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Panorama: Feiern gegen die Konjunktur

Wirtschaftsminister Clement entfacht eine Debatte um die Zahl der Feiertage – verzichten für den Aufschwung?

Von Andreas Oswald

Feiertage sind eine gute Sache. Man bekommt einen Zuschlag beim Arbeiten, oder kann endlich einmal die Arbeiten erledigen, die schon seit ein paar Tagen liegen. Es gibt auch Leute, die Feiertage feiern. Doch Vorsicht: „Auf viele Feiertage folgt selten ein guter Werktag“, sagt ein altes deutsches Sprichwort. Und der Dichter Jean Paul (1763 - 1825) schrieb: „Das schönste an einem Feiertag ist die Aussicht auf einen zweiten. Daher ist der letzte stets ein Aschermittwoch.“

„Lieber Feste feiern als feste arbeiten“, ist dagegen eine Losung, die die lebenslustige Gloria von Thurn und Taxis einmal ausgab.

Unser Wirtschaftsminister hat da eine andere Einstellung. Seiner Meinung nach sollen die Deutschen wieder länger arbeiten. Die vielen Feiertage seien mit die Ursache dafür, dass die Konjunktur nicht in Gang komme. „Wir sind, was Urlaubszeit, Feiertage und Arbeitszeit angeht, zweifelsohne an der Grenze angelangt“, sagte er dem „Stern“. „Wer unseren Feiertagskalender mit dem anderer Staaten vergleicht, der kann auch ins Grübeln kommen.“ Clement verwies darauf, dass im nächsten Jahr das Wirtschaftswachstum bis zu 0,5 Prozent höher ausfallen werde, weil eine Reihe von Feiertagen auf Wochenenden falle. Die Streichung eines Feiertags würde der Wirtschaft rund 3,5 Milliarden Euro im Jahr bringen, rechnete das Münchner Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung aus.

Bei Flaute ein zusätzliches Segel?

Auch das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hält eine längere Arbeitszeit für einen Weg aus der Flaute. Das Institut rechnete aus, dass mit einer Verlängerung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde ohne Lohnausgleich noch in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent erreicht werden könnte.

Für den Aufschwung auf Feiertage verzichten? Eine ganz andere Rechnung macht Gustav Horn auf, der Leiter der Konjunkturabteilung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Er spricht von einer „Milchmädchenrechnung“. Ein Feiertag weniger würde nichts bringen. Wegen der schwachen Nachfrage bestehe kein Bedarf nach einem längeren Arbeitseinsatz. Etwas anderes wäre das bei einer Hochkonjunktur. Doch in der gegenwärtigen Lage sei das so, „wie wenn Sie bei einer totalen Flaute ein zusätzliches Segel setzen“.

Auch Christoph Lang, Sprecher der Berliner Wirtschaftsverwaltung, glaubt nicht an einen Konjunktureffekt. Durch den Wegfall eines Feiertages würde die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich verlängert. Es käme nicht zu einer größeren Nachfrage, es werde keine zusätzliche Arbeit geschaffen.

Auffallend ist, dass die Zahl der Feiertage nicht unmittelbar einen Einfluss auf die Wirtschaft hat. Bayern und Baden-Württemberg haben die meisten Feiertage und haben das höchste Sozialprodukt. Das wirtschaftliche Schlusslicht Bremen dagegen hat die wenigsten Feiertage (siehe nebenstehenden Kasten). Clement verweist in seinem Vorstoß auf andere Länder, die weniger Feiertage haben. Es gibt auch welche, die mehr haben. Die Japaner haben 15 Feiertage. Fällt einer auf das Wochenende, ist er nicht verloren, sondern wird auf den Montag gelegt. Die Japaner hielten das für ökonomisch sinnvoll und setzten diese Regelung als Konjunkturspritze ein. Der Mensch soll nicht nur arbeiten, er soll auch Zeit haben, Geld auszugeben. Er soll in Restaurants gehen, ins Kino, sich vergnügen. Mancher in Deutschland beklagt sich über eine lange Strecke zwischen Pfingstmontag und dem Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober. Andere sind darüber froh, weil sie unter Feiertagsstress leiden. Und was ist mit der debattierten Einführung des 17. Juni als Feiertag? Wird Clement dann im Gegenzug die Normen erhöhen? Nein, wenn der 17. Juni kommt, dann wird ein anderer Tag gestrichen. Der 1. Mai zum Beispiel. Das gibt dann schon wieder einen Aufstand.

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