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Halberstadt: Zwei Jahre Haft für Überfall auf Schauspieler

Ein Jahr nach dem brutalen Angriff auf eine Gruppe von Theaterschauspielern in Halberstadt ist einer der Täter aus der rechten Szene zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt worden, drei weitere Angeklagte wurden frei gesprochen. Die Opfer werfen der Polizei Versagen vor.

Das Amtsgericht Halberstadt sah es am Mittwoch als nicht zweifelsfrei erwiesen an, dass die drei Männer im Alter zwischen 23 und 29 Jahren an dem Überfall beteiligt waren. Den geständigen 23-Jährigen sprach das Gericht der gefährliche Körperverletzung schuldig. Die anwesenden Schauspieler zeigten sich von dem Urteil enttäuscht. Der Prozess fand aus Platzgründen im Landgericht Magdeburg statt.

"Es gibt für alle Angeklagten belastende Momente", sagte Richter Holger Selig. Aber es fehlten Zeugen, um die drei Männer ausreichend zu belasten. "Daher handelt es sich nur um einen Freispruch zweiter Klasse", betonte Selig. Nur der 23-jährige Christian W. hatte zum Prozessauftakt am 9. Oktober ein Geständnis abgelegt und zugleich seinen Ausstieg aus der rechten Szene ankündigt. W. habe mindestens zwei Schauspieler geschlagen und mit Stahlkappenschuhen getreten, begründete Selig das Urteil. Außerdem habe er die Tat während einer Bewährungsstrafe begangen. Strafmildernd ausgewirkt hätten sich das Geständnis und die Entschuldigung von W. bei den Opfern.

Die Opfer feierten ihre Premiere

Die 14 Mitglieder des Nordharzer Städtebundtheaters waren in der Nacht zum 9. Juni 2007 überfallen worden. Die Frauen und Männer feierten die Premiere ihrer "Rocky Horror Show" mit einer Kneipentour. Vor einer Gaststätte, in der sich Angehörige der rechten Szene aufgehalten haben sollen, wurden die teils noch kostümierten Schauspieler von mehreren Männern angegriffen. Fünf Ensemble-Mitglieder mussten mit abgebrochenen Schneidezähnen, aufgeplatzten Lippen, blauen Augen oder gebrochener Nase in eine Klinik.

"Andere Personen als der Hauptangeklagte konnten aber nicht ermittelt werden", sagte Selig. Dafür gebe es zu viele Lücken beim vermutlichen Tathergang. Für das Fehlen von Beweisen wird nicht zuletzt die Polizei verantwortlich gemacht. So hatten die Beamten einige der Tatverdächtigen am Tag des Geschehens zunächst wieder laufen lassen. Im internen Untersuchungsbericht der Polizei soll vom "Gesamtversagen" und zu wenig Sensibilität für die Thematik der politisch motivierten Kriminalität die Rede sein. Als Konsequenz wurde der zuständige Dienstgruppenleiter von seiner Funktion entbunden.

"Die Polizei hat versagt"

"Die Polizei hat in dieser Nacht versagt", sagte einer der Schauspieler, der ungenannt bleiben wollte, nach dem Prozess. Sein Anwalt verwies darauf, dass es deshalb "keine objektiven Spuren" wie etwa die Fingerabdrücke der Täter gegebene habe. "Wir haben dieses Urteil aufgrund des Prozessverlaufs erwartet, aber es ist sehr ernüchternd", sagte sein Mandant.

Wegen der mangelnden Beweise hatte auch die Staatsanwaltschaft auf Freispruch für die drei Angeklagten plädiert, für Christian W. forderte sie zweieinhalb Jahre Gefängnis. Der Anwalt des Hauptangeklagten wollte ein Jahr Haft für seinen Mandanten. Ob er gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen wird, ließ er zunächst offen. Die Opfervertreter wollen darauf verzichten. Acht Monate Prozess seien einfach genug, sagte ein Verteidiger. (sba/AFP)

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