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Panorama: Gret Paluccas Haus

In einer dramatischen Aktion ist der einstige Sommersitz der berühmten Tanzkünstlerin Gret Palucca auf Hiddensee am Freitag abgerissen worden. Der Besitzer will das Grundstück am Samstag in Berlin im Rathaus Schöneberg versteigern lassen.

Unter Tanzfreunden machte sich Entsetzen breit. In einer dramatischen Zuspitzung ist am vergangenen Freitag das Sommerhaus der großen deutschen Tanzkünstlerin Gret Palucca (1902–1993) auf Hiddensee eiskalt abgerissen worden. Die Nacht-undNebel-Aktion war möglicherweise die Reaktion auf eine Ankündigung, dass das Haus unter Denkmalschutz gestellt werden sollte, um es zu retten. Besitzer des Grundstücks soll ein bekannter Berliner sein. Er will das Grundstück am Sonnabend in Berlin im Rathaus Schöneberg versteigern lassen. Die Verehrer der deutschen Tanzikone hoffen, genügend Geld zum Mitbieten zusammenzubekommen, um an gleicher Stelle eine Palucca-Genkstätte im selben Stil wiederaufbauen zu können.

Er sei sprachlos gewesen, als er am vergangenen Freitag vom überraschenden Abriss des Hauses hörte, sagt der Vorsitzende des Fördervereins der Dresdner Palucca-Schule, Konrad Hirsch. Immerhin sollte der Bungalow in letzter Minute unter den Schirm des Denkmalschutzes kommen. So hatte es das Landesamt für Kultur- und Denkmalpflege in Schwerin kurzfristig angekündigt. Der Eigentümer aber hatte eine Abrissgenehmigung und ließ vollkommen legal aus dem Gebäude einen Schutthaufen machen, bevor die Behörden mit ihm über die neue Lage sprechen konnten. Mindestens 398 000 Euro sollen die 1500 Quadratmeter in Vitte 100 Meter vom Strand entfernt bei der Auktion im Schöneberger Rathaus bringen. Der Berliner Eigentümer war nicht zu einer Stellungnahme bereit.

50 000 Euro hat der Förderverein bereits gesammelt und prominente Unterstützer um sich gesammelt. Verhandlungen mit dem Eigentümer seien leider im Sande verlaufen. Hirsch bedauert, dass die Gemeinde nicht längst selbst auf die Idee gekommen war, das Haus unter Denkmalschutz stellen zu lassen.

Der schlichte 1960 erbaute weiße Bungalow im Bauhaus-Stil mit ortsüblichem Reetdach drücke auf seine Art die Persönlichkeit der Tänzerin aus, die keinen Wert auf Äußerlichkeiten legte, hieß es in der Denkmalwertbegründung. Außerdem sei er Teil der einst legendären Künstlerkolonie Hiddensees, wo auch Gerhard Hauptmann und Asta Nilsen residierten.

Hiddensees ehrenamtlicher Bürgermeister Manfred Gau sagt, er sei stets davon ausgegangen, dass der Eigentümer mit dem kulturellen Erbe rücksichtsvoll umgeht. Vom Abriss sei er überrascht worden, „eine Nacht-und-Nebel-Aktion“, sagte Gau. „So wie es war, hätte es aber auch nicht bleiben können.“ Das leerstehende Gebäude war dem Verfall preisgegeben worden. Beim Bauamt in Bergen auf Rügen wundert sich Amtsleiter Rainer Roloff über die Ahnungslosigkeit des Inselvorstehers. 1998 sei die erste Abriss- und Neubaugenehmigung erteilt worden.

Dagegen klagte sich die Gemeinde bis 2007 erfolglos durch die Instanzen. Nicht, weil sie den Bungalow als Denkmal erhalten wollte, sondern weil die Nutzer des geplanten Neubaus zu viel Trinkwasser zu verbrauchen drohen.

An der Palucca-Schule in Dresden lernen heute 230 Studenten Tanz und Choreografie. Einige wollen am Sonnabend vor dem Rathaus Schöneberg einen Protesttanz vollführen.

Samstag 11 Uhr, Rathaus Schöneberg. Das Objekt auf Hiddensee wird unter Position 99 geführt.

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