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Geflüchtete Fluggäste schauen fassungslos auf den brennenden Flughafen vor ihnen. Foto: Kenianisches Rotes Kreuz/dpa

© dpa

Panorama: Flughafen Nairobi brennt

Er hat keine eigene Feuerwehr, die Stadt besitzt keinen einzigen funktionierenden Löschzug – jetzt sind private im Einsatz.

Berlin - Es soll ein kleiner Brandherd in der Ankunftshalle für internationale Flüge oder bei der Einwanderungsbehörde gewesen sein. Doch aus dem kleinen Feuer wurde ein Großbrand, der eines von drei Terminals des wichtigsten Flughafens in Ost- und Zentralafrika fast vollständig zerstörte. Um 4.30 Uhr morgens habe das Feuer im Jomo-Kenyatta- Flughafen in der kenianischen Hauptstadt Nairobi begonnen, sagten Verantwortliche der kenianischen Flughafenbehörde. Der Flughafen wurde komplett geschlossen. Erst vier Stunden später war das Feuer unter Kontrolle. Dennoch sollten am Abend zumindest die Frachtflüge wiederaufgenommen werden.

Was den Brand am Flughafen exakt am 15. Jahrestag der Terroranschläge auf die amerikanischen Botschaften in Nairobi und im tansanischen Dar es Salam mit damals mehr als 200 Toten ausgelöst hat, war bis zum späten Nachmittag noch völlig unklar. Hinweise auf einen Terroranschlag gab es zunächst nicht.

Es gab lediglich zwei leicht Verletzte, obwohl sich bei der Räumung des Terminals chaotische Szenen abgespielt hatten. Ein Mann, der an diesem kalten Morgen von Nairobi aus starten wollte, sagte dem britischen Sender BBC: „Es gab keinen Plan. Die Leute rannten kopflos von links nach rechts.“

Die ersten Löschfahrzeuge sind nach Augenzeugenberichten erst zwei Stunden nach Beginn des Großbrandes eingetroffen. Ein BBC-Reporter berichtete: „Ich habe Dutzende von Soldaten mit Eimern zum Brandherd eilen sehen.“ Innenminister Joseph Ole Lenku gab zu, dass es zudem Probleme mit der Wasserversorgung der Feuerwehren gegeben habe. Hydranten funktionierten nicht, es mussten Tanks mit Wasser zum Flughafen gebracht werden. Auf der Autobahn zum etwa zehn Kilometer außerhalb der Hauptstadt gelegenen Airport stand der Verkehr schon am frühen Morgen. Augenzeugen berichteten, dass Ambulanzen sich einen Weg zwischen den im Stau stehenden Fahrzeugen bahnen mussten.

Der Jomo-Kenyatta-Flughafen ist 1958 in Betrieb genommen worden und war damals ausgelegt auf die jährliche Abfertigung von 2,5 Millionen Fluggästen. Tatsächlich sind es inzwischen aber mehr als sechs Millionen. Deshalb wird der Flughafen seit 2005 erweitert. Die drei vorhandenen Terminals sollten ausgebaut, ein viertes und eine weitere Landebahn gebaut werden. Seit 2009 sind die Arbeiten im Gang. 186 Millionen US-Dollar waren dafür vorgesehen, das Terminal vier wird gerade von chinesischen Firmen gebaut. Finanziert wird die Erweiterung von der Europäischen Entwicklungsbank, der französischen Entwicklungsagentur und der Weltbank. Offenbar ist bei der Modernisierung eine Sprinkleranlage vergessen worden. Und auch eine Flughafenfeuerwehr scheint im Budget nicht vorgesehen gewesen zu sein. Dass auf die Feuerwehr der Hauptstadt kein Verlass ist, hat Kagiri Kamatu 2009 in einer Studie der Universität Nairobi nachgewiesen. Kamatu kritisierte schlechte Planung, Unterfinanzierung, schlechte Ausstattung und Moral der Feuerwehr. Die Tageszeitung „Daily Nation“ berichtete vor kurzem, dass die Feuerwehr Nairobi – immerhin eine Stadt mit mindestens drei Millionen Einwohnern – nicht einen einzigen funktionierenden Löschzug besitze. Die drei letzten seien 2009 versteigert worden, weil die Feuerwehr nicht in der Lage gewesen sei, eine Reparaturrechnung von 1000 US-Dollar zu bezahlen. Kamatu schreibt: „Wegen des schlechten Zustands der Feuerwehr in Nairobi haben private Feuerwehren die Aufgaben übernommen.“ Diese privaten Sicherheitsfirmen haben nun auch das Großfeuer am Flughafen gelöscht – und werden der Flughafenbehörde eine hohe Rechnung dafür präsentieren.

Zehntausende Fluggäste sind am Mittwoch in Nairobi gestrandet. Flüge wurden in den Flughafen der Küstenstadt Mombasa umgeleitet, der dafür überhaupt nicht gerüstet ist. Sobald die Kapazität vom Mombasa erschöpft war, sollten sogar Flüge nach Eldoret umgeleitet werden. Dort können jedoch am Tag allenfalls fünf größere und sieben kleinere Flugzeuge abgefertigt werden. Hotels gibt es dort auch zu wenige, um viele Fluggäste unterzubringen. Außerdem nutzen die Bauern von Eldoret die dortige Landebahn, um ihren Mais zu trocknen. Daneben grasen Kühe.

Für Kenia ist der Flughafenbrand ein weiterer wirtschaftlicher Rückschlag zu Beginn der Reisesaison. Über den Flughafen wird der gesamte Blumenexport abgewickelt, einer der größten Devisenbringer der kenianischen Wirtschaft. Der Tourismus hat in diesem Jahr ohnehin schon unter den Wahlen im März gelitten. Die Besucherzahlen sind in den ersten fünf Monaten um 14 Prozent zurückgegangen. Es hat auch nicht viel geholfen, dass am 4. März mit dem neuen Präsidenten Uhuru Kenyatta und seinem Vize William Ruto zwei Politiker an die Macht gewählt worden sind, die sich aktuell vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten müssen, weil sie für die Gewaltexzesse nach der Wahl Ende 2007 mitverantwortlich sein sollen.

Uhuru Kenyatta, Sohn des ersten Präsidenten des Landes, das vor genau 50 Jahren unabhängig geworden ist, besuchte den Flughafen noch bevor der Brand gelöscht war. Er versprach eine umfassende Untersuchung. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter machten sich schon kurz nach den ersten Nachrichten über den Brand die ersten Kenianer ihre Gedanken über die Zukunft. Einer stellte ein Foto mit der kilometerhohen Rauchsäule ein, davor ein Schild: „Zu verkaufen – Flughafen, leicht angebrannt.“

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