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Ein Fall, der berührt: Viele Menschen haben dem Zoo kondoliert.

© dpa

Feuer im Krefelder Affenhaus: Warum uns die Zoo-Tragödie so bewegt

Acht Menschenaffen sind verbrannt. Letztlich aus Gedankenlosigkeit. Das ist so grausam wie symbolhaft für das Mensch-Tier-Natur-Verhältnis. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Ein Geständnis hat den Fall schnell geklärt: Drei Frauen haben der Polizei erklärt, dass sie es waren, die mit verbotenem Leuchtzeug versehentlich das Affenhaus des Krefelder Zoos in Brand setzten, so dass rund 30 Tiere, die darin eingesperrt waren, verbrannt sind. Darunter waren auch fünf Borneo-Orang-Utans, ein westafrikanischer Schimpanse und zwei Flachlandgorillas.

Es dürften diese acht Menschenaffen sein, an denen es liegt, dass der Fall so eine besondere Betroffenheit erfuhr, dass sich auch jene, die mit Tieren, mit Zoos, mit Krefeld nichts zu tun haben, sich berührt fühlten von der Schreckensmeldung aus der Silvesternacht.

Die acht Menschenaffen waren Vertreter von Arten, die in freier Wildbahn ihren Lebensraum verlieren, weil der Mensch den für sich selbst in Anspruch nimmt. Alle drei Arten gelten als bedroht, mal als „stark gefährdet“, mal als „vom Aussterben bedroht“. Alle drei Arten sind ihrem Wesen nach Wandertiere, die auf der Suche nach Nahrung riesige Reviere durchstreifen.

Uferlose Traurigkeit im Blick

Und dann landen sie und/oder ihre Nachfahren als Ausstellungs- und Anschauungsobjekte in Käfigen, die, auch wenn sie noch so artgerecht konzipiert sind, enge Grenzen haben – und wer hätte nicht je in einem Zoo einem Menschenaffen ins viel zu ähnliche Gesicht geschaut und gemeint, in dessen Augen eine Traurigkeit zu entdecken, so uferlos wie der Egoismus des Menschen, der sich unbeirrbar den Planeten untertan macht und dabei die Konsequenzen seines Tuns nur unzureichend bedenkt.

In dieser höchst emotionalen Komplettschieflage ist der garantiert qualvolle Feuertod, ausgelöst durch eine Gedankenlosigkeit, geradezu die Vollendung einer grundsätzlichen Perversion im Mensch-Tier-Natur-Verhältnis. Erst raubt der Mensch den Tieren den Lebensraum und sperrt sie ein, dann erstickt und verkohlt er sie noch – und abermals sind es die Grenzen, die er setzt, die ihnen einen Ausweg aus der schlimmen Situation verbauen.

Dabei sollte 2020 doch alles besser werden

Und das an genau dem Jahreswechsel, der – ausgedrückt unter anderem in der Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin – zumindest theoretisch den Start in eine verantwortungsvollere Zukunft symbolisieren sollte: Stichwort Natur- und Klimaschutz, Stichwort Nachhaltigkeit, Stichwort Gerechtigkeit.

Alle drei Stichworte finden sich gleichsam in Flammen aufgegangen am Morgen des 1. Januar im Krefelder Zoo wieder. Auch das gehört zu dem besonderen Sog, den der Fall entwickeln konnte.

Die Frauen, die sich gemeldet haben, hätten „sehr schuldbewusst“ gewirkt, teilte die Polizei mit. Und in der Tat möchte man ihre Gewissensnöte nicht haben – und sich auch nicht durchaus möglicher „waren doch nur Tiere“-Tröstungen erwehren müssen.

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