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Panorama: Gefährliches Nickerchen

Schlaftrunkener Kopilot lenkt Großraumjet versehentlich in einen Sturzflug.

Ein schlaftrunkener Kopilot hat einen Großraumjet über dem Atlantik versehentlich in einen Sturzflug gelenkt. 16 Personen an Bord wurden verletzt. Der gefährliche Vorfall wurde durch einen jetzt veröffentlichten Bericht der kanadischen Transportsicherheitsbehörde (TSB) bekannt.

Die Boeing 767 der Air Canada befand sich am 13. Januar 2011 mit 95 Passagieren und acht Besatzungsmitgliedern auf dem Nachtflug von Toronto nach Zürich. Auf halber Strecke bat der Kopilot um eine Ruhepause. Als das Kollisionswarngerät ein nur 300 Meter niedriger entgegenkommendes USTransportflugzeug meldete, weckte der Flugkapitän seinen Kollegen. Dieser glaubte irrtümlich, die andere Maschine würde von oben auf die Boeing zukommen und leitete einen Sturzflug ein.

Erst nach 120 Metern gelang es dem Flugkapitän, den auf das andere Flugzeug zurasenden Jet wieder nach oben zu reißen.

14 Passagiere, die nicht angeschnallt waren, und zwei Flugbegleiter wurden bei den Manövern verletzt. Sieben davon mussten nach der Landung ambulant in einem Schweizer Krankenhaus behandelt werden.

Weil die kalkulierte Flugzeit um fünf Minuten unter der Neun-Stunden-Grenze lag, hatte Air Canada auf den erst ab dann vorgeschriebenen Einsatz eines dritten Piloten verzichtet. Das „kontrollierte Nickerchen“ im Cockpit ist bei der Fluggesellschaft erlaubt, wenn es 40 Minuten nicht überschreitet und dem Piloten danach eine arbeitslose Aufwachphase von mindestens einer Viertelstunde eingeräumt wird. Außerdem muss die Kabinenbesatzung informiert werden und nach Ablauf der Zeit im Cockpit nach dem Rechten sehen. Diese Information war laut TSB unterblieben und der Kopilot hatte bereits 75 Minuten geschlafen, als er vom Flugkapitän geweckt wurde.

Das sogenannte Napping ist auch in deutschen Cockpits bei Langstreckenflügen üblich, sagt Jörg Handwerk von der Pilotenvereinigung Cockpit. Es sollte sich hier allerdings auf eine „Tiefenentspannung“ von 15 bis 20 Minuten beschränken. Auch hier muss die Kabinencrew eingebunden werden. Viele Langstreckenflüge sind ohne Napping nicht machbar, sagt Handwerk. Denn die zulässigen Flugdienstzeiten harmonisieren noch immer nicht mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Belastbarkeit der Piloten. Wenn sich hier nichts ändere, seien auch schwerere Zwischenfälle absehbar.

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