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Panorama: Geiseldrama auf Jolo: "Die schlimmste Qual meines Lebens"

"Andreas Lorenz geht es den Umständen entsprechend gut. Er hat keine gesundheitlichen Schäden davongetragen.

"Andreas Lorenz geht es den Umständen entsprechend gut. Er hat keine gesundheitlichen Schäden davongetragen." "Spiegel"-Sprecher Heinz P. Lohfeldt zeigte sich gegenüber dem Tagesspiegel erleichtert über den Zustand von Reporter Andreas Lorenz, der nach 25 Tagen Geiselhaft im Dschungel von Jolo freigekommen ist. Lorenz sollte noch am Donnerstag zusammen mit seiner Ehefrau von Manila nach Frankfurt/Main und heute morgen weiter nach Hamburg fliegen. Die Moslemextremisten übergaben Lorenz am Donnerstag dem Leiter der "Spiegel"-Auslandsredaktion, Olaf Ihlau, der eigens auf die südphilippinische Insel gereist war. Anschließend wurde Lorenz ins nahe gelegene Zamboanga gebracht, wo ihn seine Frau Jutta erwartete. Der 47-Jährige war am 2. Juli von vier bewaffneten Männern verschleppt worden, als er über das Schicksal der entführten Göttinger Familie Wallert und ihrer Leidensgenossen berichten wollte.

Die Geiselhaft sei die schlimmste Qual seines Lebens gewesen, berichtete Lorenz anschließend. "Ich bin froh, draußen zu sein. Wenn ich noch länger geblieben wäre, wäre es schlimm geworden. Ich werde nicht zurückkehren." Zunächst war unklar, ob für die Freilassung auch Lösegeld floss. Das Auswärtige Amt äußerte sich erleichtert über die Freilassung. Zum Thema Lösegeldzahlung hieß es: "Der Spiegel ist da seinen eigenen Weg gegangen." Sprecher Lohfeldt wollte nicht bestätigen, dass Lösegeld im Spiel gewesen sei. "Spiegel"-Chefredakteur Stefan Aust erklärte: "Wir freuen uns über die Freilassung unseres Kollegen und hoffen, dass die übrigen festgehaltenen Geiseln so schnell wie möglich freikommen."

Erst am Donnerstag hatten philippinische Militärvertreter bestätigt, dass für die Freilassung von Renate Wallert und sechs malaysischer Geiseln umgerechnet 8,7 Millionen Mark gezahlt wurden. Für den "Spiegel"-Reporter war es bereits die zweite Geiselhaft auf Jolo. Der 47-Jährige war schon einmal Anfang Juni zusammen mit Mitarbeitern der Fernsehsender ZDF, Sat 1 und RTL von Abu-Sayyaf-Kämpfern im Dorf Bandang festgehalten worden. Die Gruppe kam aber gegen Zahlung von umgerechnet 52 000 Mark Lösegeld noch am selben Tag frei. In der Hand der Entführer befanden sich am Donnerstag noch immer 14 der 21 Menschen, die am Ostersonntag von der malaysischen Taucherinsel Sipadan entführt worden waren. Sechs malaysische Geiseln und die Göttingerin Renate Wallert wurden nach langen Verhandlungen freigelassen.

Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" hat daran erinnert, dass auf den Philippinen weiterhin fünf Journalisten in Geiselhaft sind. Der Kamermann Val Cuenca und die Redakteurin Maan Macapagal des philippinischen Senders ABS-CBN sowie die Mitarbeiter der französischen Fernsehstation France 2, Maryse Burgot, Jean-Jacques Le Garrec und Roland Madura seien im Juli von Mitgliedern der Abu-Sayyaf-Gruppe entführt worden, teilte die Menschenrechtsorganisation mit.

Auf die Frage angesprochen, warum Lorenz, aber nicht die anderen Journalisten frei gekommen seien, erinnerte "Spiegel"-Sprecher Lohfeldt an die "unterschiedlichen Gruppen von Geiselnehmern. Bei Andreas Lorenz ist eine Trittbrettfahrer-Gruppe der Abu Sayyaf am Werk gewesen." Lohfeldt machte klar, dass auch künftig "Spiegel"-Mitarbeiter in sehr gefährliche Weltgegenden gehen würde - "aber immer freiwillig und immer mit dem Ziel, die notwendige Öffentlichkeit herzustellen". Diese Maßstäbe hätten vor der Lorenz-Entführung gegolten "und sie werden weiterhin gelten".

jbh

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