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Nach fast einem Jahr kehrte der Greenpeace-Eisbrecher "Arctic Sunrise" am 9. August in seinen Heimathafen Amsterdam zurück. Die russischen Sicherheitsbehörden hatten das Schiff samt Besatzung vor einem guten Jahr in der Barentsee in der Arktis aufgebracht und beschlagnahmt. Nach einem Verfahren vor dem Internationalen Seegerichtshof in Hamburg und einer Amnestie des russischen Präsidenten Wladimir Putin wurden das Schiff und die Besatzung vorläufig frei gegeben.

© dpa

Greenpeace: Ein Seil zum Überleben im russischen Gefängnis

Vor einem Jahr wurden 30 Greenpeace-Aktivisten in Russland verhaftet. Sie hatten gegen eine russische Ölförderplattform in der Barentssee protestiert. Sie wurden freigelassen. Aber ganz frei sind sie noch nicht.

Auf ein Visum für Russland braucht Dima Litvinov nicht zu hoffen. Vor einem Jahr gehörte der Schwede zu den 30 Greenpeace-Aktivisten, die wegen ihres Protests gegen eine russische Ölförderplattform in der Barentssee verhaftet worden waren. Kurz vor Weihnachten wurden die Aktivisten im Zuge einer Amnestie freigelassen und durften Russland nach zwei Monaten Untersuchungshaft und fast einem Monat Hausarrest in einem St. Petersburger Hotel verlassen.

Erledigt ist ihr Fall allerdings nicht. Nur die Anklage wegen „Rowdytum“ sei fallen gelassen worden, berichtete Litvinov bei einem Besuch in Berlin. Ob die Staatsanwaltschaft ihr Ermittlungsverfahren wegen „Piraterie“ weiterverfolgt, oder einstellt, musste sie bis zu diesem Mittwoch begründen. Allerdings muss die Staatsanwaltschaft den Rechtsbeistand der Aktivisten darüber nicht informieren. Ihr Anwalt habe aber berichtet, dass Greenpeace Russland vor wenigen Tagen einen Anruf von der Staatsanwaltschaft bekommen habe, in dem diese die Rückgabe weiterer beschlagnahmter Gegenstände wie ihrer Computer in Aussicht stellte. Ob das nun heißt, dass die Ermittlungen eingestellt werden oder das Gegenteil, weiß Litvinov aber nicht.

Der Schwede Dimitri Litvinov gehörte zu den 30 Greenpeace-Aktivisten, die vor einem guten Jahr von den russischen Sicherheitsbehörden auf dem Eisbrecher "Arctic Sunrise" in der Barentsee verhaftet worden waren.
Der Schwede Dimitri Litvinov gehörte zu den 30 Greenpeace-Aktivisten, die vor einem guten Jahr von den russischen Sicherheitsbehörden auf dem Eisbrecher "Arctic Sunrise" in der Barentsee verhaftet worden waren.

© Greenpeace

Während in aller Welt Demonstrationen für die Freilassung der „Arctic 30“ stattfanden, bekamen die Gefangenen wenig mit. In Murmansk, wo sie zunächst einsaßen, sei es für die Männer leichter zu ertragen gewesen als für die Frauen. Sie waren in Gemeinschaftszellen untergebracht. „Es gab sogar ein Kommunikationssystem“, erzählt Litvinov. Am ersten Tag habe er bereits einen Zettel mit den Regeln bekommen. Die wichtigste Regel: „Das Seil muss funktionieren.“ Das Seil war die Verbindung zumindest zur nächsten Zelle. Die Gefangenen schneiden von den Betttüchern schmale Stücke ab, die zu einem Seil verarbeitet werden. Das Seil wird nach dem Löschen des Lichts zur Nachbarzelle geworfen und dann werden daran Nachrichten und Überlebenswichtiges wie Zigaretten oder Nahrungsmittel ausgetauscht. Übrigens ist es tabu, im Gefängnis Geschäfte zu machen. „Wer etwas braucht, fragt danach, und bekommt es auch“, sagt Litvinov.

"Man sitzt 23 Stunden in der Zelle"

Die Frauen dagegen seien in Einzelzellen untergebracht gewesen und hatten keinen Kontakt zu den anderen Greenpeacern. Nachdem sie nach St. Petersburg verlegt worden waren, hatten auch die Männer keinen Kontakt mehr untereinander. „Das war wie in einem goldenen Käfig“, erzählt der junge Mann. Die Zellen seien in einem viel besseren Zustand und das Essen genießbarer gewesen. Aber der Kontakt habe ihnen sehr gefehlt. Und in beiden Gefängnissen „sitzt man 23 Stunden am Tag in einer Zelle“.

Nachdem Litvinov hörte, dass die russischen Behörden wegen „Piraterie“ gegen die 30 Greenpeacer ermittelten, war er überzeugt: „Die müssen uns freilassen. Wir sind keine Piraten.“ Aber es sei eben Russland. Und da wisse man nie.

Litvinov, Sohn eines sowjetischen Dissidenten, der inzwischen in den USA lebt, hat viel in Russland gearbeitet. Er hat mit dem russischen Geheimdienst diskutiert, wie illegale Fischerei verhindert werden kann und hat auch im Waldschutz gearbeitet. Das ist für ihn erst mal vorbei. Aber richtig schwierig sei die Lage für die vier russischen Greenpeacer, die ebenfalls zur Besatzung der „Arctic Sunrise“ gehört hatten. „Für sie ist das alles erst vorbei, wenn es wirklich vorbei ist“, sagt Litvinov.

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