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Haiti: Das grausige Problem mit den Leichen

Das Erdbeben verwandelte Haiti in ein Leichenfeld: Jeden Tag finden die Helfer tote Körper, jeden Tag bereitet die Aufbewahrung der sterblichen Überreste immer grausigere Schwierigkeiten. Die Weltgesundheitsorganisation will keine Massengräber.

Genf - „Wir brauchen dringend Säcke für die langsam verwesenden Körper“, forderte der Sprecher der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Paul Garwood, am Freitag in Genf. In dem bitterarmen Karibikstaat gibt es so gut wie keine Leichensäcke für Bestattungen, so Garwood.

Die Hüllen sind mit Chemikalien behandelt, um den Leichengeruch einzudämmen, erklärte Garwood. Solange nicht genügend Säcke vorhanden seien, müssten die Bergungskräfte die toten Körper provisorisch in flache Gräben legen, so der WHO-Sprecher. Die Aushebung von Massengräbern lehnt die WHO ab – allerdings verscharren die Menschen bereits die Toten in Massengräbern. Individuelle Bestattungen mit Särgen sind wegen der Katastrophe unmöglich.

Garwood betonte, dass die Leichen kein Risiko für die Gesundheit der Lebenden darstellen. „Berichte über Leichen, die Seuchen auslösen, treffen nicht zu“, sagte Garwood. Selbst UN-Agenturen warnen in ihren Mitteilungen über Haiti vor Gefahren durch verwesende Leichen. Allerdings stellte die WHO klar: Die toten Körper sollten aus hygienischen und psychologischen Gründen so schnell wie möglich aus den betroffenen Gebieten weggeschafft werden. „Die Überlebenden wollen keine verstümmelten und blutüberströmten Leichen sehen“, so Garwood. Der Anblick verursache zusätzlichen Stress für die leidgeprüften Menschen in Haiti.

Bislang sieht sich die WHO nicht in der Lage, verlässlich zu sagen, wie viele Menschen durch die Katastrophe vom Dienstag umgekommen sind. Auch ist noch unklar, wie viele Menschen Verletzungen erlitten. Die Experten schätzen grob, dass in dem betroffenen Gebiet rund 3,5 Millionen Menschen leben. Laut WHO zerstörte oder beschädigte das Erdbeben in Port-au-Prince acht Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen. Inzwischen errichteten Helfer sieben Feldhospitäler. Dreizehn Staaten aus der Region schicken Teams mit Medizinern. Kuba stellt laut UN rund 300 Ärzte, einige der Kubaner waren bereits vor dem Beben in Haiti stationiert.

Die Überlebenden erlitten nach den WHO-Berichten vor allem Knochenbrüche, innere Verletzungen und Verbrennungen. „Während des Ausbruchs des Bebens bereiteten viele Haitianer ihr Essen zu, die Erschütterungen schleuderten die Feuerstellen gegen die Menschen“, so Garwood. 

Jan Dirk Herbermann

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