome entwickelt, ist ein Corona-Test im nächsten Staatskrankenhaus kostenlos. Reiseveranstalter werden aufgefordert, ihren Kunden für den Fall der Fälle eine kostenlose Umbuchung des Rückfluges zu ermöglichen.

Sollte eine zweite Corona-Welle ausbrechen, sollen alle Touristen in ihre Heimatländer zurückgeflogen werden. Urlauber werden sich zudem mit einer Extra-Versicherung für höchstens 30 Euro gegen mögliche Corona-Behandlungskosten von bis zu 7000 Euro absichern können.

Türkische Kliniken haben noch Reserven

Die türkischen Kliniken sind gut ausgestattet und wurden während der Coronakrise nie an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit gebracht. Auch mit diesem Pluspunkt will die türkische Regierung werben. Laut neuesten Angaben des Gesundheitsministeriums liegt die Zahl der Infektionen in der Türkei bei unter 180.000, die Zahl der Todesopfer bei 4800. Mit rund 80 Millionen Menschen hat die Türkei etwa so viele Einwohner wie Deutschland, wo bisher rund 187.000 Infektionen und knapp 8800 Tote gezählt wurden.

Internationale Flugverbindungen gibt es in der Türkei seit einigen Tagen auch wieder. Besonders im Juli hoffe er auf eine Zunahme der Reisen, sagte Tourismusminister Ersoy. Als einer der wichtigsten Devisenbringer wird der Fremdenverkehr wegen der Pandemie in diesem Jahr bei weitem unter den Einnahmen von 31 Milliarden Euro für 2019 bleiben. Doch Ankara will von der Saison retten, was zu retten ist.

Aktuell steigen die Fallzahlen wieder an

Nicht nur die bisherige Weigerung von Deutschland und anderen Ländern, die Reisewarnungen für die Türkei aufzuheben, bringt dieses Ziel in Gefahr. Nach einer kürzlichen Lockerung der Corona-Beschränkungen – seit zwei Wochen dürfen Restaurants und Cafés wieder öffnen, innertürkische Reisebeschränkungen wurden aufgehoben – steigt die Zahl der Infektionsfälle wieder an.

Die Zahl der täglichen Neuansteckungen liegt wieder weit über der Marke von 1000. Die Zahl der Patienten auf Intensivstationen sei an der Obergrenze der Voraussagen, warnte Gesundheitsminister Fahrettin Koca. „Falscher Optimismus“ bei den Bürgern sei der Grund dafür.

Der Mediziner Tevfik Özlü, Mitglied im wissenschaftlichen Corona-Beirat der Regierung, sieht in dem neuen Anstieg einen „Weckruf“. Die Türken dürften sich nach den jüngsten Lockerungen nicht so verhalten, als sei alles überstanden, schrieb er auf Twitter. Jetzt sei nicht die Zeit für Partys. Wenn sich der Trend verstetigt, dürfte die Frage nach einer Wiedereinführung der generellen Ausgangssperren in Städten wie Istanbul auf die Tagesordnung kommen. Doch solche Zwangsmaßnahmen würden ausländische Touristen eher abschrecken als beruhigen.

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