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Zieht Kreise über dem Ätna. Das Kleinflugzeug mit dem Detektor „Avoid“.

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Flugverkehr: Der Vulkanasche ausweichen

Ein neuartiger Detektor in Flugzeugen soll die schädliche Konzentration von Vulkanasche messen – ein Testflug am Ätna.

Im April 2010 legte die Eruption des isländischen Eyjafjallajökull den europäischen Luftverkehr fast eine Woche lang lahm. Jetzt grummelt dort der viel größere Katla, in dessen Umgebung die Erdbeben zunehmen. Experten wagen keine Prognose, ob der nächste Ausbruch in Tagen, Monaten oder doch erst in Jahren erfolgt. Der neuartige Aschedetektor „Avoid“, der jetzt über den aktiven Vulkanen Ätna und Stromboli getestet wurde, könnte dann ein erneutes Chaos am europäischen Himmel verhindern.

Calatabiano liegt an der Autostrada zwischen Catania und Messina am Nordosthang des Ätna. Auf dem Miniflugplatz des Ortes treffen sich normalerweise Flugschüler und Hobby-Flugzeugbauer, ab und zu landet ein Rettungshubschrauber. Die unbefestigte 500-Meter-Piste ist für einen Airbus oder eine Boeing viel zu kurz. Dafür erwies sich die 5000-Seelen-Gemeinde als idealer Ausgangspunkt für Messflüge über den Ätna und den Stromboli, die ausgewählt wurden, weil es bei ihnen immer wieder zu kleineren Eruptionen kommt.

Die winzigen Partikel der oft mit bloßem Auge nicht erkennbaren Asche schmelzen in den mehr als 1000 Grad heißen Turbinen der Düsenmaschinen. In ausreichender Menge können sie diese blockieren. Beim Ausbruch des Eyjafjallajökull gab es dafür noch nicht einmal Richtwerte und die Ausbreitung wurde mit Computersimulation berechnet. Das führte zur einwöchigen Sperre weiter Teile des europäischen Luftraums, die, wie die Auswertung von Messflügen ergab, weitgehend überflüssig war. 100 000 gestrichene Flüge mit zehn Millionen betroffenen Reisenden – der wirtschaftliche Schaden ging in die Milliarden.

Künftig kann mit dem Detektor die Asche einfach wie eine Gewitterfront umflogen werden. Fred Prata vom norwegischen Institut für Luftfahrtforschung hat „Avoid“ erfunden, eine Art Wetterradar für Vulkanasche. Der britische Billigflieger Easyjet setzt auf diese Technologie und fördert deren Entwicklung zur Serienreife. Das System wurde jetzt erstmals unter Praxisbedingungen getestet.

Hinter den auf unterschiedlichen Frequenzen arbeitenden Kameras, die je ein Bild pro Sekunde aufnehmen, sitzen Filter und thermische Detektoren. Sie können Asche von normalen Wolken unterscheiden, die Asche den Piloten in unterschiedlichen Farben darstellen und die Informationen parallel an Bodenstationen senden. Erprobt wurde das System auf Sizilien zunächst an einem Ultraleichtflugzeug bei niedriger Geschwindigkeit in bis zu 3650 Metern Höhe. 18 Mal ist Pilot Uwe Post zu Messflügen über dem Ätna und dem Stromboli gestartet. Dabei wurde nachgewiesen, dass „Avoid“ auf einer Entfernung von bis zu 20 Kilometern fehlerfrei funktioniert, berichtet Prata.

Im kommenden Jahr soll „Avoid“ an einem Airbus A340 bei größerer Höhe und Geschwindigkeit sowie auch bei Nacht seine volle Reichweite von 100 Kilometern unter Beweis stellen. Eine Zulassung bei der europäischen Flugsicherheitsbehörde EASA wird vorbereitet. Noch 2012 hofft Easyjet-Chefingenieur Ian Davies, die ersten Geräte einsetzen zu können. 20 will der britische Billigflieger selbst betreiben, 100 wären notwendig, um den europäischen Luftraum mithilfe dieser Leitflugzeuge bei einem erneuten Vulkanausbruch sicher zu machen.

Ergänzt wird „Avoid“ durch ein neues Verfahren zur Berechnung der voraussichtlichen Aschekonzentration. Bereits zwei Stunden nach einem Ausbruch lässt sich so ein realistisches Bild der Aschekonzentration zeichnen.

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