zum Hauptinhalt
Adelig wurde Gloria von Thurn und Taxis als Gräfin Schönburg-Glauchau geboren, doch ihre Familie war nicht reich.

© Imago

Gloria von Thurn und Taxis: Mit Gott auf der Überholspur

Gloria von Thurn und Taxis war im Jet-Set zu Hause, wurde früh Mutter und später eine Top-Managerin. Bei allem half ihr der Glaube. Ein Porträt zu Ostern.

Früher reiste Gloria von Thurn und Taxis dorthin, wo ausgefallen gefeiert wurde. Heute richtet sie sich danach, wo es besondere katholische Gottesdienste gibt. Ihr Faible fürs Exzentrische ist geblieben. Ostern verbringt die Fürstin in London. Hier geht sie täglich zur Messe in die Oratorianerkirche im Stadtteil Brompton in Kensington, eine neubarocke Basilika aus dem 19. Jahrhundert. Auch zu Hause in Regensburg stehen prächtige Kirchen. Aber in London gibt es jeden Tag lateinische Messen. „Die großartige lateinische Liturgie ist für mich immer sehr erhebend“, sagt sie dem Tagesspiegel. Im Brompton Oratory sei sie „besonders ergreifend“. Gloria von Thurn und Taxis, heute 55, lebt seit 30 Jahren ein Leben auf der Überholspur, immer schneller und höher als andere. Mittelmaß reichte nie.

Zunächst deutete wenig auf die Überholspur hin. Gloria ist adelig als Gräfin Schönburg-Glauchau geboren, aber die Familie war nicht reich. Der Vater verdiente Geld fürs Studium als Leichenwäscher. Gloria pflückt Äpfel beim Bauern und arbeitet in einer Töpferei, um sich ein Moped zu kaufen. Die Schule bricht sie ab. Es gibt Spannenderes. Mit 18 ist sie in München und macht das Leben zur Party. Sie jobbt in einer Galerie und verbringt die Nächte in New-Wave-Discos.

Eines Abends taucht der 34 Jahre ältere Johannes von Thurn und Taxis auf: ein braun gebrannter Lebemann und Milliardär, eine Münchner Legende wie aus „Kir Royal“. Sie ist beeindruckt, Männer hatten sich bislang eher für ihre ältere, weiblicher wirkende Schwester Maya interessiert. Der Fürst nimmt sie mit auf seine Ranch in Mexiko. Als sie ihm eröffnet, dass sie nicht verhütet, antwortet er: „Das macht nichts, wir heiraten doch.“ Er braucht einen Erben. Die unbedarfte Gloria mit den sanften Rehaugen und ihrem Stammbaum kommt gerade recht. Bei der Hochzeit ist sie 20 und im dritten Monat schwanger.

Sie lebt auf Schloss St.Emmeram, das über 500 Zimmer besitzt

Die Thurn und Taxis gründeten im 15. Jahrhundert das erste länderübergreifende Postunternehmen. Das war der Beginn ihres Aufstiegs und Reichtums. Aus den Erträgen kauften sie Ländereien, Brauereien und später Industrieunternehmen dazu. Gloria lebt nun in Regensburg auf Schloss St. Emmeram, über dessen 500 Zimmer sie einmal sagte: „Der Buckingham Palast ist nichts dagegen.“ Mit 24 Jahren hat sie zwei Töchter und einen Sohn zur Welt gebracht. Sie kümmert sich gerne um die Kinder. Doch nun will auch sie es „wieder krachen lassen“, wie sie später in einem Interviewbuch Peter Seewald erzählt. Ihren Mann hatte es sowieso wieder in die Jetset-Welt hinausgezogen. Sie speckt zehn Kilo ab, tauscht Dirndl gegen Pariser Design.

Im Januar trifft man sich in Rio, im Februar in St. Moritz. Im April ist London angesagt, im Mai lebt es sich in Paris besonders gut, im August auf der Jacht in Südfrankreich. Gloria öden die immergleichen Gesellschaften und Gespräche an der Seite des Fürsten mehr und mehr an. Sie beschließt: „Wenn ich in der oberflächlichen Welt mitspiele, dann will ich sie wenigstens regieren.“ So erzählt sie es im Rückblick. Starfriseur Gerhard Meir türmt ihre Haare zu immer schrilleren Formationen, Designer denken sich exzentrische Kostümierungen für sie aus.

Sie tanzt im Kettenhemd von Paco Rabanne im New Yorker „Studio 54“ auf der Lautsprecherbox, sie hängt mit Prince ab, Michael Jackson lädt sie zur Privattour nach Neverland ein. Vanity Fair nennt sie „Princess TNT“.

Ihr Mann ist fasziniert – und irritiert. Gloria begleitet nicht mehr ihn auf Partys. Jetzt wird er gefragt, ob er der Mann von Gloria sei? Zu seinem 60. Geburtstag organisiert sie auf St. Emmeram einen gigantischen Rokoko-Kostümball für ihn. Von Mick Jagger bis zum saudi-arabischen Waffenhändler Adnan Kashoggi sind alle Prominenten des internationalen Jetsets dabei. Sie behängen sich mit Juwelen und verkleiden sich als dem Untergang geweihte Aristokraten des vorrevolutionären Frankreichs. Gloria trägt das Diamantendiadem von Marie Antoinette und überreicht Johannes eine Torte mit 60 Marzipan-Penissen.

Gott ist die Konstante in ihrem Leben

Doch bald ist Schluss mit lustig. Johannes leidet unter Herzproblemen, schläft nur mit Schlaftabletten, kann das Feiern aber nicht lassen. Gloria wird zur Krankenschwester. Sie kippt ihm Wasser in den Whiskey, um sein Herz zu retten, und hält seine Launen aus. Die Streitereien hinter den Schlossmauern eskalieren so sehr, dass ihr der Arzt Valium zur Beruhigung empfiehlt. Gloria betet lieber. Gott sei eine Konstante in ihrem Leben, sagt sie heute. Auch nach wilden Partys sei sie in die Kirche gegangen – „vielleicht nicht in die Frühmesse“.

1990 stirbt ihr Mann. In den Monaten vor seinem Tod hat er sie in die Geschäfte des Adelshauses eingeweiht. Es droht die Insolvenz. Sie ist gerade mal 30 und kennt sich aus mit Cocktails und Modetrends. Doch so exzessiv sie gefeiert hat, so intensiv hängt sie sich nun ins Business. Sie lernt Betriebswirtschaft und kämpft gegen die Manager ihres Mannes, gegen die Familie, gegen die Trauer. Jahrelang nimmt sie Aktenordner mit ins Bett. Mithilfe von guten Beratern und einem harten Sparkurs gelingt es ihr, das Unternehmen zu sanieren. Sie trennt sich von Personal, Schmuck, Möbeln, Kunst und 20 ihrer 27 Autos. Große Flächen des Schlosses vermietet sie als Büroräume und vermarktet die bayerische Noblesse als Label auf Regenschirmen und Schlüsselanhängern. 2002 kürt sie das Wirtschaftsmagazin „Business Week“ zur zehntbesten Finanzmanagerin.

Die schrillen Auftritte von damals sollen ihr peinlich sein

Die Freunde wollen oft Videos von früher anschauen, klagt sie Peter Seewald. Sie gehe dann aus dem Zimmer, so peinlich seien ihr die schrillen Auftritte von damals. Sie trifft sich lieber mit Papst Benedikt, Kardinal Joachim Meisner und anderen stramm katholischen Hochwürden, die wie sie über den vermeintlichen Sittenverfall durch die 68er lamentieren und Sex vor der Ehe, Abtreibung, Homosexualität für Teufelswerk halten. Immer mal wieder überrascht sie mit Ansichten, die garantiert jenseits des Üblichen liegen, wie 2001 mit der, dass die Ausbreitung von Aids in Afrika daran liege, dass der Schwarze „gerne schnackselt“.

Sie betet und beichtet regelmäßig, organisiert Suppenküchen und begleitet Kranke nach Lourdes. Die Wintermonate verbringt sie in ihrem Haus in Kenia. Sie hat Wohnungen in Rom und New York. Manchmal könne sie es selbst nicht fassen, „dass es immer weitergeht mit dem Glücklichsein“. Ostern sei für sie eine besondere „Kraftquelle, die mich spüren lässt, wie schön die Erlösung ist“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false