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Michael Sam

© imago

Homosexualität: Football-Spieler Michael Sam outet sich als schwul - und wird gefeiert

Michael Sam, aufstrebender Star des American Football, hat sich als schwul geoutet. Vor ihm hat das im konservativen Amerika noch keiner gewagt. Das Weiße Haus ist stolz auf ihn.

Der Tweet kam direkt aus dem Weißen Haus: „Du bist eine Inspiration für uns alle @MikeSamFootball. Wir könnten nicht stolzer sein auf Deinen Mut, sowohl auf dem Spielfeld als auch jenseits des Platzes. mo.“ mo, das ist die First Lady der Vereinigten Staaten Michelle Obama. MikeSam ist ein Line Defender der Missouri Tigers, einem amerikanischen College-Football-Team, und der beste Verteidiger seiner Liga. Und der 115-Kilo-Mann mit der Nummer 52 auf dem Trikot ist auf dem Weg, zur Symbolfigur eines Kulturkampfes in den Vereinigten Staaten zu werden.

Michael Sam outete sich gegenüber der "New York Times" als schwul

Am Wochenende bekannte sich der 24-jährige Michael Sam zu seinem Schwulsein. „Ich bin ein stolzer, offen schwuler Mann“,  berichtete Sam in einem Fernseh-Interview wie parallel in der „New York Times“. Das Gespräch wird seitdem auf den US-Kanälen wieder und wieder ausgestrahlt. Es ist eine Revolution im American Football, der Sportart, die den Alltag vieler Amerikaner taktet. Noch nie hat ein aktiver US-Sportler der Major Leagues diesen Schritt gewagt, schon gar nicht in der NFL, der National Football League. Und noch nie hat einer wie Sam, der erst noch ein NFL-Star werden will, den Mut dazu aufgebracht. Sein Outing stellt das konservative Amerika auf die Probe. Vor der Wahl der NFL-Nachwuchsspieler im Mai, dem sogenannten Draft, fragen jetzt die Kommentatoren, ob die Liga schon bereit dafür ist, einen offen schwulen Spieler zu integrieren. Man werde sehen, ob sich nach dem Outing ein Klub findet, der den Mut hat, Michael Sam zu verpflichten. Und der frühere NFL-Trainer Herm Edwards meint kritisch, Sam bringe „Gepäck mit in die Kabine“. Die Clubs müssten sich fragen, ob sie mit dem Spieler und mit dem Medieninteresse klar kämen.

Die Frage ist, ob das Outing Michael Sam schaden wird

Sam steht auf der Rangliste der vielversprechenden Nachwuchsspieler beispielsweise der „Optimum Scouting“-Homepage auf Platz 18 auf seiner Position.  Der einen Meter 90 große Verteidiger, darin sind sich die Sport-Kommentatoren eigentlich alle einig, müsste in Runde drei der Spielerwahl im Mai von einem der NFL-Klubs gezogen werden. „Michael Sam war ein Anführer bei einer der besten Abwehrreihen in der vergangenen Saison“, bewertet ihn etwa Eric Galko von Optimum Score, „sein Niveau und seine Schnelligkeit garantieren ein NFL-Interesse“. Die NFL aber ist für ihre homophoben Kabinenwitze berüchtigt. Eine ganze Reihe von Spielern hat in der Vergangenheit öffentlich ausgesagt, nicht mit schwulen Spielern zusammenarbeiten zu wollen. Und von Trainern ist bekannt, dass sie versteckt nach der sexuellen Orientierung ihrer Spieler fragen. In einer anonymen Umfrage des Magazins „Sports Illustrated“ äußerte jetzt eine Vielzahl von Trainern die Ansicht, Sam käme nach dem Outing für sie weniger in Frage. Die Auswirkungen von Sams Eröffnung dürften von Team zu Team variieren, schätzt Eric Galko. Teams ohne einen starken Trainer, ohne eine gute „Kabinen-Kultur“ und ohne tolerante Besitzer und Fans könnten Sam auf ihrer Wunschliste weiter hinten platzieren.

Auch die Liga bestärkt Michael Sam

Aus den Liga-Organisationen zumindest bekommt Sam stärkende Rückmeldungen. Der Geschäftsführer der amerikanischen Footballspieler-Vereinigung, DeMaurice Smith, sagte in einer Rede in Washington,  einen offen schwulen Spieler in der NFL zu haben, werde sowohl die Liga als auch die Spielervereinigung zu stärkeren, besseren Organisationen machen. Die NFL selbst signalisierte Sam Rückendeckung: „Wir bewundern Michael Sams Ehrlichkeit und seinen Mut. Michael ist ein Football-Spieler. Jeder Spieler mit Talent und Zielstrebigkeit kann in der NFL Erfolg haben. Wir freuen uns darauf, Michael 2014 zu begrüßen und ihn zu unterstützen.“ Nach einem Bericht von „Think Progress“ einem liberalen Forum aus dem demokratischen Lager, hat die NFL am Sonntag alle Teams mit einer schriftlichen Note an die Anti-Diskriminierungsrichtlinien der Liga erinnert. Auch von aktiven Spielern sieht sich Sam unterstützt. Der gerade zum MVP der Superbowl gewähltete Defensive Back der Seattle Seahawks, Malcolm Smith, tweetete: „Es gibt keinen Raum für Bigotterie im amerikanischen Sport. Es gehört Mut dazu, die Kultur zu verändern“. Mit Smith ermutigten noch viele andere aktive Spieler Michael Sam. „Wir unterstützen Tiger mit jeder Art Streifen“, kam von Michael Sams Universität in Missouri, „stolz auf Dich“.

Stolz ist sicher auch US-Präsident Barack Obama. Der hat den Kampf für ein Amerika, in dem Gleichberechtigung für alle gilt, auf die Agenda seiner zweiten Präsidentschaft gesetzt. In wenigen seiner Reden taucht die Mahnung an gleiche Rechte für „Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender“ nicht prominent auf. Die „LGBT“-Formel ist fester Bestandteil der Gleichberechtigungsrhetorik in Obamas Stab. Für das Recht auf gleichgeschlechtliche Ehe hatte sich Obama auch vor seiner offiziellen Nominierung als Präsidentschaftskanidat 2012  schon eingesetzt. Gefragt, ob sich Barack Obama zu Sams Outing verhalten werde, sagte sein Sprecher Jay Carney, der Präsident teile die Bewunderung seiner Frau für den Mut des Spielers. Obwohl von Sams Schwulsein nichts öffentlich geworden ist, hat es in der Liga in der letzten Zeit offenbar Gerüchte gegeben. Diesen wollte der Spieler mit seinem Outing jetzt das Störpotenzial nehmen und „seine eigene Wahrheit“ erzählen. Seinem Team hat er sich bereits vor Monaten offenbart. „Als ich es meinen Mitspielern gesagt hatte, wußte ich, wer ich war. Ich war stolz auf mich“, erzählt Sam im Interview auf dem Sportsender „ESPN“. Wenn ihn danach jemand auf der Straße gefragt hätte, ob er schwul sei, dann hätte er wohl „ja“ gesagt. Es habe aber niemand gefragt. „Ich nehme an, keiner fragt einen einen Meter 90 großen, 115 Kilo-schweren Defensive Lineman, ob er schwul ist“, sagte Sam lächelnd.

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