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Panorama: Für den Scheich eine Gaudi

Dubai. Tapfer bringt die schöne Dania Khatib das Wortungetüm über die Lippen: "Das war das Schruns-Tschagguns-Ensemble".

Dubai. Tapfer bringt die schöne Dania Khatib das Wortungetüm über die Lippen: "Das war das Schruns-Tschagguns-Ensemble". Die Sängerin und Fernsehmoderatorin aus Abu Dhabi strahlt erleichtert. Sie moderiert ihre erste große Fernsehshow - an der Seite von Karl Moik führt sie auf Arabisch durch den "Musikantenstadl", der am Sonnabend im Amphitheater im Creekside Park in Dubai aufgezeichnet wurde. Später stellt sich zwar heraus, dass sie wohl kein Deutsch versteht. Als ihr Karl Moik ein Kompliment machen will, indem er auf das gerade verklungene Lied "Das ist der schönste Tag meines Lebens" anspielt, ist Dania in der Moderation noch ein Lied zurück und antwortet mit "Sing und Lach".

Dafür muss Karl Moik auch einmal näher an das handgemalte Pappschild seiner Assistentin herantreten, weil er nicht lesen kann, wie er sich bei einer arabischen Tänzerin bedanken soll: "Schukran" - Danke auf arabisch - liest er schließlich ab. Doch das tut der Stimmung in dem Freilufttheater direkt am Meeresarm keinen Abbruch. Das Amphitheater ist bis auf den letzten Platz besetzt - 2652 Fans der Volksmusik-Sendung sind aus Deutschland, Österreich und der Schweiz mitgereist, etwa 200 Zuschauer aus Dubai sitzen zumeist an den Ehrentischen vor der Bühne.

Auf der Großbildleinwand sieht man deren überraschte Gesichter, als die deutschsprachige Menge angefeuert von der Wolfgang-Lindner-Band das Lied "Juchee auf der hohen Alm" schmettert - die schwarz-rot-goldenen Papierfähnchen über den Köpfen schwenkend. So fröhlich hatten sich scheinbar viele Emiratis die Deutschen nicht vorgestellt.

Strahlendes Gesicht

Besonders glücklich sieht Scheich Faisal aus. Verschwitzt und mit Drei-Tage-Bart strahlt er über das ganze rundliche Gesicht. Das Mitglied der Emirsfamilie von Sharjah, dem Nachbaremirat von Dubai, hatte Karl Moik eingeladen, seinen "Auslandsstadl" in den Vereinten Arabischen Emiraten zu veranstalten. Das war vor zweieinhalb Jahren. Damals konnte noch niemand etwas von den Ereignissen des 11. September 2001 und der anschließenden Bombardierung Afghanistans ahnen. Damals war geplant, die Sendung live in ARD, ORF und im Schweizer Fernsehen zu übertragen. Aus "Pietätsgründen" haben die Rundfunkanstalten sich jetzt dafür entschieden, die Sendung aufzuzeichnen und erst am 8. Dezember auszustrahlen.

"Das ist in Österreich und der Schweiz Feiertag", freut sich der Medienbeauftragte des Tourismus-Departments von Dubai, Ajay N. Rajguru, "da liegen die Einschaltquoten noch höher". Auch sein Chef Ibrahim Ahli gibt sich zufrieden. "Dass die Sendung überhaupt gemacht wird, ist besser als gar nichts." Auf Nachfrage gibt der Emirati jedoch zu, dass er nicht versteht, warum sie in Deutschland nicht übertragen wurde. In der islamischen Welt würde dies niemanden schockieren, die arabischen Fernseher würden auch Tanz, Gesang und Musik zeigen obwohl in Afghanistan Bomben fallen. "Das Business muss weitergehen", verkündet Ibrahim Ahli und fasst damit die Stimmung zumindest am Finanz- und Wirtschaftsplatz Dubai zusammen.

Auch Hans Seifert aus Rosenheim versteht nicht, dass die Sendung nicht übertragen wird. Für den Rentner mit der Strickweste ist der "Musikantenstadl" der Höhepunkt seiner 10-tägigen Dubai-Reise. "Die Amerikaner haben doch die offizielle Trauer auch längst aufgehoben", sagt er.

Am meisten geärgert hat sich wohl Karl Moik. In Jeans und Jeanshemd sitzt er auf einem Bett in einem traditionellen Zelt hinter der Bühne. Auf einer Kleiderstange hängt die Dischdasch, das bodenlange weiße Gewand der Emiratis, das der Unterhaltungskünstler später anziehen wird, um auf einem Kamel auf die Bühne zu reiten. Er will mit dieser Sendung "anderen Kulturen die Hand reichen" und ist fest davon überzeugt, das man mit "Singen und Musik mehr erreichen kann als mit Politik".

Seine Sendung hätte den in Europa vorherrschenden Eindruck widerlegen können, alle Araber seien Terroristen, glaubt Moik. Die Begründung, aus "Pietätsgründen" könne die Sendung nicht übertagen werden, hätten weder er noch seine arabischen Partner verstanden. Als schließlich angebliche Sicherheitsgründe genannt wurden, hätten sie laut gelacht. "Ich fühle mich unheimlich wohl hier", erzählt Moik, der bereits zum fünften Mal in Dubai ist und besonders von der Gastfreundlichkeit der Araber angetan ist.

Und der niedrigen Kriminalitätsrate.

Ob er wirklich die Moderation seiner Sendung aufgibt, wie er dies im Streit mit den Rundfunkanstalten angedroht hat, schließt der 63-Jährige, der seit 20 Jahren mehr als 140 "Musikantenstadl" moderiert hat, nicht aus. In der Sommernacht im Creekside Park war Karl Moik jedoch noch einmal in Hochform. Nur ein einziges Mal spielt er im Vorbeigehen auf die politischen Ereignisse an, als er meint, der Titel "Lach und Sing" passe gut in unsere Zeit, denn das solle man tun, wenn es kritisch werde. Ansonsten rennt und springt er mit der arabischen Ko-Moderatorin Dania Khalid im oder am Arm durch die Gänge im Zuschauerraum, sie sind in Englisch im Duett zu hören, die musikalische Völkerverständigung scheint zu funktionieren.

Das Polizeiorchester von Sharjah spielt zusammen mit der Marktmusikkapelle Stainz flotte Märsche, schließlich treten deutsche und arabische Schüler der deutschen Schule in Sharjah auf. Scheich Faisal wippt mit dem Fuß im Takt und strahlt, auch wenn er den Text des Lieds der Mayrhofner-Band wahrscheinlich nicht versteht: "Ja jetzt san ma halt in Dubai und spielen für die Scheichs."

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