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Student Eric sitzt in einem Seminarraum der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster vor einem Notebook. Zitiert er sich selbst?

© dpa

Forschung aus den USA: Männer zitieren sich häufiger selbst als Frauen

Wissenschaftler haben 1,5 Millionen Forschungsarbeiten untersucht und festgestellt, dass sich Männer in den letzten zwei Jahrzehnten 70 Prozent öfter selbst zitiert haben als ihre weiblichen Kollegen.

Wenn man ein Buch von Slavoj Zizek liest, stößt man des Öfteren auf Selbstverweise des slowenischen Philosophen. „Wie ich bereits 1992 dargestellt habe …“ ist nur eine der Formulierungen. Häufiger noch zitiert er sich selbst in den Fußnoten und verweist etwa auf eines seiner älteren Bücher. In der Wissenschaft sind solche Verweise auf eigene Arbeiten nichts Ungewöhnliches. Doch gibt es einen Unterschied in der Zitierweise zwischen Männern und Frauen?

Ja, und zwar einen eindeutigen, wie Forscher der Cornell-Universität in Ithaka im US-Bundesstaat New York herausgefunden haben. Demnach zitieren sich Männer viel häufiger selbst als Frauen. In den Jahren zwischen 1779 und 2011 zum Beispiel um 56 Prozent. In den vergangenen zwei Jahrzehnten waren es sogar 70 Prozent. Dazu untersuchten die fünf Wissenschaftler – drei Frauen und zwei Männer – 1,5 Millionen Forschungsarbeiten aus verschiedensten Bereichen wie zum Beispiel Biologie, Philosophie, Rechtswissenschaften und Soziologie. Insgesamt waren 8,2 Millionen Zitate in den 1,5 Millionen Arbeiten vorzufinden. 775 000 davon waren Selbstzitate – also rund zehn Prozent. Natürlich werden keine Namen genannt, aber die Forscher berichten von „einem sehr bekannten Professor“, der in einer seiner Arbeiten mehr als 7000 Mal auf seine eigenen vorangegangenen Arbeiten verweist.

„Herr, gib mir das Selbstbewusstsein eines weißen, durchschnittlichen Mannes“

Warum ist das so? Die fünf Forscher mutmaßen, dass Männer zum einen einfach eine höhere Meinung von sich haben als Frauen. Ein Selbstzitat wird auch immer als Eigenwerbung für die akademische Karriere wahrgenommen. Und dann sei da die einfache Tatsache, dass Männer generell mehr akademische Arbeiten erstellen als Frauen, besonders am Anfang ihrer Karriere, während sich Frauen oft in Elternzeit befinden oder sich zwischen Karriere und Familie entscheiden müssen. Und wer mehr Arbeiten publiziert, der hat auch häufiger die Möglichkeit, sich selbst zu zitieren.

„Studien zeigen, dass männlichen Professoren mehr geglaubt wird und sie als fähiger eingeschätzt werden als weibliche, wenn beide genau denselben Inhalt von sich geben“, sagt Kristina Lunz, Mitinitiatorin von „#Ausnahmslos – gegen sexualisierte Gewalt“ und Absolventin der Universität in Oxford. „In einer Welt, in der Jungs von klein auf ihr eigenes Geschlecht mit Wissen und Macht in Verbindung bringen und Mädchen nicht, werden diese Jungs zu Männern sozialisiert, die in der Tendenz ein größeres Vertrauen in das eigene Tun und im Allgemeinen in das eigene Geschlecht haben – manchmal zu Recht, manchmal eben nicht. Dies wird zum Teufelskreis, da der Erhalt von Machtpositionen durch Männer so perpetuiert wird.“ In Oxford sei eine Redewendung bekannt: „Herr, gib mir das Selbstbewusstsein eines weißen, durchschnittlichen Mannes.“ Professor Michael Seadle, Prodekan der Philosophischen Fakultät der Humboldt-Universität, sagte zu der Studie aus Cornell: „Die Ergebnisse überraschen mich eigentlich nicht.“

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