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Erwartet den hohen Besuch in seiner neuen Residenz: Präsident Erdogan

© AFP

Franziskus besucht Erdogan: Prunk für den Papst

Recep Tayyip Erdogan empfängt Franziskus als ersten Staatsgast in seiner neuen Luxus-Residenz - obwohl der Kirchenführer als Anwalt der Armen gilt. Bei seinem Türkei-Besuch geht es vor allem um die Lage der Christen und die Krise in Syrien.

Ausgerechnet der "Papst der Armen" ist der erste Gast im Prunkpalast von Recep Tayyip Erdogan. Der türkische Präsident empfängt Franziskus an diesem Freitag in Ankara als ersten Staatsgast in seinem nagelneuen "Weißen Palast", der rund eine halbe Milliarde Euro gekostet hat und von der Opposition als Symbol der Großmannssucht verdammt wird.

Wie der Papst über Erdogans Palast denkt, ist nicht bekannt. Franziskus selbst wohnt in Rom in einem bescheidenen Gästehaus, ruft hochrangige Geistliche zur Bescheidenheit und Volksnähe auf und schickte den Limburger Luxus-Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst in die Wüste. Appelle türkischer Regierungsgegner, der Papst solle einen Besuch im "Weißen Palast" verweigern, wurden vom Vatikan ignoriert. Doch Franziskus könnte durchaus mit "Überraschungen" aufwarten, sagte ein Kirchenmann in der Türkei dieser Zeitung.

Der Streit um Erdogans Palast überlagert die Vorbereitungen des ersten Papstbesuches in der Türkei seit acht Jahren. Die Opposition in Ankara schimpft, der "Weiße Palast" sei nicht nur Geldverschwendung, sondern auch ein Schwarzbau, weil er trotz gerichtlicher Einsprüche errichtet worden sei. Da komme der Papst für Erdogan wohl gerade recht, um dem Palast internationale Legitimation zu verschaffen: "Er wollte den illegalen Palast wohl zuallererst dem Papst zeigen", spottete Haluk Koc, Sprecher der Oppositionspartei CHP.

Will auch über die Lage der Christen in der Türkei reden: Papst Franziskus
Will auch über die Lage der Christen in der Türkei reden: Papst Franziskus

© dpa

Mit Erdogan dürfte der Papst vor allem über die Syrien-Krise und über die Lage der Christen in der Türkei reden. Dabei ist zu erwarten, dass der Papst, der diese Woche in Straßburg die Zurückhaltung der Europäischen Union bei der Aufnahme von Flüchtlingen kritisierte, die türkischen Bemühungen demonstrativ lobt: Das Land gewährt 1,6 Millionen Syrern Zuflucht und schickt sich an, die Gäste mit Arbeitsgenehmigungen und Regelung der Gesundheitsversorgung in die Gesellschaft zu integrieren.

Auch bei den Bemühungen um mehr Verständigung zwischen christlicher und muslimischer Welt dürften Erdogan und der Papst auf einer Wellenlänge liegen. Weniger begeistert wird der türkische Präsident wahrscheinlich jedoch reagieren, wenn Franziskus die alte Forderung der katholischen Kirche nach Anerkennung als eigene Rechtspersönlichkeit aufs Tapet bringt: Das wird von Ankara abgelehnt.

Ärger mit dem Vorgänger

Trotzdem wird die Ankunft des Papstes mit weit weniger Spannung erwartet als der Besuch von Franziskus’ deutschem Vorgänger Benedikt XVI. Der hatte die Türken wenige Tage vor Beginn seiner Reise mit heftiger Islamschelte in der "Regensburger Rede" verärgert.

So kann sich Franziskus ungestört am Samstag in Istanbul dem eigentlichen Hauptzweck seiner Visite zuwenden: Mit dem orthodoxen Patriarchen Bartholomäus spricht das Oberhaupt der Katholiken über das historische Projekt der Überwindung der tausendjährigen Kirchenspaltung.

Der Papst und der Patriarch treiben die Vorarbeiten für die Wiedervereinigung voran und wollen am Sonntag zum Abschluss des Besuches von Franziskus eine gemeinsame Erklärung veröffentlichen. Zusammen begehen die beiden Kirchenmänner das Andreas-Fest, das in der orthodoxen Kirche einen besonderen Rang hat. Als Patriarch ist Bartholomäus der Nachfolger des Apostels Andreas.

Die Türkei? Zu 99 Prozent muslimisch

Das Papamobil lässt Franziskus bei seinem Besuch in der Türkei zu Hause, auch ein Bad in der Menge ist nicht vorgesehen, was bei insgesamt nur rund 30 000 Katholiken in dem zu 99 Prozent muslimischen Land kein Wunder ist. Islamisten betrachten den Besuch des Papstes beim Patriarchen als Teil eines anti-türkischen Komplotts. Ziel sei die Errichtung eines orthodoxen Kirchenstaates mitten in Istanbul, kommentierte das religiöse Blatt "Yeni Akit".

Die türkischen Behörden bieten allein in Istanbul rund 7000 Polizisten auf, um den Papst zu schützen. Bevor Franziskus am Samstag die Blaue Moschee und die Hagia Sophia besucht, wird die Gegend um die beiden Sakralbauten in der Altstadt geräumt. Hunderte Zivilpolizisten sollen sich unter die Menschen mischen und sicherstellen, dass niemand an den Papst herankommt.

Die "Schläferzellen" des "Islamischen Staats"

Konkrete Drohungen gegen Franziskus liegen zwar nicht vor, doch haben sich die Dschihadisten vom "Islamischen Staat" (IS) im Nachbarland Syrien das Ziel gesetzt, ihren Machtbereich bis nach Rom auszudehnen. Istanbul ist zudem ein wichtiger Knotenpunkt bei der Versorgung des IS mit neuen Kämpfern aus dem Ausland. Nach Medienberichten gehen die türkischen Sicherheitsbehörden davon aus, dass die Extremisten am Bosporus über Schläferzellen verfügen, die bei Bedarf für Gewaltaktionen aktiviert werden könnten.

Nicht zuletzt deshalb scheiterte der "Papst der Armen" schon im Vorfeld seines Besuches mit einem Anliegen. Um Volksnähe bemüht, bat Franziskus laut Medienberichten darum, in einem ungepanzerten Mittelklassewagen durch Istanbul fahren zu dürfen. Doch Ankara lehnte ab: Der Pontifex erhält eine gepanzerte Limousine.

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