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Ein Flugzeug der irischen Low-Cost-Airline Ryanair startet am vom Flughafen Frankfurt-Hahn in Lautzenhausen. Am Mittwoch machte eine gefälschte Pressemitteilung der Airline die Runde in den Medien.

© dpa

Update

Gefälschte Pressemitteilung von Ryanair: Flüchtlinge ohne Visum befördern? dpa berichtet, Airline dementiert

Die Nachricht verbreitete sich rasant: Die Billigfluglinie Ryanair wolle bewusst gegen EU-Richtlinien verstoßen. Das Dementi ließ nicht lange auf sich warten. Nun hat sich die dpa erklärt.

Am Mittwoch machte eine gefälschte Pressemitteilung von Ryanair die Runde. Darin hieß es, die irische Airline würde Flüchtlinge ohne Visa-Prüfung in EU-Länder bringen. Zitiert wird auch der Marketingchef Kenny Jacobs - er wolle gegen EU-Richtlinien verstoßen. Noch am selben Tag dementierte die Billigfluglinie die Meldung dem Tagesspiegel: "Ryanair bestätigt, dass die Kommentare, die Kenny Jacobs zugeschrieben wurden, frei erfunden sind. Diese Behauptungen sind absolut unwahr".

Im Netz kam sogleich der Verdacht auf, es könne sich um eine Marketingaktion der Fluglinie handeln. Dem trat eine Sprecherin allerdings entgegen. "Wir können Ihnen jedoch versichern, dass es sich in keiner Weise um eine PR-Maßnahme handelt", sagte sie dem Tagesspiegel.

Verbreitet wurde die falsche Pressemitteilung von der Deutschen Presse-Agentur (dpa), woraufhin sie von vielen Medien veröffentlicht wurde - etwa von focus.defaz.net oder handelsblatt.de. Nur eine Stunde, nachdem die Nachricht "Ryanair will Flüchtlinge ohne EU-Visa-Prüfung befördern" rausging, kam auch schon die Meldung der dpa an die Redaktionen, die Nachricht nicht zu verwenden. Daraufhin mussten die Medien die verbreitete Meldung dementieren oder mit einem Verweis versehen, dass es sich um eine Falschmeldung handele.

Wie es dazu kommen konnte, dass die dpa eine falsche Pressemitteilung verbreitet, war zunächst unklar. Am Mittwochabend erklärte die Nachrichtenagentur: "Die Deutsche Presse-Agentur ist am Mittwoch auf eine gefälschte Medieninformation hereingefallen." Am Mittwochmorgen sei eine englischsprachige E-Mail mit dem Betreff „Press Release - Ryanair for Refugees“ („Presse-Mitteilung - Ryanair für Flüchtlinge“) in der Berliner Redaktion eingegangen. Der Text enthielt eine Ankündigung, wonach die irische Fluglinie Ryanair Flüchtlinge ohne Visa-Prüfung innerhalb der EU befördern wolle. Zudem enthielt die Mail Details zu der angeblichen Aktion, wie etwa Startzeitpunkt, Abflugorte oder Zielländer. Die Mail wurde außerdem aus Berlin an das auch für Irland zuständige dpa-Büro London weitergeleitet. Dort schrieb ein Korrespondent eine kurze Meldung und einen längeren, zusammenfassenden Text zu der angeblichen Kampagne. Meldung und Zusammenfassung wurden in Berlin redigiert und an die Kunden verschickt. Weiter erklärt die dpa den Fehler, nicht bei dem Unternehmen nachgefragt zu haben. "Insgesamt wurde hier nicht sorgfältig genug recherchiert."

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Die falsche Pressemitteilung liest sich wie ein Beitrag des Satireportals "Der Postillon": "Der irische Billigflieger Ryanair will Flüchtlinge ohne Visa-Prüfung in andere EU-Länder bringen. Vom 12. Oktober an will das Unternehmen auf Flügen von Kos (Griechenland), aus Bratislava, Budapest sowie Montenegro Passagiere nicht mehr darauf überprüfen, ob sie das Recht zur Einreise haben. Die Flüge sollen nach Deutschland, Belgien, Dänemark, Frankreich sowie nach Italien und Spanien gehen."

So mancher Leser mag vielleicht auch an die Aktionskünstler vom "Zentrum für Politische Schönheit" gedacht haben, welches immer wieder mit provokanten Aktionen zur Flüchtlingspolitik für Wirbel sorgt und aktuell Angaben dazu macht, eine Brücke von Afrika nach Europa bauen zu wollen.

Auch die dpa schreibt, dass der Fake hätte erkannt werden müssen: "In diesem Fall hätte aber auch schon die Pressemitteilung selbst relativ leicht als Fake erkannt werden können." Schon der Absender press@ryanfair.org hätte die Redakteure misstrauisch machen sollen. Die Mail wurde von Italien aus verschickt. Die gefälschte Pressemitteilung verweist auf eine Website namens ryanfair.com - diese hat mit der Fluggesellschaft Ryanair jedoch nichts zu tun. Ryanfair.com ist erst seit dem 16. September aktiv und wurde anscheinend extra für den Fake angelegt, ist farblich dem echten Ryanair-Auftritt ähnlich und stellt die angebliche Ryanair-Aktion zum visumfreien Flüchtlingstransport auf der Homepage ins Zentrum. Außerdem stellt die Seite Daten zur Ryanair-Flotte und andere Informationen bereit, die sich auch auf der echten Ryanair-Website finden.

Ryanair kündigt "Deutschland-Offensive" an - tatsächlich

Nach einer EU-Richtlinie dürfen Fluggesellschaften Passagiere ohne gültiges Visum nicht ins Land bringen. Wenn sie es doch tun sollten, müssen sie mit Geldstrafen von mindestens 3000 Euro pro Einzelfall rechnen. Laut der gefälschten Meldung will Ryanair solche Strafen im Zweifel tragen. „Wir werden die gesamten Kosten dieses Verstoßes mit Stolz tragen“, wird der Marketingchef von Ryanair, Kenny Jacobs, zitiert.

Ryanair habe sich bewusst entschieden, die EU-Richtlinie nicht länger anzuwenden. Es genüge, wenn die Passagiere beim Einchecken Papiere vorweisen könnten, nach denen sie eine Chance auf Asyl hätten. Das Unternehmen wolle damit einen kleinen Beitrag zur Hilfe für Flüchtlinge leisten, soll Jacobs angeblich gesagt haben. Man hoffe, dass andere Airlines dem Beispiel folgen werden - so steht es in der gefälschten Pressemitteilung.

Ebenfalls am Mittwoch kündigte Ryanair eine "Deutschland-Offensive" an - die tatsächlich von der irischen Airline stammte: Der Marktanteil hierzulande solle demnach von derzeit fünf auf 20 Prozent wachsen, so Marketingchef Jacobs in einer echten Pressemitteilung. Im Oktober will Europas größter Billigflieger eine Basis in Berlin eröffnen. Der Transport von Flüchtlingen wird nicht erwähnt.

Der Chef der Billig-Airline, Michael O’Leary, ist in Sachen Falschmeldungen allerdings offen eingestellt. In einem Interview hatte er unlängst eingeräumt, selbst gezielt Falschmeldungen anzubringen. So habe er Planungen für Benutzungsgebühren für die Bordtoiletten oder Stehplätze in den Jets angekündigt: „Alles frei erfunden.“

Panne der DPA erinnert an die "Bluewater"-Falschmeldung

Eine große Panne passierte der dpa im September 2009. Sie sendete eine Eil-Meldung über einen vermeintlichen Selbstmordanschlag in einer kalifornischen Kleinstadt namens „Bluewater“ und berief sich dabei auf TV-Berichte und Auskünfte der Sicherheitskräfte. 28 Minuten später musste sich die Nachrichtenagentur korrigieren. Ein deutscher Regisseur hatte die Agentur mit gefälschten Websites, einer geschickten Inszenierung und falschen Polizisten genarrt.

Im November 2014 berichtete dpa per Eil-Meldung über einen Wechsel von Formel-1-Pilot Sebastian Vettel zu Ferrari. Quelle war eine vermeintliche Mitteilung des Rennstalls via Twitter. Tatsächlich war der Twitter-Account ein Fake, der Wechsel vollzog sich erst einen Tag später. Eigentlich wurden die Regeln für den Umgang mit Informationen nach der "Bluewater"-Fälschung verschärft.

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