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Irans Frauenfußball-Nationalmannschaft.

© Reuters

Geschlechtsumwandlung im Iran: Fußballverband entlässt Männer aus Frauennationalmannschaft

In der Frauenfußball-Nationalmannschaft des Iran spielen vier Männer. Weil deren Geschlechtsumwandlung noch nicht abgeschlossen ist, wurden sie suspendiert. „Wenn die Operation erfolgreich und das Problem gelöst ist, können sie wieder ins Team zurückkehren.“

Ohne islamisches Kopftuch dürfen sie nicht antreten, Männer als Zuschauer im Stadion sind verboten – trotzdem gewinnt der Frauenfußball im Iran immer mehr Fans. 50.000 Sportlerinnen kicken Woche für Woche in den verschiedenen Ligen, die jetzt für kuriose Schlagzeilen sorgen. Einige der besten Athletinnen, darunter vier aus der Nationalmannschaft und drei aus der Ersten Liga, sind nämlich Männer – Spieler, bei denen die chirurgische Geschlechtsumwandlung zur Frau noch nicht abgeschlossen ist. Alle sieben wurden vorläufig suspendiert. „Wenn die Operation erfolgreich und das Problem gelöst ist, können sie wieder ins Team zurückkehren“, beschwichtigte der Chefmediziner des Iranischen Fußballverbandes, Ahmad Haschemian, diese Woche die Gemüter.

Irans Staatsgründer Ayatollah Chomeini hat Geschlechtsumwandlungen legalisiert

Denn Geschlechtsumwandlungen lassen sich nur in mehreren Etappen durchführen, die in der Regel zwei Jahre dauern. Seit Irans Staatsgründer Ayatollah Ruhollah Chomeini vor drei Jahrzehnten in einer Fatwa den chirugischen Eingriff für vereinbar mit dem Islam erklärte, verzeichnet die Islamische Republik nach Thailand weltweit die meisten Geschlechtsumwandlungen. Wer sich in einem falschen Körper gefangen fühle, dürfe den Körper verändern lassen, um sein Leiden zu lindern, urteilte Chomeini. Fortan galt Transsexualität in der schiitischen Morallehre als heilbare Krankheit, ganz im Gegensatz zur Homosexualität. Sie wird nach wie vor verurteilt als Verbrechen und Gotteslästerung, die mit Auspeitschung oder dem Tod bestraft werden kann. Geschlechtsumwandlung werde im Koran nicht erwähnt, darum sei sie keine Sünde, begründete einer Geistlicher in dem bekannten iranischen Dokumentarfilm „Sein wie die anderen“ diese gespaltete Moral. „Man kann Getreide nehmen, es in Mehl und Brot verwandeln. Auch das ist eine Umwandlung. Oder man kann einen Baum fällen und daraus einen Tisch oder Stuhl machen“, argumentierte der Theologe.

Geschlechtsumwandlungen sind erlaubt, Homosexualität nicht

Trotzdem bleiben Geschlechtsoperationen in dem strengen schiitischen Gottesstaat ein heikles Thema, auch weil sie für schwule Paare praktisch der einzige Ausweg sind, sozialer Stigmatisierung und schwerer Strafen zu entgehen sowie legal zu heiraten. Viele Schwule werden durch den gesellschaftlichen Druck zu Geschlechtsumwandlungen getrieben, obwohl sie keine Transsexuellen sind, beklagen Aktivisten. Für manche endet dieser seelische Gewaltakt später in Depression und Selbstmord. Zwischen 5000 und 8000 Euro kostet eine Operation in der Islamischen Republik, die bei Gericht beantragt werden muss und deren Kosten zur Hälfte die staatliche Krankenkasse übernimmt.

Wer allerdings einmal bei den Behörden als Transsexueller registriert ist, muss sich auch operieren lassen. Sonst drohen ihm Anklage und Bestrafung wegen schwuler oder lesbischer Sexualpraktiken. Offiziell leben inzwischen etwa 20.000 Transsexuelle im Iran, die alle neue Pässe und neue Geburtsurkunden ausgestellt bekommen haben. Nach inoffiziellen Schätzungen jedoch liegt ihre Zahl wesentlich höher und beläuft sich eher auf 150.000. Entweder eine Geschlechtsumwandlung machen oder den Iran verlassen, habe ihm sein Therapeut geraten, berichtete ein junger schwuler Iraner, der sich daraufhin in die Türkei abgesetzt hat. Und so schätzen Fachleute, dass zwischen 40 und 50 Prozent aller Transsexuellen im Land in Wirklichkeit Homosexuelle sind.

Irans Fußballverband kündigte unterdessen an, die Frauenkader in Zukunft stärker zu kontrollieren. Sportärzte sollen ohne Vorankündigung bei Training oder Punktspielen auftauchen und stichprobenartig die Spielerinnen untersuchen. Zugleich wurden alle Vereine verpflichtet, vor einem Vertragsabschluss das Geschlecht ihrer neuen Spielerinnen zu überprüfen.

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