zum Hauptinhalt

Panorama: Habemus Papam

In nur vier Wahlgängen haben sich die Kardinäle auf den 265. Papst der Kirchengeschichte geeinigt. Wie wird er jetzt in sein Amt eingeführt?

Warum hat das Konklave nur einen Tag gedauert?

Mit vier Wahlgängen war das Konklave ausgesprochen kurz. Im 20. Jahrhundert ist nur ein Papst schneller gewählt worden, Pius XII. mit drei Wahlgängen. Im Zeitalter der LiveÜbertragungen lastet ein großer Druck auf den Kardinälen, sich rasch zu einigen. Sonst könnte nach Außen der Eindruck entstehen, die Kirche sei im Inneren gespalten und gelähmt – und es fehle an einer konsensfähigen Vorstellung für den Weg in die Zukunft. Theoretisch sieht die 1996 erlassene päpstliche Wahlordnung „Universi dominici gregis“ – verteilt über die ersten 14 Tage eines Konklaves – insgesamt 34 Wahlgänge vor. Wenn bis dahin kein Kandidat die erforderliche Zweidrittelmehrheit erzielt hat, dürfen die Kardinäle am 15. Tag den Abstimmungsmodus auf einfache Mehrheit umstellen.

Wann tritt der neue Papst sein Amt an?

Die Amtszeit von Benedikt XVI. hat bereits am frühen Dienstagabend begonnen, als Joseph Ratzinger seine Wahl annahm. Doch das Päpstliche Jahrbuch hält für jedes Pontifikat noch ein Datum fest: den Tag der feierlichen Amtseinführung. Am Sonntag, den 24. April, findet dazu im Petersdom oder auf dem Petersplatz ein feierlicher Gottesdienst statt. Dann werden die Kardinäle dem neuen katholischen Oberhaupt noch einmal öffentlich huldigen und ihm den Gehorsam versprechen. Früher bekam der Gewählte an diesem Tag auch die Tiara aufgesetzt, die dreifache Krone des Papstes, die sein Lehr-, Hirten- und Priesteramt symbolisieren sollte. Dieses Ritual wurde 1963 von Papst Paul VI. abgeschafft, seither befindet sich die Tiara im Museum. Vorbei sind auch die Zeiten, in denen der neue Pontifex auf dem mobilen Papstthron, der „Sedia gestatoria“, durch die jubelnde Menge getragen wurde.

Gibt es ein spezielles Amtseinführungsritual?

Bei dem feierlichen Gottesdienst zur Amtseinführung bekommt der neue Pontifex seine päpstlichen Insignien überreicht – den Hirtenstab, seinen Fischerring sowie liturgische Gewänder. Bei dieser Gelegenheit kann er den Bischöfen, Priestern und Gläubigen auch eine Art Regierungsprogramm vorlegen. Der päpstliche Hirtenstab ist im Gegensatz zum Stab der Bischöfe oben nicht krumm, sondern mündet in ein Kreuz. In früheren Zeiten wurde der Hirtenstab dem Papst meist vorangetragen. Erst Johannes Paul II. hielt ihn meist selbst in der Hand und machte ihn damit zum optischen Markenzeichen seiner Amtszeit. Der Fischerring zählt seit dem 14. Jahrhundert zu den päpstlichen Insignien. Das Bild auf dem Stein des Ringes zeigt Petrus als Fischer und erinnert an die Aussage im Matthäus-Evangelium, als Jesus Petrus und seinen Bruder Andreas auffordert, ihm nachzufolgen und Menschenfischer zu werden. Nach dem Tod von Johannes Paul II. wurde dessen Fischerring zerbrochen. Der Stein in dem Ring jedoch wurde zuvor entnommen. Er wird nun in den neuen Ring von Benedikt XVI. eingefügt.

Hat der neue Papst ein eigenes Wappen?

Die meisten Päpste hatten eigene Wappen, die auf ihre Familien zurückgingen. Seit dem 15. Jahrhundert begann sich das heute verwendete einheitliche Wappen durchzusetzen: Es zeigt zwei gekreuzte Schlüssel, die von einer Kordel zusammengehalten werden und über denen die Papstkrone schwebt. Die Schlüssel symbolisieren die Schlüssel des Petrus und stehen für die höchste geistliche Verfügungsgewalt: Das „Binden“ und das „Lösen“. Das Wappen ist in zwei Varianten im Gebrauch, eines auf rotem Hintergrund für den Papst selbst und eines auf weiß-gelbem als Flagge des Heiligen Stuhls.

Warum hat er sich den Namen Benedikt XVI. gegeben?

Jeder neue Papst kann seinen Namen frei wählen. Kardinal Ratzinger hätte auch bei seinem Geburtsnamen bleiben können und sich Joseph I. nennen können. Der neue Name aber ist gedacht als ein innerkirchliches Signal. Ratzinger hat wohl bewusst nicht den Namen Johannes Paul III. angenommen, um dem Eindruck zu begegnen, sein Pontifikat sei nichts anderes als eine blasse, uncharismatische Fortsetzung der Amtszeit des verstorbenen Johannes Paul II. Mit seinem Papstnamen knüpft der deutsche Kurienkardinal an seinen Vorgänger Benedikt XV. an, der von 1914 bis 1922 Papst war. Dieser stand während des Ersten Weltkrieges an der Spitze der katholischen Kirche, starb aber sehr früh und war darum eher eine Übergangsfigur. Benedikt XV. galt als innerkirchlicher Friedensstifter. Er hielt nichts von innerkirchlichen Hexenjagden und Denunziationen – anders als sein Vorgänger Pius X., der die Modernisten verfolgt und jegliche Anpassungen an die Ideen der Zeit ablehnte.

Ist der Papst Benedikt XVI. zu alt?

Nimmt man das 20. Jahrhundert zum Maßstab, so ist der neue Papst deutlich zu alt. Während der letzten hundert Jahre war das Durchschnittsalter der Päpste zum Zeitpunkt ihrer Wahl 65 Jahre. Der Jüngste war Johannes Paul II. mit 58 Jahren, gefolgt von Benedikt XV. mit 59. Der älteste war Johannes XXIII. mit 76. Ein Grund für die Wahl des 78-jährigen Joseph Ratzinger ist sicher, dass die Kardinäle nach dem außergewöhnlich langen Pontifikat von Johannes Paul II. nun eine kürzere Amtszeit wünschen. Die durchschnittliche Amtszeit von Päpsten liegt – über die gesamten 2000 Jahre Christentum gerechnet – bei etwa acht Jahren.

Sucht der neue Papst sich seine engsten, nächsten Mitarbeiter selbst aus oder werden sie ihm gestellt?

Joseph Ratzinger gehört als bisheriger Präfekt der Glaubenskongregation seit 1981 an und hat einen großen Stab von Mitarbeitern. Fast 1800 Menschen arbeiten in der Kurie. Mit dem Tod eines Papstes verlieren alle Chefs dieser Institute automatisch ihr Amt – sogar der Kardinalstaatssekretär, als Leiter des vatikanischen „Außen- und Kanzleramtes“ in der Vatikanhierarchie der zweite Mann nach dem Papst. Dagegen behalten die Abteilungsleiter und einfachen Kirchenbeamten ihre Stellungen. Die Demission der Spitzenkleriker dient dazu, einen „Regierungswechsel“ im Vatikan zu erleichtern. Der neue Papst hat das Recht, alle Schlüsselstellungen der Kurie in kurzer Zeit nach seinen Vorstellungen neu besetzen. Praktisch jedoch ist das in den letzten fünfzig Jahren nie geschehen.

Welche Personen passen als Mitarbeiter zu diesem Papst?

Da der neue Papst schon lange aus Deutschland weg ist, gilt er fast schon als Italiener, zumindest aber als römischer Kleriker. Er wird seine engsten Mitarbeiter aus der Kongregation für die Glaubenslehre mitnehmen – und die sind in ihrer Mehrzahl keine Deutschen.

Welche Dinge darf er jetzt, da er Papst ist, nicht mehr tun?

Ein Papst ist in seiner persönlichen Bewegungsfreiheit deutlich eingeschränkter als ein Bischof. Er ist wegen seines herausgehobenen Amtes stärker gefährdet, kann also nicht spontan oder alleine irgendwo hinfahren oder einfach so über den Petersplatz spazieren.

Bekommt er auch mehr Freiheiten?

Als Papst hat Joseph Ratzinger wesentlich mehr kirchliche und politische Gestaltungsspielräume. Er wird im Laufe der Zeit mit allen wichtigen politischen und religiösen Führern der Welt zusammentreffen. Er kann international wesentlich stärkeren Einfluss ausüben und findet weltweit Gehör.

Darf er Kontakt zu seinen Verwandten haben – oder ändert sich da etwas? Darf er noch außerhalb des Vatikans essen, ins Theater und Freunde besuchen?

Auch Päpste haben ein Recht auf Privatleben. Jeder Papst kann die Kontakte zu seinen Verwandten weiter pflegen. Hier unterliegt er keinerlei Beschränkungen, wenn es seine Zeit erlaubt. Das Gleiche gilt für seine Freunde.

Darf ein Papst Hobbys haben?

Joseph Ratzinger hört gerne Musik von Mozart und nutzt seine freie Zeit am liebsten, um Bücher zu schreiben. Johannes Paul II. war in jungen Jahren dagegen weitaus sportlicher. Er war ein sehr guter Bergsteiger und Skifahrer. Dieses Hobby hat er, soweit es seine Gesundheit zuließ, auch während seiner Papstzeit gepflegt – auch wenn anfangs viele in der Kurie darüber die Nase gerümpft haben.

Wird er Utensilien, Kleidung oder Bücher von Johannes Paul II. benutzen?

Die Privatwohnung des verstorbenen Papstes sowie die Zimmer seiner Mitarbeiter, die ihm den Haushalt führten, wurden nach seinem Tod versiegelt. Johannes Paul II. hat in seinem Testament verfügt, dass alle „Dinge des täglichen Gebrauchs, die mit gedient haben“ verteilt werden sollen. Als Testamentsvollstrecker setzte Karol Wojtyla seinen langjährigen Privatsekretär ein, Erzbischof Stanislaw Dziwisz. Er hat die Habseligkeiten des Verstorbenen an sich genommen, unter anderem das Brevier des Papstes, eine Marien-Medaille, die er seit seiner Kindheit aufbewahrt hat, sowie einige letzte Kleidungsstücke. Der neue Papst wird also nichts von der persönlichen Habe seines Vorgängers vorfinden oder weiterbenutzen.

Wird er in dessen Gemächern wohnen?

Für den Papst gibt es eine schöne gelegene Wohnung im dritten Stock des Apostolischen Palastes, von der aus man den gesamten Petersplatz überblicken kann. Das Arbeitszimmer des verstorbenen Johannes Paul II. war sehr einfach eingerichtet – mit einem großen Holzschreibtisch und einer altertümlichen Lampe aus den fünfziger Jahren. In diesen Räumen wird auch der neue Papst wohnen.

Darf er seine Gemächer selbst einrichten?

Die Gemächer des Papstes werden wahrscheinlich in den nächsten Wochen renoviert - und vielleicht etwas moderner eingerichtet als bisher. Das hängt ganz von dem Geschmack des Neuen ab.

Darf ein Papst Alkohol trinken?

Schon von Jesus berichtet die Bibel, dass seine Gegner ihn als Weinsäufer beschimpft haben. Ein Papst darf Alkohol trinken, anders als bei den Muslimen gibt es im Christentum kein Alkoholverbot. Joseph Ratzinger als gebürtiger Bayer trinkt gerne mal ein Bier. In dem vatikanischen Gästehaus St. Martha, wo die Kardinäle während des Konklaves wohnten, gibt es zum Essen stets einen gutes Glas Wein aus den Albaner Bergen.

Wie viele Sprachen spricht er?

Ratzinger beherrscht zehn Sprachen, darunter auch Italienisch – die Amtssprache im Vatikan. Englisch ist für einen Papst unerlässlich. Spanisch ist wichtig, weil diese Sprache unter den Katholiken am stärksten verbreitet ist. Französisch wiederum ist für Teile Afrikas, für Osteuropa und den Nahen Osten nützlich. Latein dagegen hat für die Kommunikation in der Kirche keine Bedeutung mehr – auch wenn Ratzinger es fließend beherrscht.

Was ist, wenn er anfangs Fehler bei den Zeremonien macht?

Der neue Papst ist vom ersten Tag an in guten Händen – bei Piero Marini, dem päpstlichen Zeremonienmeister. 18 Jahre lang war er bei allen liturgischen Feiern der aufmerksame Helfer und Assistent von Vorgänger Johannes Paul II. Der 64-jährige Erzbischof aus Pavia in Norditalien bereitete alle Papstmessen vor – im Vatikan und auf den Auslandsreisen. Er wird nun mit dem katholischen Oberhaupt nicht nur den Verlauf der Gottesdienste abstimmen, er wird ihm auch – falls nötig – unterstützend zur Hand gehen. Marini wurde bereits mit 23 Jahren Priester. Beim Konklave war Marini der einzige Nicht-Kardinal, der auch während der Abstimmungen in der Sixtinischen Kapelle bleiben durfte.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false